Tante Amalia hat meinen Großvater nach Auschwitz begleitet.
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- Description of town 2440
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4256
- Armenian genocide 2
- Doctor's Plot (1953) 178
- Soviet invasion of Poland 31
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- The Six Day War 4
- Yom Kippur War 2
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- Balkan Wars (1912-1913) 35
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- Occupation of Czechoslovakia 1938 83
- Invasion of France 9
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- First World War (1914-1918) 216
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- The Great Depression (1929-1933) 20
- Hitler comes to power (1933) 127
- 151 Hospital 1
- Fire of Thessaloniki (1917) 9
- Greek Civil War (1946-49) 12
- Thessaloniki International Trade Fair 5
- Annexation of Bukovina to Romania (1918) 7
- Annexation of Northern Bukovina to the Soviet Union (1940) 19
- The German invasion of Poland (1939) 94
- Kishinev Pogrom (1903) 7
- Romanian Annexation of Bessarabia (1918) 25
- Returning of the Hungarian rule in Transylvania (1940-1944) 43
- Soviet Occupation of Bessarabia (1940) 59
- Second Vienna Dictate 27
- Estonian war of independence 3
- Warsaw Uprising 2
- Soviet occupation of the Balitc states (1940) 147
- Austrian Civil War (1934) 9
- Anschluss (1938) 71
- Collapse of Habsburg empire 3
- Dollfuß Regime 3
- Emigration to Vienna before WWII 36
- Kolkhoz 131
- KuK - Königlich und Kaiserlich 40
- Mineriade 1
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- Waldheim affair 5
- Trianon Peace Treaty 12
- NEP 56
- Russian Revolution 351
- Ukrainian Famine 199
- The Great Terror 283
- Perestroika 233
- 22nd June 1941 468
- Molotov's radio speech 115
- Victory Day 147
- Stalin's death 365
- Khrushchev's speech at 20th Congress 148
- KGB 62
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- German occupation of Hungary (18-19 March 1944) 45
- Józef Pilsudski (until 1935) 33
- 1956 revolution 84
- Prague Spring (1968) 73
- 1989 change of regime 174
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Holocaust
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- Holocaust (in general) 2789
- Concentration camp / Work camp 1235
- Mass shooting operations 337
- Ghetto 1183
- Death / extermination camp 647
- Deportation 1063
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- Eleftherias Square 10
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- Pogrom in Iasi and the Death Train 21
- Sammelwohnungen 9
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- Life under occupation 803
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- Warsaw Ghetto Uprising (1943) 24
- Warsaw Uprising (1944) 23
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- Holocaust compensation 112
- Restitution 109
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- Talking about what happened 1807
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Communism
4468
- Life in the Soviet Union/under Communism (in general) 2592
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- Communist holidays 311
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- Collectivization 94
- Experiences with state police 349
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- Life after the change of the regime (1989) 493
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Irene Bartz
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Geheiratet haben Edeks Vater und ich auch. Aber das war ganz formlos. Wir haben dem Natschalnik [Bez. für Chef, Vorgesetzter, Vorsteher, Leiter] gesagt, dass wir zusammen sind, aber eine Heiratsurkunde hat man nicht bekommen. Man hat auch nicht zusammen wohnen können.
Alle Flüchtlinge, die aus Deutschland und Österreich gekommen waren, also alle deutschen Staatsbürger, wurden interniert. Die erste Station war nach drei Wochen. Ich weiß, wir waren ein paar Tage in einem Zwischenlager, aber wo das war, habe ich nie gewusst.
Da waren wir mit einer Frau Frankl und ihrer Tochter und einer Frau Wang und ihrem Sohn zusammen eingesperrt. Die Frau Frankl war eine Bekannte von der Mutti. Man hatte uns alle Sachen weggenommen. Nur eine kleine Tasche und was wir am Leib hatten, durften wir behalten.
Weil man uns von der Mutti getrennt hatte, habe ich die Vera gebeten, sie soll laut weinen, damit man auf uns aufmerksam wird. In den Zellen neben uns waren russische Häftlinge, die haben versucht, die Vera zu beruhigen. Aber das war nur eine Nacht, und dann durfte die Mutti zu uns kommen. Nach kurzer Zeit wurden wir zum Bahnhof gebracht, und wir fuhren nach Sibirien, irgendwo hinter Novosibirsk. Das war die nächste Etappe.
In Novosibirsk sind die Juden aus Riga dazu gekommen. Einige Österreicher hatten es geschafft, nach Riga zu flüchten. Auch Lotte Hajek, eine Freundin meiner Mutti aus Wien, haben wir dort getroffen und Rosel Grünwald mit ihrem Mann Victor, Wiener Juden und viele andere. Es waren auch Wiener Ärzte dort.
In dem Internierungslager befanden sich ungefähr 1 000 Flüchtlinge. Das Gebiet war umzäumt, und es gab Häuschen für die Bewacher. Für mich war das schrecklich - ganz furchtbar. Plötzlich waren wir sichtbar eingesperrt. Untergebracht waren wir in Baracken.
Es gab eine Küche, in der für uns gekocht wurde. Es gab nicht genug zu Essen, aber wir mussten nicht verhungern. Wir haben verlangt, dass man uns Arbeit gibt, und da hat man uns Schafwolle gebracht und Spinnräder. Wir haben die Wolle gesponnen und mit Stricknadeln, die man uns gebracht hat, haben die Frauen Socken und Handschuhe für Soldaten gestrickt. Ich habe Netze für Fischer geknüpft. Das war nicht schwer, das ist eine Handfertigkeit. Nach zirka einem Jahr ist der Krieg näher gekommen. Was haben wir damals gewusst? Wir wussten, dass Krieg ist, aber sonst wussten wir nichts. Und wir hatten irgendwie erfahren, dass mein Vater in Frankreich war.
Im Juli 1942 hat man uns alle zusammengepackt, in Waggons verfrachtet und nach Kasachstan gebracht. In Viehwaggons, unter ziemlich schweren Bedingungen, fuhren wir vier Wochen in das Lager Spask. Ab der letzten Eisenbahnstation ging es noch zirka vier Stunden mit dem Autobus durch eine völlig leere Gegend. Nichts, nicht ein Baum, nicht ein Strauch, nichts! Dann hielt der Autobus. Eltern mit ihren Kindern wurden auf Autos geladen. Der Rest musste zu Fuß gehen, auch ich.
Wenn die Autos die Leute im Lager abgeladen hatten, kamen sie zurück und haben die nächsten geholt. Es war wahnsinnig heiß. Die Sonne brannte. Karaganda liegt 500 Meter über dem Meeresspiegel, auf jeden Fall ist das ein mörderisches Klima. Im ersten Jahr haben sehr viele das nicht vertragen. Wir waren ja geschwächt von dem Jahr in Sibirien. Ich bin auf einer kleinen Rast eingeschlafen.
Und als sich alle zum Weitergehen aufgestellt haben, hatte man mich übersehen. Als ich wach wurde, sah ich den Dr. Wohlgemuth, das war auch ein Lagerinsasse, über mir beten. Er war Rabbiner, vielleicht hat er gedacht, ich sei gestorben. Also bin ich aufgestanden, die Mutti und die Vera hatte man schon aufgeladen, und ich bin weiter gegangen, bis unsere Gruppe auf das Auto gekommen ist.
Als ich unser Lager sah, dachte ich, ich sehe eine Oase wie bei Karl May vor mir. Eine Oase in der Wüste. Ringsherum absolut nichts, Steppe, dann war ein runder Teil eingezäunt und da standen Baracken. In der Mitte gab es einen Brunnen. Bevor wir kamen, war das Lager ein Strafgefangenenlager.
