Mein Mann und ich waren 1955 in Wien zu Besuch. Wir haben im Hotel Regina, nahe der Votivkirche, gewohnt. Mein Mann hatte einen Geschäftspartner, der aus Israel nach Wien gegangen war, und wir sind gekommen, um diesen Geschäftspartner zu treffen. Israel war gerade acht Jahre alt, das Land war neu und hell, und Wien erschien mir dunkel und trist. Die Häuser waren in einem katastrophalen Zustand. Es gab viele Häuser, die nicht renoviert waren, auch am Graben waren die Häuser alle schwarz. Da war das schöne Geschäft Braun, das hatte in der Auslage ein paar Puppen, die so komisch dastanden und ein paar Handschuhe. Wien war außerdem noch zerstört. Viele Kriegsruinen waren nur eingezäunt. Es war so deprimierend! Wir haben diesen Freund besucht und uns über verschiedenes erkundigt, denn mein Mann hat schon damit spekuliert, dass wir nach Wien kommen, weil nach dem Staatsvertrag [16] die Russen weggegangen sind. Wir wollten nicht herkommen, solange die Stadt geteilt war. Wir sind dann noch in die Schweiz gefahren und haben die Sachen aus der Schweiz nach Israel geschickt. In Mailand waren wir auch, weil mein Bruder Leon einen guten Freund in Mailand hatte, dem er aus Rumänien Sachen geschickt hatte, die wir mitbringen sollten. Ich war froh, als ich wieder nach Israel zurückkam.
Als wir dann 1956 nach Wien gekommen sind, habe ich niemanden gekannt. Ich war sehr verzweifelt! Dann hat man mich zufällig der so genannten Bukowina [17] Gruppe vorgestellt, die haben aber nicht Rumänisch, sondern fast nur Deutsch gesprochen. Sie haben gesagt, sie sind aus Czernowitz, viele aber waren aus der Umgebung von Czernowitz, und die blieben unter sich. Die meisten waren ältere Damen.
Als wir in Wien ein Zimmer [im 1. Bezirk in der Reischachstrasse] zu mieten gesucht haben, da hat man lieber einer Familie mit einem Hund ein Zimmer vermietet, als einer Familie mit einem Kind. Das war wirklich schlimm. Die Wohnungen wurden mit Kohle geheizt, der Winter war grau und kalt - das war ein Alptraum gegen das weiße und warme Israel. Es war für mich auch so, dass Österreich ein deutsches Land war, und ich wusste, dass viele Österreicher für Hitler gewesen waren. Gut, ich hatte nicht hier gelebt und gelitten, aber ich habe mich immer gefragt, wie die Leute, die das hier erlebt hatten, zurückkommen konnten. Aber mein Gott, das muss jeder selber wissen. Irgendjemand hat mir dann gesagt, wenn ich jüdische Gesellschaft suche, soll ich ins Gartenbau-Cafe gehen, da treffen sich die Frauen der Wizo [18], die spielen Karten. Ich hatte in Israel durch die geschäftlichen Verbindungen meines Mannes viel ältere Gesellschaft. Diese Damen waren sehr tüchtig, sie waren sehr gute Hausfrauen. Ich war lange Zeit allein, bis meine Mutter nach Wien gekommen ist, und dann hat sie bei mir gewohnt. Das war von Israel damals noch eine Weltreise um nach Wien zu Besuch zu kommen. In Wien musste ich neue Bekanntschaften finden. Die polnischen Juden waren die größte Gruppe unter den Juden in Wien. Sie kamen 1946 aus Lagern nach Wien. 1956, gerade als wir gekommen sind, war in Ungarn Revolution, und da sind viele Ungarn, darunter auch Juden nach Wien gekommen. Die Polen hatten schon einen höheren Lebensstandard. Gewohnt haben sie aber alle noch immer in Untermietzimmern aus Koffern, weil sie bis zum Staatsvertrag 1955 nicht gewusst haben, ob die Russen bleiben und sie wieder flüchten müssen. Das war mir alles so fremd, daran hab ich mich erst gewöhnen müssen.
Ein paar Damen, ehemalige Wienerinnen, haben mir imponiert. Da war eine gewisse Frau Eigler. Ihre Eltern waren noch vor Hitler gestorben, und eine Schwester hatte nach Australien geheiratet. Sie war mit einem Rumänen verheiratet, und den Krieg haben sie zusammen in Bukarest überlebt. Nach dem Krieg ist sie mit ihrem Mann nach Wien gekommen. Für diese Zeit damals waren sie wohlhabend. Sie hatten ein herrliches Appartement in der Karlsgasse. Diese Frau Eigler war die Erste, die mich zu einem Tee in ihre Wohnung eingeladen hat, denn in Wien hat man sich doch nur im Kaffeehaus getroffen. Und man musste auch anrufen, ob man kommen darf. Auch das war für mich so fremd, weil in Israel alles offen war, und alle Leute gesagt haben: komm zu uns nach Hause; es war auch alles formloser. Herr und Frau Eigler hatten eine Wohnung mit einem Kamin, vielen Möbeln, Stuckatur an der Decke…so etwas hatte ich noch nirgendwo gesehen. Durch sie habe ich dann noch andere Wiener Juden kennen gelernt. Sie waren während des Krieges emigriert und sind nach dem Krieg nach Wien zurückgekommen. Das war eine sehr nette Gesellschaft. Von diesen Damen lebt heute leider nur noch eine.
Als wir dann 1956 nach Wien gekommen sind, habe ich niemanden gekannt. Ich war sehr verzweifelt! Dann hat man mich zufällig der so genannten Bukowina [17] Gruppe vorgestellt, die haben aber nicht Rumänisch, sondern fast nur Deutsch gesprochen. Sie haben gesagt, sie sind aus Czernowitz, viele aber waren aus der Umgebung von Czernowitz, und die blieben unter sich. Die meisten waren ältere Damen.
Als wir in Wien ein Zimmer [im 1. Bezirk in der Reischachstrasse] zu mieten gesucht haben, da hat man lieber einer Familie mit einem Hund ein Zimmer vermietet, als einer Familie mit einem Kind. Das war wirklich schlimm. Die Wohnungen wurden mit Kohle geheizt, der Winter war grau und kalt - das war ein Alptraum gegen das weiße und warme Israel. Es war für mich auch so, dass Österreich ein deutsches Land war, und ich wusste, dass viele Österreicher für Hitler gewesen waren. Gut, ich hatte nicht hier gelebt und gelitten, aber ich habe mich immer gefragt, wie die Leute, die das hier erlebt hatten, zurückkommen konnten. Aber mein Gott, das muss jeder selber wissen. Irgendjemand hat mir dann gesagt, wenn ich jüdische Gesellschaft suche, soll ich ins Gartenbau-Cafe gehen, da treffen sich die Frauen der Wizo [18], die spielen Karten. Ich hatte in Israel durch die geschäftlichen Verbindungen meines Mannes viel ältere Gesellschaft. Diese Damen waren sehr tüchtig, sie waren sehr gute Hausfrauen. Ich war lange Zeit allein, bis meine Mutter nach Wien gekommen ist, und dann hat sie bei mir gewohnt. Das war von Israel damals noch eine Weltreise um nach Wien zu Besuch zu kommen. In Wien musste ich neue Bekanntschaften finden. Die polnischen Juden waren die größte Gruppe unter den Juden in Wien. Sie kamen 1946 aus Lagern nach Wien. 1956, gerade als wir gekommen sind, war in Ungarn Revolution, und da sind viele Ungarn, darunter auch Juden nach Wien gekommen. Die Polen hatten schon einen höheren Lebensstandard. Gewohnt haben sie aber alle noch immer in Untermietzimmern aus Koffern, weil sie bis zum Staatsvertrag 1955 nicht gewusst haben, ob die Russen bleiben und sie wieder flüchten müssen. Das war mir alles so fremd, daran hab ich mich erst gewöhnen müssen.
Ein paar Damen, ehemalige Wienerinnen, haben mir imponiert. Da war eine gewisse Frau Eigler. Ihre Eltern waren noch vor Hitler gestorben, und eine Schwester hatte nach Australien geheiratet. Sie war mit einem Rumänen verheiratet, und den Krieg haben sie zusammen in Bukarest überlebt. Nach dem Krieg ist sie mit ihrem Mann nach Wien gekommen. Für diese Zeit damals waren sie wohlhabend. Sie hatten ein herrliches Appartement in der Karlsgasse. Diese Frau Eigler war die Erste, die mich zu einem Tee in ihre Wohnung eingeladen hat, denn in Wien hat man sich doch nur im Kaffeehaus getroffen. Und man musste auch anrufen, ob man kommen darf. Auch das war für mich so fremd, weil in Israel alles offen war, und alle Leute gesagt haben: komm zu uns nach Hause; es war auch alles formloser. Herr und Frau Eigler hatten eine Wohnung mit einem Kamin, vielen Möbeln, Stuckatur an der Decke…so etwas hatte ich noch nirgendwo gesehen. Durch sie habe ich dann noch andere Wiener Juden kennen gelernt. Sie waren während des Krieges emigriert und sind nach dem Krieg nach Wien zurückgekommen. Das war eine sehr nette Gesellschaft. Von diesen Damen lebt heute leider nur noch eine.