Es war umgeben von doppeltem Stacheldraht, und es waren Aufsichtshäuschen für die Soldaten an jeder Ecke; vier Ecken und vier Aufsichtshäuschen, in denen die Soldaten, die von der Front gekommen und nicht mehr kampffähig waren, auf uns aufgepasst haben. Das große Tor war zu. Außerhalb des Lagers waren ein paar Baracken mit Leuten, die die Schafe gehütet haben, aber sonst war nichts. Wie weit man geschaut hat war nichts außer der Steppe. Es waren Uranlager in der Nähe, aber die waren nicht sichtbar für uns.
Jeden Morgen und Abend mussten wir uns aufstellen, und man hat uns gezählt. Aber wir führten dort im Lager ein einigermaßen menschliches Dasein an dem gemessen was wir gehört haben, als wir zurückgekommen sind - KZs, Vernichtung. Immerhin haben wir überlebt, wenn auch viele gestorben sind. Es war Glücksache, ob man überlebt hat oder nicht. Aber man hat uns weder geschlagen noch schlecht behandelt. Im Gegenteil: Wir haben etwas mehr gehabt als die, die draußen waren - die Russen.
Das Essen wurde von der Küche in die Baracken getragen und dort verteilt. Drei Mal am Tag gab es Suppe und ein Mal am Tag 400 Gramm Brot. Das Brot war eine schwere und klebrige Masse. Wir hatten auch einen Karzer, also ein kleines Gefängnis, und wenn man sich nicht nach den Regeln benommen hat, zum Beispiel, man wollte nicht arbeiten, man hat einen mit einem Mädchen erwischt, oder man hat im Feld gestohlen, hat man uns hineingesteckt. Aber wir haben trotzdem fleißig gestohlen: Karotten, rote Rüben, das Kraut und alles Essbare - wir wollten ja überleben! Ich muss sagen, ich habe überhaupt kein Problem mit den Russen.
Wir waren in den Baracken untergebracht, Frauen und Kinder separat und die Männer separat und haben begonnen, uns einzurichten. In einem Zimmer wurden vier bis fünf, bei den Männern etwas mehr Internierte, untergebracht. Ich hatte ein Zimmer mit meiner Mutti und mit meiner Schwester, einer Frau Kaiser aus Polen und ihrem Kind. Ich habe Matten aus Stroh für Treibhäuser geflochten.
Man hat die Treibhäuser mit den Strohmatten gedeckt, und wir haben in die Treibhäuser Setzlinge für den Frühling, für draußen, gesetzt. Dort war nur Steppe, das Land lag brach. Man muss sich das vorstellen, es waren Hügel, keine Bäume, nichts - nur die Steppe. Es war ein riesengroßes Gebiet. Als wir gekommen sind, waren sieben Hektar, und als wir weggefahren sind, hatten wir 70 Hektar urbar gemacht.
Es existierte eine Kommandantur mit allem drum und dran. Unser erster Kommandant des Lagers hat gesehen, dass die Überlebenschancen gering sind. Er hat befohlen, dass ums Lager herum Bäumchen gepflanzt wurden, alle Strohsäcke, auf denen wir schliefen verbrannt wurden und frische Strohsäcke herangeschafft wurden.
Er hat alles desinfizieren lassen, weil wir Läuse und Flöhe hatten. Den Männern wurden so eine Art Militärhemden gebracht und Teile von Militärausrüstungen, und den Frauen hat er gesagt, sie sollen den Männern auf die Hemden die Krägen aufnähen, weil sie dann V- Ausschnitte bekamen, wie Männernachthemden, denn so hat man das in Russland getragen.
Der Winter war ein Erlebnis, weil es dort Schneeverwehungen gab und der Schnee höher war als unsere Baracken. Wenn ein Schneesturm im Anzug war, läutete eine Glocke. Dann durfte man die Baracken nicht mehr verlassen. Wenn es vorbei war, sind Equipen gekommen und haben zu den Häusern einen Weg geschaufelt, wobei die Schneehaufen höher waren, als die Baracken.
Die Einheimischen, die dort außerhalb des Lagers gewohnt haben, waren Usbeken, die Schäfer waren. Wenn der Winter gekommen ist und sie die Schafe nicht rechtzeitig in Sicherheit gebracht hatten, ist es vorgekommen, dass sie eingeschneit wurden und erfroren sind. Ich kann mich erinnern, dass sie einmal nur überlebt haben, weil sie durch die Schafe gewärmt wurden, ansonsten hätte es keine Überlebenschance gegeben.
Der Boden in unseren Baracken bestand aus Lehm, die Betten waren Holzliegen auf hohen Füssen, und wenn dann das Tauwetter kam, ist das Wasser in die Häuser herein geronnen. Da sind wir in der Früh im Wasser gestanden. Wir haben den Schnee versucht weit wegzuschaufeln, aber das hat nichts genützt.
Der Frühling dauerte vier bis fünf Tage, da hat alles getaut. Dann kam der heiße Sommer. Wir haben mit Schaufeln auf den Feldern gearbeitet, vollkommen primitiv. Wir haben Setzlinge, Samen, Kraut, Tomaten, Melonen und irgendeine Art von Gerste bekommen und gesetzt und gepflanzt. Begonnen hat die Arbeit um fünf Uhr in der Früh, damit die Sonne nicht alles kaputt macht. Im Winter wurde der Schnee von den Männern in riesengroße Blocks geschnitten, und die Blocks wurden neben einem ausgetrockneten See gestapelt. Im Frühling ist der Schnee getaut, und mit dem Wasser wurde das Feld bewässert.
Ich bin einmal an so einem See spazieren gegangen als wir Ausgang hatten und habe gesehen, wie hoch die Blöcke gestapelt waren. Das Wasser ist dann herunter geronnen in den See, und man hat es durch kleine Kanäle auf die Felder geleitet. Natürlich ist es auch passiert, dass das ganze Feld überflutet wurde, und man musste die Setzlinge neu einzusetzen. Aber die Erde war fruchtbar, überhaupt nicht verbraucht, und die Ernte war sehr reich. Wenn man eine kleine Kartoffel in die Erde gelegt hat, konnte man ein Kilo Kartoffeln ernten.
Zwiebeln und Knoblauch sind dort wild gewachsen. Wir haben die dann sozusagen domestiziert und haben sie neu gesetzt. Meine Schwester hat nicht gearbeitet, sie war zu jung, und ich habe wieder für meine Mutti mitgearbeitet und darum immer zwei Schichten übernommen. Ich hatte ein ganz verbranntes Dekollté von der Sonne, das bin ich nie mehr losgeworden. Wir haben in Kleidern gearbeitet, die Sonne hat gebrannt, Bäume gab es nicht.
Die Männer im Lager, insgesamt waren es 1360, waren Deutsche, Österreicher, Wolgadeutsche, das sind Russen deutscher Abstammung, eine Schiffsmannschaft Dänen, die Odessa angefahren hatte, und dann durch den Ausbruch des Krieges nicht mehr zurück konnte, weil es zu gefährlich gewesen wäre, dann Kommunisten aus dem Spanischen Bürgerkrieg, die mit der ‚Ibarruri’ [Schiff] nach Odessa gekommen waren und Polen. Die Polen waren polnische Offiziere, unter denen war auch mein Mann.
Hitler hatte sich 1939 mit den Russen Polen geteilt. Das war der Hitler - Stalin - Pakt. Die polnische Armee hatte versucht, Polen zu verteidigen. Sie hatten gekämpft und wurden geschlagen. Die Russen haben viele der Offiziere und Soldaten, aber auch Zivilbevölkerung ermordet, aber einige wenige Offiziere wurden in Züge gesetzt und nach Russland deportiert.
Das ist in der Stadt Katyn geschehen, das kann man alles nachlesen. Die Russen haben behauptet, dass die Deutschen diese vielen Polen ermordet hätten. Aber das stimmte nicht. Jetzt weiß man die Wahrheit, weil sie die Leichen gefunden und untersucht haben.
Die Polen im Lager waren sehr tüchtig, sie haben viel gearbeitet. Alles haben sie gemacht, sogar Schusterarbeiten. Das hat sich im Lager entwickelt. Nach einiger Zeit haben wir Erste Hilfe Pakete aus Amerika bekommen, in denen waren Konserven. Aus den leeren Dosen haben die Polen Töpfe und Tassen hergestellt. Die Männer haben in extra Baracken gewohnt. Sie haben aber zusammen mit uns gearbeitet, so haben wir sie kennen gelernt.
Da waren wir mit einer Frau Frankl und ihrer Tochter und einer Frau Wang und ihrem Sohn zusammen eingesperrt. Die Frau Frankl war eine Bekannte von der Mutti. Man hatte uns alle Sachen weggenommen. Nur eine kleine Tasche und was wir am Leib hatten, durften wir behalten.
Weil man uns von der Mutti getrennt hatte, habe ich die Vera gebeten, sie soll laut weinen, damit man auf uns aufmerksam wird. In den Zellen neben uns waren russische Häftlinge, die haben versucht, die Vera zu beruhigen. Aber das war nur eine Nacht, und dann durfte die Mutti zu uns kommen. Nach kurzer Zeit wurden wir zum Bahnhof gebracht, und wir fuhren nach Sibirien, irgendwo hinter Novosibirsk. Das war die nächste Etappe.
In Novosibirsk sind die Juden aus Riga dazu gekommen. Einige Österreicher hatten es geschafft, nach Riga zu flüchten. Auch Lotte Hajek, eine Freundin meiner Mutti aus Wien, haben wir dort getroffen und Rosel Grünwald mit ihrem Mann Victor, Wiener Juden und viele andere. Es waren auch Wiener Ärzte dort.
In dem Internierungslager befanden sich ungefähr 1 000 Flüchtlinge. Das Gebiet war umzäumt, und es gab Häuschen für die Bewacher. Für mich war das schrecklich - ganz furchtbar. Plötzlich waren wir sichtbar eingesperrt. Untergebracht waren wir in Baracken.
Es gab eine Küche, in der für uns gekocht wurde. Es gab nicht genug zu Essen, aber wir mussten nicht verhungern. Wir haben verlangt, dass man uns Arbeit gibt, und da hat man uns Schafwolle gebracht und Spinnräder. Wir haben die Wolle gesponnen und mit Stricknadeln, die man uns gebracht hat, haben die Frauen Socken und Handschuhe für Soldaten gestrickt. Ich habe Netze für Fischer geknüpft. Das war nicht schwer, das ist eine Handfertigkeit. Nach zirka einem Jahr ist der Krieg näher gekommen. Was haben wir damals gewusst? Wir wussten, dass Krieg ist, aber sonst wussten wir nichts. Und wir hatten irgendwie erfahren, dass mein Vater in Frankreich war.
Im Juli 1942 hat man uns alle zusammengepackt, in Waggons verfrachtet und nach Kasachstan gebracht. In Viehwaggons, unter ziemlich schweren Bedingungen, fuhren wir vier Wochen in das Lager Spask. Ab der letzten Eisenbahnstation ging es noch zirka vier Stunden mit dem Autobus durch eine völlig leere Gegend. Nichts, nicht ein Baum, nicht ein Strauch, nichts! Dann hielt der Autobus. Eltern mit ihren Kindern wurden auf Autos geladen. Der Rest musste zu Fuß gehen, auch ich.
Wenn die Autos die Leute im Lager abgeladen hatten, kamen sie zurück und haben die nächsten geholt. Es war wahnsinnig heiß. Die Sonne brannte. Karaganda liegt 500 Meter über dem Meeresspiegel, auf jeden Fall ist das ein mörderisches Klima. Im ersten Jahr haben sehr viele das nicht vertragen. Wir waren ja geschwächt von dem Jahr in Sibirien. Ich bin auf einer kleinen Rast eingeschlafen.
Und als sich alle zum Weitergehen aufgestellt haben, hatte man mich übersehen. Als ich wach wurde, sah ich den Dr. Wohlgemuth, das war auch ein Lagerinsasse, über mir beten. Er war Rabbiner, vielleicht hat er gedacht, ich sei gestorben. Also bin ich aufgestanden, die Mutti und die Vera hatte man schon aufgeladen, und ich bin weiter gegangen, bis unsere Gruppe auf das Auto gekommen ist.
Als ich unser Lager sah, dachte ich, ich sehe eine Oase wie bei Karl May vor mir. Eine Oase in der Wüste. Ringsherum absolut nichts, Steppe, dann war ein runder Teil eingezäunt und da standen Baracken. In der Mitte gab es einen Brunnen. Bevor wir kamen, war das Lager ein Strafgefangenenlager.
Es war umgeben von doppeltem Stacheldraht, und es waren Aufsichtshäuschen für die Soldaten an jeder Ecke; vier Ecken und vier Aufsichtshäuschen, in denen die Soldaten, die von der Front gekommen und nicht mehr kampffähig waren, auf uns aufgepasst haben. Das große Tor war zu. Außerhalb des Lagers waren ein paar Baracken mit Leuten, die die Schafe gehütet haben, aber sonst war nichts. Wie weit man geschaut hat war nichts außer der Steppe. Es waren Uranlager in der Nähe, aber die waren nicht sichtbar für uns.
Jeden Morgen und Abend mussten wir uns aufstellen, und man hat uns gezählt. Aber wir führten dort im Lager ein einigermaßen menschliches Dasein an dem gemessen was wir gehört haben, als wir zurückgekommen sind - KZs, Vernichtung. Immerhin haben wir überlebt, wenn auch viele gestorben sind. Es war Glücksache, ob man überlebt hat oder nicht. Aber man hat uns weder geschlagen noch schlecht behandelt. Im Gegenteil: Wir haben etwas mehr gehabt als die, die draußen waren - die Russen.
Das Essen wurde von der Küche in die Baracken getragen und dort verteilt. Drei Mal am Tag gab es Suppe und ein Mal am Tag 400 Gramm Brot. Das Brot war eine schwere und klebrige Masse. Wir hatten auch einen Karzer, also ein kleines Gefängnis, und wenn man sich nicht nach den Regeln benommen hat, zum Beispiel, man wollte nicht arbeiten, man hat einen mit einem Mädchen erwischt, oder man hat im Feld gestohlen, hat man uns hineingesteckt. Aber wir haben trotzdem fleißig gestohlen: Karotten, rote Rüben, das Kraut und alles Essbare - wir wollten ja überleben! Ich muss sagen, ich habe überhaupt kein Problem mit den Russen.
Wir waren in den Baracken untergebracht, Frauen und Kinder separat und die Männer separat und haben begonnen, uns einzurichten. In einem Zimmer wurden vier bis fünf, bei den Männern etwas mehr Internierte, untergebracht. Ich hatte ein Zimmer mit meiner Mutti und mit meiner Schwester, einer Frau Kaiser aus Polen und ihrem Kind. Ich habe Matten aus Stroh für Treibhäuser geflochten.
Man hat die Treibhäuser mit den Strohmatten gedeckt, und wir haben in die Treibhäuser Setzlinge für den Frühling, für draußen, gesetzt. Dort war nur Steppe, das Land lag brach. Man muss sich das vorstellen, es waren Hügel, keine Bäume, nichts - nur die Steppe. Es war ein riesengroßes Gebiet. Als wir gekommen sind, waren sieben Hektar, und als wir weggefahren sind, hatten wir 70 Hektar urbar gemacht.
Es existierte eine Kommandantur mit allem drum und dran. Unser erster Kommandant des Lagers hat gesehen, dass die Überlebenschancen gering sind. Er hat befohlen, dass ums Lager herum Bäumchen gepflanzt wurden, alle Strohsäcke, auf denen wir schliefen verbrannt wurden und frische Strohsäcke herangeschafft wurden.
Er hat alles desinfizieren lassen, weil wir Läuse und Flöhe hatten. Den Männern wurden so eine Art Militärhemden gebracht und Teile von Militärausrüstungen, und den Frauen hat er gesagt, sie sollen den Männern auf die Hemden die Krägen aufnähen, weil sie dann V- Ausschnitte bekamen, wie Männernachthemden, denn so hat man das in Russland getragen.
Der Winter war ein Erlebnis, weil es dort Schneeverwehungen gab und der Schnee höher war als unsere Baracken. Wenn ein Schneesturm im Anzug war, läutete eine Glocke. Dann durfte man die Baracken nicht mehr verlassen. Wenn es vorbei war, sind Equipen gekommen und haben zu den Häusern einen Weg geschaufelt, wobei die Schneehaufen höher waren, als die Baracken.
Die Einheimischen, die dort außerhalb des Lagers gewohnt haben, waren Usbeken, die Schäfer waren. Wenn der Winter gekommen ist und sie die Schafe nicht rechtzeitig in Sicherheit gebracht hatten, ist es vorgekommen, dass sie eingeschneit wurden und erfroren sind. Ich kann mich erinnern, dass sie einmal nur überlebt haben, weil sie durch die Schafe gewärmt wurden, ansonsten hätte es keine Überlebenschance gegeben.
Der Boden in unseren Baracken bestand aus Lehm, die Betten waren Holzliegen auf hohen Füssen, und wenn dann das Tauwetter kam, ist das Wasser in die Häuser herein geronnen. Da sind wir in der Früh im Wasser gestanden. Wir haben den Schnee versucht weit wegzuschaufeln, aber das hat nichts genützt.
Der Frühling dauerte vier bis fünf Tage, da hat alles getaut. Dann kam der heiße Sommer. Wir haben mit Schaufeln auf den Feldern gearbeitet, vollkommen primitiv. Wir haben Setzlinge, Samen, Kraut, Tomaten, Melonen und irgendeine Art von Gerste bekommen und gesetzt und gepflanzt. Begonnen hat die Arbeit um fünf Uhr in der Früh, damit die Sonne nicht alles kaputt macht. Im Winter wurde der Schnee von den Männern in riesengroße Blocks geschnitten, und die Blocks wurden neben einem ausgetrockneten See gestapelt. Im Frühling ist der Schnee getaut, und mit dem Wasser wurde das Feld bewässert.
Ich bin einmal an so einem See spazieren gegangen als wir Ausgang hatten und habe gesehen, wie hoch die Blöcke gestapelt waren. Das Wasser ist dann herunter geronnen in den See, und man hat es durch kleine Kanäle auf die Felder geleitet. Natürlich ist es auch passiert, dass das ganze Feld überflutet wurde, und man musste die Setzlinge neu einzusetzen. Aber die Erde war fruchtbar, überhaupt nicht verbraucht, und die Ernte war sehr reich. Wenn man eine kleine Kartoffel in die Erde gelegt hat, konnte man ein Kilo Kartoffeln ernten.
Zwiebeln und Knoblauch sind dort wild gewachsen. Wir haben die dann sozusagen domestiziert und haben sie neu gesetzt. Meine Schwester hat nicht gearbeitet, sie war zu jung, und ich habe wieder für meine Mutti mitgearbeitet und darum immer zwei Schichten übernommen. Ich hatte ein ganz verbranntes Dekollté von der Sonne, das bin ich nie mehr losgeworden. Wir haben in Kleidern gearbeitet, die Sonne hat gebrannt, Bäume gab es nicht.
Die Männer im Lager, insgesamt waren es 1360, waren Deutsche, Österreicher, Wolgadeutsche, das sind Russen deutscher Abstammung, eine Schiffsmannschaft Dänen, die Odessa angefahren hatte, und dann durch den Ausbruch des Krieges nicht mehr zurück konnte, weil es zu gefährlich gewesen wäre, dann Kommunisten aus dem Spanischen Bürgerkrieg, die mit der ‚Ibarruri’ [Schiff] nach Odessa gekommen waren und Polen. Die Polen waren polnische Offiziere, unter denen war auch mein Mann.
Hitler hatte sich 1939 mit den Russen Polen geteilt. Das war der Hitler - Stalin - Pakt. Die polnische Armee hatte versucht, Polen zu verteidigen. Sie hatten gekämpft und wurden geschlagen. Die Russen haben viele der Offiziere und Soldaten, aber auch Zivilbevölkerung ermordet, aber einige wenige Offiziere wurden in Züge gesetzt und nach Russland deportiert.
Das ist in der Stadt Katyn geschehen, das kann man alles nachlesen. Die Russen haben behauptet, dass die Deutschen diese vielen Polen ermordet hätten. Aber das stimmte nicht. Jetzt weiß man die Wahrheit, weil sie die Leichen gefunden und untersucht haben.
Die Polen im Lager waren sehr tüchtig, sie haben viel gearbeitet. Alles haben sie gemacht, sogar Schusterarbeiten. Das hat sich im Lager entwickelt. Nach einiger Zeit haben wir Erste Hilfe Pakete aus Amerika bekommen, in denen waren Konserven. Aus den leeren Dosen haben die Polen Töpfe und Tassen hergestellt. Die Männer haben in extra Baracken gewohnt. Sie haben aber zusammen mit uns gearbeitet, so haben wir sie kennen gelernt.
, Kazakhstan
In der Früh wurden wir von den Russen abgeholt. Wir bekamen Fackeln, denn es gab Wölfe in den Wäldern. Und so sind wir mit der Hacke und der Säge auf der Schulter gegangen, um die Bäume abzusägen. Zuerst musste man den Schnee von den Bäumen abtreten, damit man tief genug sägen konnte. So lange es Birken waren, war es halb so schlimm, die sind nicht so dick, aber die Tannen hatten Äste, die dicker waren als mein Arm. Zuerst habe ich nur die Äste der Bäume abgehackt, zusammengetragen und sie auf einen Haufen gelegt. Das war meine Arbeit. Die Tannen waren leichter zu fällen im Winter, weil das Harz nicht herunter geronnen ist.
Jeden Tag haben wir hunderte Bäume abgesägt. Eines schönen Tages habe ich eine Sandale verloren. Ich hab das nicht gespürt, wir haben im tiefen Schnee gearbeitet, und im Schnee ist es nicht kalt. Die Brigadiere haben immer nach unserer Arbeit ein Lagerfeuer gemacht. Wasser wurde vom Pripjat [Fluss] geholt und gewärmt. Das Brot, das wir zu essen bekamen, war so steif gefroren, dass wir es aufgespießt und über das Feuer gehalten haben, damit man es überhaupt essen konnte.
Der Brigadier hat am Lagerfeuer bemerkt, dass meine eine Sandale fehlt.‚Irina Romanovna, wo hast du die Sandale?’ hat er mich gefragt. Sie war weg, ich habe sie nicht mehr finden können. Man hat mich am Feuer sitzen lassen, aber ich musste ja nach Hause, das waren vier Kilometer. Da habe ich mir die Zehen abgefroren. Und ich habe mir auch die Hände erfroren. Ich bekam Knötchen an den Händen, aber ein Arzt hat mich gepflegt.
Zuerst hat man mir gesagt, dass man die Zehen amputieren muss, aber der Arzt hat gesagt, dass ich dazu zu jung bin. Ich war 16 Jahre alt, und er hat mit Petroleum und mit verschiedenen Salben, die er gebracht hat, meine Zehen gerettet. Dann durfte ich zwei Monate nicht arbeiten. Er hat mir auch spezielle Handschuhe gebracht, damit ich nicht so an den Händen friere. Und ein Russe, ein Brigadier, hat mir eine Kappe gebracht.
Über die Kappen hatten wir noch Tücher, so dass praktisch nur die Augen herausgeschaut haben. Dann habe ich Filzschuhe bekommen, weil ich nur Halbschuhe hatte, die durch die Arbeit durch die Nässe bei den Birken kaputt waren. So war mir dann nicht mehr kalt.
Die Russen waren anständig zu uns. Es hat uns nie einer angerührt, wir wurden nie geschlagen. Ob jemand vergewaltigt wurde, das weiß ich nicht. Aber das glaube ich nicht, die Russen hatten alle Familien.
Dann ist wieder der Frühling gekommen, und der Krieg ist näher gerückt. Das war im Juni 1941, die Deutschen hatten die Sowjetunion überfallen.
Jeden Tag haben wir hunderte Bäume abgesägt. Eines schönen Tages habe ich eine Sandale verloren. Ich hab das nicht gespürt, wir haben im tiefen Schnee gearbeitet, und im Schnee ist es nicht kalt. Die Brigadiere haben immer nach unserer Arbeit ein Lagerfeuer gemacht. Wasser wurde vom Pripjat [Fluss] geholt und gewärmt. Das Brot, das wir zu essen bekamen, war so steif gefroren, dass wir es aufgespießt und über das Feuer gehalten haben, damit man es überhaupt essen konnte.
Der Brigadier hat am Lagerfeuer bemerkt, dass meine eine Sandale fehlt.‚Irina Romanovna, wo hast du die Sandale?’ hat er mich gefragt. Sie war weg, ich habe sie nicht mehr finden können. Man hat mich am Feuer sitzen lassen, aber ich musste ja nach Hause, das waren vier Kilometer. Da habe ich mir die Zehen abgefroren. Und ich habe mir auch die Hände erfroren. Ich bekam Knötchen an den Händen, aber ein Arzt hat mich gepflegt.
Zuerst hat man mir gesagt, dass man die Zehen amputieren muss, aber der Arzt hat gesagt, dass ich dazu zu jung bin. Ich war 16 Jahre alt, und er hat mit Petroleum und mit verschiedenen Salben, die er gebracht hat, meine Zehen gerettet. Dann durfte ich zwei Monate nicht arbeiten. Er hat mir auch spezielle Handschuhe gebracht, damit ich nicht so an den Händen friere. Und ein Russe, ein Brigadier, hat mir eine Kappe gebracht.
Über die Kappen hatten wir noch Tücher, so dass praktisch nur die Augen herausgeschaut haben. Dann habe ich Filzschuhe bekommen, weil ich nur Halbschuhe hatte, die durch die Arbeit durch die Nässe bei den Birken kaputt waren. So war mir dann nicht mehr kalt.
Die Russen waren anständig zu uns. Es hat uns nie einer angerührt, wir wurden nie geschlagen. Ob jemand vergewaltigt wurde, das weiß ich nicht. Aber das glaube ich nicht, die Russen hatten alle Familien.
Dann ist wieder der Frühling gekommen, und der Krieg ist näher gerückt. Das war im Juni 1941, die Deutschen hatten die Sowjetunion überfallen.
Wir mussten arbeiten. Ich habe immer für die Mutti und für mich gearbeitet, denn meine Mutti war ja nicht gesund. Die erste Zeit habe ich am Bau der Eisenbahnlinie gearbeitet. Die Schmalspurbahn wurde weiter in den Wald hineingebaut. Mit der Schmalspurbahn wurde auch gefälltes Holz in die Stadt transportiert. Früh am Morgen wurden wir unter Bewachung russischer Soldaten zur Arbeit in den Wald gebracht, und abends wurden wir wieder zurück gebracht. Das waren je vier Kilometer.
Auch viele junge russische Gefangene aus dem Lager neben unserem haben mitgearbeitet, ich glaube jedenfalls, dass sie alle Gefangene waren. Die Arbeit war schwer. Es wurden Kieselsteine mit der Bahn gebracht, die für das Schienen legen gebraucht wurden und die wir abladen mussten. So lang wir noch am Bau der Eisenbahnlinie gearbeitet haben, ging es halbwegs, aber dann wurden wir in den Wald zum Arbeiten geschickt.
Es war ein Wald mit Birken und Tannen. Wir hatten Brigadiere, die haben gesagt, welcher Baum gefällt werden soll. Wir haben von den Birken den Saft abgezapft und getrunken. Das hat man eigentlich nicht dürfen, weil man den Baum kaputt gemacht hat damit.
Im Birkenwald war der Boden immer feucht und schlammig. Wir hatten den Schlamm auch in den Schuhen, weil es keine richtige Arbeitskleidung gab. Und weil es immer feucht war, gab es viele Gelsen, die uns gefressen haben. Manches Mal sind wir nach Hause gekommen und hatten völlig geschwollene Hände und Gesichter.
Nach drei Wochen haben wir einen Koller bekommen. Diese Enge hat sich psychisch auf alle ausgewirkt. Das hat man Waldkoller genannt, wir sind einfach durchgedreht, weil wir nur die Birken und Tannen gesehen haben. Da haben uns die Russen an einen See gebracht, der vier Kilometer weit weg war. Das war ein herrlicher See mitten im Wald, riesengroß, da durften wir auch baden. Von dem See wurden wir dann ins Lager gebracht.
In den Mittagspausen gab es immer Hagebuttentee und Brot. Der Tee wurde in einem großen Kessel zu uns transportiert. In diesen Mittagspausen habe ich auch meine ersten Liebespaare gesehen. Das waren russischen Pärchen, die plötzlich verschwunden sind. Da wir auch Holz für die Öfen zum Kochen gesammelt haben, habe ich sie gesehen. Ich wusste nicht, wieso die verschwinden und was die machen. Aber es hat mich fasziniert.
Auch viele junge russische Gefangene aus dem Lager neben unserem haben mitgearbeitet, ich glaube jedenfalls, dass sie alle Gefangene waren. Die Arbeit war schwer. Es wurden Kieselsteine mit der Bahn gebracht, die für das Schienen legen gebraucht wurden und die wir abladen mussten. So lang wir noch am Bau der Eisenbahnlinie gearbeitet haben, ging es halbwegs, aber dann wurden wir in den Wald zum Arbeiten geschickt.
Es war ein Wald mit Birken und Tannen. Wir hatten Brigadiere, die haben gesagt, welcher Baum gefällt werden soll. Wir haben von den Birken den Saft abgezapft und getrunken. Das hat man eigentlich nicht dürfen, weil man den Baum kaputt gemacht hat damit.
Im Birkenwald war der Boden immer feucht und schlammig. Wir hatten den Schlamm auch in den Schuhen, weil es keine richtige Arbeitskleidung gab. Und weil es immer feucht war, gab es viele Gelsen, die uns gefressen haben. Manches Mal sind wir nach Hause gekommen und hatten völlig geschwollene Hände und Gesichter.
Nach drei Wochen haben wir einen Koller bekommen. Diese Enge hat sich psychisch auf alle ausgewirkt. Das hat man Waldkoller genannt, wir sind einfach durchgedreht, weil wir nur die Birken und Tannen gesehen haben. Da haben uns die Russen an einen See gebracht, der vier Kilometer weit weg war. Das war ein herrlicher See mitten im Wald, riesengroß, da durften wir auch baden. Von dem See wurden wir dann ins Lager gebracht.
In den Mittagspausen gab es immer Hagebuttentee und Brot. Der Tee wurde in einem großen Kessel zu uns transportiert. In diesen Mittagspausen habe ich auch meine ersten Liebespaare gesehen. Das waren russischen Pärchen, die plötzlich verschwunden sind. Da wir auch Holz für die Öfen zum Kochen gesammelt haben, habe ich sie gesehen. Ich wusste nicht, wieso die verschwinden und was die machen. Aber es hat mich fasziniert.
Ich habe einige Jahre meiner Kindheit in Krakau verbracht, aber Krakau war mir nie Heimat, Polen ist mir nicht sehr nahe. Die Polen sind noch heute Antisemiten, obwohl es heute nur noch ungefähr 10 000 Juden in Polen gibt. Vor dem Krieg waren es Drei Millionen. Die meisten Juden leben heute in Warschau und Krakau.
Ich war seit 1957, seit ich in Wien lebe, nur noch ein einziges Mal in Krakau. Das war mit meinem Neffen Daniel, weil er sehen wollte, wo seine Mama damals gelebt hat. Ich wäre heuer doch gerne noch einmal gefahren, aber es hat nicht geklappt.
Ich liebe das Europäische, ich liebe Österreich, und ich liebe Wien. Man kann sich nicht vorstellen, was ich für Sehnsucht nach Wien hatte. Damals, als ich als Kind in Krakau war, habe ich das ja nicht beurteilen können, dass mir Wien fehlt. Auch nicht in Russland, aber als ich nach dem Krieg in Polen gelebt habe, hatte ich so schreckliche Sehnsucht nach Wien.
Ich hätte nie geglaubt, dass man so ein Gefühl haben kann, ein Landesgefühl, ein Zugehörigkeitsgefühl! Ich habe mich in Wien immer zu Hause gefühlt. Wien war für mich meine Heimat, und das ist bis heute so. Ich entdecke immer wieder wie schön Wien und seine Umgebung ist. Man kann in einer halben Stunde im Wald sein oder in den Weinbergen, und mitten in der Stadt ist so viel Grün. Für mich bedeutet Wien Kultur: Theater, die Oper, Konzerte und Ausstellungen.
Als ich einmal aus Amerika nach Wien zurückgekommen bin, ich war sechs Wochen in New York, habe ich beinah den Boden küssen wollen. Wie der Papst! Das ist komisch! Es gibt Leute, die hier leben und ewig auf Österreich schimpfen. Antisemiten gibt es überall, wir Juden haben nicht nur Freunde, und wir sind nicht sehr beliebt. Aber dass ich jemals hätte wegzufahren wollen, kann ich wirklich nicht sagen. Ich kann auch nicht sagen, dass in den ganzen Jahren mir jemand zu nahe getreten wäre, weil ich Jüdin bin.
Ich war seit 1957, seit ich in Wien lebe, nur noch ein einziges Mal in Krakau. Das war mit meinem Neffen Daniel, weil er sehen wollte, wo seine Mama damals gelebt hat. Ich wäre heuer doch gerne noch einmal gefahren, aber es hat nicht geklappt.
Ich liebe das Europäische, ich liebe Österreich, und ich liebe Wien. Man kann sich nicht vorstellen, was ich für Sehnsucht nach Wien hatte. Damals, als ich als Kind in Krakau war, habe ich das ja nicht beurteilen können, dass mir Wien fehlt. Auch nicht in Russland, aber als ich nach dem Krieg in Polen gelebt habe, hatte ich so schreckliche Sehnsucht nach Wien.
Ich hätte nie geglaubt, dass man so ein Gefühl haben kann, ein Landesgefühl, ein Zugehörigkeitsgefühl! Ich habe mich in Wien immer zu Hause gefühlt. Wien war für mich meine Heimat, und das ist bis heute so. Ich entdecke immer wieder wie schön Wien und seine Umgebung ist. Man kann in einer halben Stunde im Wald sein oder in den Weinbergen, und mitten in der Stadt ist so viel Grün. Für mich bedeutet Wien Kultur: Theater, die Oper, Konzerte und Ausstellungen.
Als ich einmal aus Amerika nach Wien zurückgekommen bin, ich war sechs Wochen in New York, habe ich beinah den Boden küssen wollen. Wie der Papst! Das ist komisch! Es gibt Leute, die hier leben und ewig auf Österreich schimpfen. Antisemiten gibt es überall, wir Juden haben nicht nur Freunde, und wir sind nicht sehr beliebt. Aber dass ich jemals hätte wegzufahren wollen, kann ich wirklich nicht sagen. Ich kann auch nicht sagen, dass in den ganzen Jahren mir jemand zu nahe getreten wäre, weil ich Jüdin bin.
Austria
Edek hat im Dezember 1983 in Wien geheiratet.
Er hatte gewisse Anlagen in sich. Auch die Musik. Mit vier Jahren hat er mit meinen Topfdeckeln Musik gemacht, immer wenn er sie erwischt hat. Das Musikalische hat er auch von meinem Papa. Der Edek hat, als er 18 Jahre alt war, mit der Marika Lichter [Sängerin], die damals 15 Jahre alt war, am Semmering, im Hotel Panhans, als Unterhaltung für die Abendgäste zusammen gesungen, und sie haben zusammen eine kleine Schallplatte mit vier Liedern aufgenommen.
Nach der Schulzeit hat Edek im Musikhaus Doblinger begonnen als Lehrling zu arbeiten. Dann ist er 1964 zu meiner Schwester in die Schweiz gefahren und hat ein Jahr im Musikhaus Globus als Plattenverkäufer in der Schallplattenabteilung gearbeitet.
Als er 1966 nach Wien zurückkam, hat er im Musikhaus ¾ der Universal Edition die Schallplattenabteilung aufgebaut und er war auch DJ. Seit 1971 hat er Welttourneen verschiedenster Künstler organisiert. Er ist in der Welt herumgefahren und hat interessante Leute gesucht, die in Österreich auftreten können. Und er ist mit Frank Zappa und Santana auf Tournee gegangen und hat sie nach Wien gebracht.
Die Rolling Stones und Queen hat er auch nach Wien geholt. Er hat immer Leute gesucht, die was Besonderes waren - Jimi Hendrix, Led Zeppelin oder Patti Smith, aber er ging auch mit Peter Alexander und Wolfgang Ambros auf Tournee und betreute Falco. Er organisierte Tourneen in Europa, aber auch Japan und den USA.
Er organisierte Jazz Festivals und Popveranstaltungen und Künstler für die ‚Wiener Festwochen’. Er besuchte jüdische Festivals und hat zum Beispiel Coco Schumann [Jazzmusiker und Gitarrist] nach Wien gebracht. Und für die ‚Jüdische Kulturwoche’ hat er Leute aus aller Welt geholt, unter anderem die Epstein Brothers.
Ab 1965 war Edek aber auch selbst Sänger und Musiker der Gruppe ‚Sabres’. Sie haben zwei Langspielplatten produziert und hatten viele Auftritte. Danach entstand das Duo ‚Geduldig und Thieman’, das waren der Edek und sein Freund Albert Misak.
Beide haben für den Namen des Duos die Geburtsnamen ihrer Mütter genommen. Sie haben jiddische Lieder bei Hochzeiten, in Kirchen und bei vielen Veranstaltungen gesungen und fünf Platten aufgenommen, zum Beispiel 1992 ‚A haymish groove’ und ‚Di schejnsten lider fun jiddn’.
Edek ist jetzt Konzertveranstalter, Kurator, Lektor am Institut für Industrial Design an der ‚Universität für angewandte Kunst’ in Wien und künstlerischer Leiter für die Wiener Kunstmesse "ViennaFair" in Wien. Das hat er alles geschafft - ich bin sehr stolz auf ihn.
Nach der Schulzeit hat Edek im Musikhaus Doblinger begonnen als Lehrling zu arbeiten. Dann ist er 1964 zu meiner Schwester in die Schweiz gefahren und hat ein Jahr im Musikhaus Globus als Plattenverkäufer in der Schallplattenabteilung gearbeitet.
Als er 1966 nach Wien zurückkam, hat er im Musikhaus ¾ der Universal Edition die Schallplattenabteilung aufgebaut und er war auch DJ. Seit 1971 hat er Welttourneen verschiedenster Künstler organisiert. Er ist in der Welt herumgefahren und hat interessante Leute gesucht, die in Österreich auftreten können. Und er ist mit Frank Zappa und Santana auf Tournee gegangen und hat sie nach Wien gebracht.
Die Rolling Stones und Queen hat er auch nach Wien geholt. Er hat immer Leute gesucht, die was Besonderes waren - Jimi Hendrix, Led Zeppelin oder Patti Smith, aber er ging auch mit Peter Alexander und Wolfgang Ambros auf Tournee und betreute Falco. Er organisierte Tourneen in Europa, aber auch Japan und den USA.
Er organisierte Jazz Festivals und Popveranstaltungen und Künstler für die ‚Wiener Festwochen’. Er besuchte jüdische Festivals und hat zum Beispiel Coco Schumann [Jazzmusiker und Gitarrist] nach Wien gebracht. Und für die ‚Jüdische Kulturwoche’ hat er Leute aus aller Welt geholt, unter anderem die Epstein Brothers.
Ab 1965 war Edek aber auch selbst Sänger und Musiker der Gruppe ‚Sabres’. Sie haben zwei Langspielplatten produziert und hatten viele Auftritte. Danach entstand das Duo ‚Geduldig und Thieman’, das waren der Edek und sein Freund Albert Misak.
Beide haben für den Namen des Duos die Geburtsnamen ihrer Mütter genommen. Sie haben jiddische Lieder bei Hochzeiten, in Kirchen und bei vielen Veranstaltungen gesungen und fünf Platten aufgenommen, zum Beispiel 1992 ‚A haymish groove’ und ‚Di schejnsten lider fun jiddn’.
Edek ist jetzt Konzertveranstalter, Kurator, Lektor am Institut für Industrial Design an der ‚Universität für angewandte Kunst’ in Wien und künstlerischer Leiter für die Wiener Kunstmesse "ViennaFair" in Wien. Das hat er alles geschafft - ich bin sehr stolz auf ihn.
Da hat sie immer ein Schmuckstück gebracht und für das Schmuckstück hat sie aus Blutstein Ringerl und Ketterl für die Angestellte getauscht. Und an dieses Schmuckstück konnte ich mich gut erinnern. Meine Mutti war ja keine Schmuckträgerin, sie war eine kleine zarte Frau wie meine Schwester, nur etwas größer als die Vera. Ich kann mich daran erinnern, dass meine Mutti diese Brosche zwei- bis dreimal anlässlich eines großen Anlasses hinten im Haar getragen hat.
Die Brosche war ein bisschen exzentrisch. Sie war oval mit sieben Brillanten - große Brillianten und kleine Brillianten. In der Mitte war ein gelblicher Brillant in der Größe eines Nagels. Und diese Brosche konnte man auch als Anhänger tragen.
Das Geschäft war zu, an der Tür war ein Zettel. Dann kam die Besitzerin, ich ging hinein und habe sie gefragt: ‚Sagen Sie bitte, hat die Brosche hinten eine Nadel und einen Anhänger?’ Sie hat mit ja geantwortet. Dann habe ich gefragt, ob hinten ein Stückel abgebrochen ist. Wieder hat sie mit ja geantwortet und mich verwundert angeschaut. Und dann habe ich gefragt, ob das Armband so und so einzuhacken ist? Da hat sie mich gefragt, wer ich bin. Ich habe ihr gesagt, dass die Brosche und das Armband meiner Mutter gehört haben.
Sie war ganz aufgeregt und hat gesagt, dass sie die Stücke aus einem Privatbesitz in Kommission hätte, und sie mir nicht sagen dürfe, wem das Armband und die Brosche gehören. Ich habe gesagt: ‚Natürlich, das ist schon in Ordnung.’ Es war ein Schock für mich, die Schmuckstücke meiner Mutter nach so vielen Jahren zu sehen.
Ich hätte die Schmuckstücke brauchen können, ich war damals wirklich hundsarm. Ich habe das dann meinen Freundinnen erzählt, und eine ist ins Geschäft gegangen und hat gefragt was die Brosche kostet. Das war eine halbe Million Schilling. Den Preis des Armbands hat sie nicht erfragt, weil das zu auffällig gewesen wäre.
Ich glaube, als mein Vater aus Wien geflüchtet ist, hat er Geld gebraucht und den Schmuck verkauft. Oder man hat ihm alles weggenommen. Das weiß ich nicht. Wenn meine Eltern ein Haus besessen hätten, hätte ich versucht, es wiederzubekommen, aber wie sollte ich das mit Schmuckstücken anfangen? Ich weiß ja nicht einmal, ob sie verkauft oder gestohlen wurden. Ich bin nicht der Mensch, der den Sachen nachjagt, und ich hätte damals auch nicht gewusst, wie ich das machen soll.
Die Brosche war ein bisschen exzentrisch. Sie war oval mit sieben Brillanten - große Brillianten und kleine Brillianten. In der Mitte war ein gelblicher Brillant in der Größe eines Nagels. Und diese Brosche konnte man auch als Anhänger tragen.
Das Geschäft war zu, an der Tür war ein Zettel. Dann kam die Besitzerin, ich ging hinein und habe sie gefragt: ‚Sagen Sie bitte, hat die Brosche hinten eine Nadel und einen Anhänger?’ Sie hat mit ja geantwortet. Dann habe ich gefragt, ob hinten ein Stückel abgebrochen ist. Wieder hat sie mit ja geantwortet und mich verwundert angeschaut. Und dann habe ich gefragt, ob das Armband so und so einzuhacken ist? Da hat sie mich gefragt, wer ich bin. Ich habe ihr gesagt, dass die Brosche und das Armband meiner Mutter gehört haben.
Sie war ganz aufgeregt und hat gesagt, dass sie die Stücke aus einem Privatbesitz in Kommission hätte, und sie mir nicht sagen dürfe, wem das Armband und die Brosche gehören. Ich habe gesagt: ‚Natürlich, das ist schon in Ordnung.’ Es war ein Schock für mich, die Schmuckstücke meiner Mutter nach so vielen Jahren zu sehen.
Ich hätte die Schmuckstücke brauchen können, ich war damals wirklich hundsarm. Ich habe das dann meinen Freundinnen erzählt, und eine ist ins Geschäft gegangen und hat gefragt was die Brosche kostet. Das war eine halbe Million Schilling. Den Preis des Armbands hat sie nicht erfragt, weil das zu auffällig gewesen wäre.
Ich glaube, als mein Vater aus Wien geflüchtet ist, hat er Geld gebraucht und den Schmuck verkauft. Oder man hat ihm alles weggenommen. Das weiß ich nicht. Wenn meine Eltern ein Haus besessen hätten, hätte ich versucht, es wiederzubekommen, aber wie sollte ich das mit Schmuckstücken anfangen? Ich weiß ja nicht einmal, ob sie verkauft oder gestohlen wurden. Ich bin nicht der Mensch, der den Sachen nachjagt, und ich hätte damals auch nicht gewusst, wie ich das machen soll.
Der ist dann an mich herangetreten und hat mich gefragt, ob ich nicht bei ihm arbeiten möchte, er brauche jemanden. Der Nachwalger hatte eine Rock - und Hosenerzeugung. Ich habe dann ein bisschen eine Kleidererzeugung eingeführt, in ganz kleinem Mass. Ich hab’s gut gehabt, weil ich jedes Jahr dann nach Paris gefahren bin und die neuesten Modelle gebracht habe. Und ich bin nach Zürich und nach München zu Messen gefahren. Ich hatte einen guten Blick für Mode, habe gut geschaut, und dann haben wir es hier nachgemacht.
Eines Tages kam eine Frau von einer Firma neben uns und wollte sich einen Rock kaufen. Ich habe ihr gesagt, dass wir keinen Detailverkauf haben. Aber sie hat gesagt, ihr Direktor habe ihr gesagt, sie könne zu uns kommen.
Eines Tages kam eine Frau von einer Firma neben uns und wollte sich einen Rock kaufen. Ich habe ihr gesagt, dass wir keinen Detailverkauf haben. Aber sie hat gesagt, ihr Direktor habe ihr gesagt, sie könne zu uns kommen.
Kurze Zeit nach dem Umzug meiner geliebten kleinen Schwester Vera, hat sie 1960 geheiratet.
Freunde aus Wien haben mit Fleurop weißen Flieder geschickt. Wegen der Familie meines Schwagers war es eine streng orthodoxe Hochzeit. Die Familie Halff war eine bekannte Familie in der Schweiz. Ihnen gehörte in Grindelwald [Gemeinde im Kanton Bern] ein koscheres Hotel. Und die Tante meines Schwagers besaß ein koscheres Restaurant in Basel mit einem großen Saal, und dort hat die Hochzeit stattgefunden.
Und ich habe gearbeitet, was ich halt bekommen habe. Nachdem ich beim Harry Hammersfeld gearbeitet habe, bin ich zu einer anderen jüdischen Firma, zum Moskovic, gegangen und habe im Verkauf gearbeitet. Kleidung en gros, am Salzgries.
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After WW2
See text in interview
Zur Kultusgemeinde hatte ich wenig Kontakt. Es gab eine jüdisch-amerikanische Hilfsorganisation, den Joint, die haben mir in der ersten Zeit ein bisschen mit Geld ausgeholfen. In den Tempel bin ich nur gegangen, wenn die Lotte auch gegangen ist. Und wenn ich in den Tempel gekommen bin und gesehen habe, wie aufgeputzt die Leute waren - das war nicht meine Welt. Mich haben Bücher interessiert, mich hat Musik interessiert.
Die Scheidung von meinem Mann habe ich erst nach vielen Jahren in Wien bekommen.
Bevor ich aus Polen weggefahren bin, war es so, dass die Lehrerin zum Edek gesagt hat, er soll ruhig nach Israel, damals gab es eine Auswanderungswelle der polnischen Juden nach Israel, fahren, wenn seine Mutter Jüdin ist. Damals begann eine antisemitische Welle in Polen.
Das muss 1956 gewesen sein, denn ich bin 1957 nach Wien gekommen. Da hat sich der Edek auch einmal mit einem Kind auf der Strasse geschlagen, weil der ihm nachgerufen hatte ‚du Jud, du Jud, du Jud’, und da hat ihn der Edek verhauen, und ich habe mir gedacht: Jetzt ist es Zeit zu gehen!
Das muss 1956 gewesen sein, denn ich bin 1957 nach Wien gekommen. Da hat sich der Edek auch einmal mit einem Kind auf der Strasse geschlagen, weil der ihm nachgerufen hatte ‚du Jud, du Jud, du Jud’, und da hat ihn der Edek verhauen, und ich habe mir gedacht: Jetzt ist es Zeit zu gehen!
Nach der ersten antisemitischen Welle in Polen sind sie alle nach Israel ausgewandert.
Der Direktor ist zu ihr gekommen und hat gesagt: Du musst die zwei Klassen übernehmen.’ Das waren dann fast neunzig Kinder, und die sollte sie beschäftigen. Und sie war sowieso ein bisschen überfordert. Daraufhin hat sie die Kinder in Gruppen eingeteilt: eine Löwengruppe, eine Tigergruppe, eine Kuhgruppe und eine Hundegruppe.
Meine Cousine Wisia war mit dem Tola verheiratet, der in Waldenburg ein sehr angesehener Rechtsanwalt war.
Er hatte seine Eltern in Posen, er hat sofort eine Stelle auf der Universität bekommen, er war ja Magister, und hatte dort schon studiert, und man hat ihn mit offenen Armen aufgenommen, weil er ein sehr guter Chemiker war.
Aber zum Glück hat die Tante Genia sofort ein Kindermädchen für den Edek gefunden, denn für so Kleine gab es damals keinen Kindergarten, und ich habe begonnen in einem jüdischen Kindergarten zu arbeiten. Die Kinder waren aus dem Krieg zurückgekommen, repatriiert, nicht nur aus Polen, von überall. Der Kindergarten war vom Staat akzeptiert. Wir konnten auch nichtjüdische Kinder aufnehmen, weil wir so einen guten Ruf hatten.
Sara, Manias Schwester, hatte vor dem Krieg in Krakau Botanik studiert und war als Doktor der Botanik nach Palästina gegangen, da sie als Jüdin in Polen nicht die Möglichkeit hatte zu arbeiten.
Gustavs Sohn emigrierte mit seiner Großmutter nach Australien, Mania ist mit ihrem Sohn und zweiten Mann nach Israel ausgewandert. Monieks Tochter haben sie nach Israel mitgenommen, sie ist dort geblieben.
Er hat mit seiner Frau und seiner Mutter versucht vor den Deutschen zu fliehen, sie wurden aber auf einem Bahnhof entdeckt und alle drei erschossen.
Er singt in Sidney im Opernchor.
Mein Onkel Leo war in Amerika nicht glücklich. Edi und Mimi haben gearbeitet, und er und seine Frau hatten in New York keine Freunde und keine Bekannten. Da sind sie dann weiter gefahren zu ihrer Tochter Luzie nach Australien. Luzie und Herr Altmann waren nach Australien geflüchtet.
, Australia
Dann sind sie nach Israel, und dort waren sie todunglücklich und sind dann weiter nach New York. Und der Edi und die Mimi, die schon in New York waren, haben sie aufgenommen. Der Edi hatte in einem Warenhaus einen Tisch mit Uhren, die Mimi hatte in demselben Warenhaus einen Tisch mit Wiener Handschuhen. Früher hatte man so gehäkelte Handschuhe. Da waren Knöpfe drauf gestickt. Das waren Spezialitäten, das hat man früher getragen.
Die Mimi hat diese Handschuhe selber gehäkelt. Dann, nach ein paar Jahren, haben sie sich emporgearbeitet. Die Ware vom Edi war sehr gut, und nach dem Krieg haben sie das erste Geschäft in der 5th Avenue eröffnet. Der Edi hatte in Wien Arbeiter, die für ihn vor dem Krieg gearbeitet haben, und die hat er angeschrieben.
Er ist dann gleich, als es möglich war, nach Wien gekommen, hat die Ware hier bestellt und mitgenommen. Das waren besondere Arbeiten, die man in Amerika nicht gekannt hat. Der Edi war schon vor dem Krieg in Wien ein richtiger Opernfanatiker. In New York hatte er einen Sitz in der Metropolitan Opera und als das erste Opernhaus dann 1967 abgerissen wurde, hat er seine Nummer vom Sessel und ein Stück vom Vorhang bekommen.
Die Mimi hat diese Handschuhe selber gehäkelt. Dann, nach ein paar Jahren, haben sie sich emporgearbeitet. Die Ware vom Edi war sehr gut, und nach dem Krieg haben sie das erste Geschäft in der 5th Avenue eröffnet. Der Edi hatte in Wien Arbeiter, die für ihn vor dem Krieg gearbeitet haben, und die hat er angeschrieben.
Er ist dann gleich, als es möglich war, nach Wien gekommen, hat die Ware hier bestellt und mitgenommen. Das waren besondere Arbeiten, die man in Amerika nicht gekannt hat. Der Edi war schon vor dem Krieg in Wien ein richtiger Opernfanatiker. In New York hatte er einen Sitz in der Metropolitan Opera und als das erste Opernhaus dann 1967 abgerissen wurde, hat er seine Nummer vom Sessel und ein Stück vom Vorhang bekommen.
Onkel Leo hat viel gearbeitet, aber sie besaßen keine Reichtümer. Der Edi war, bevor er das Geschäft übernommen hat, Bankbeamter in Wien. Er hat gewusst, wie man Geld anlegen muss. Der Leo, sein Vater, hatte das nicht so gut verstanden, der Edi war derjenige, als er die Geschäfte vom Vater übernommen hatte.
Edi und seine Frau Maria Schrott, sie wurde Mimi genannt, haben in Wien, im Stadttempel in der Seitenstettengasse, geheiratet. Und als sie irgendein Jubiläum hatten, vielleicht waren sie 50 Jahre verheiratet, sind sie nach Wien gekommen, um hier im Tempel zu beten. Sie sind jedes Jahr gekommen, aber das war ein spezieller Anlass.
Eines Nachts hat es an unserer Tür geklopft. Russen standen da und haben gesagt, wir sollen zusammenpacken. Das war 1940. Man hat uns von Lemberg zum Ural gebracht. Die Reise in Viehwaggons hat drei bis vier Wochen gedauert. Wo wir genau angekommen sind, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass wir dann mit einer Schmalspurbahn viele Kilometer gefahren sind, mitten in den Wald.
Dort war ein Lager, aber es war nicht eingezäunt, und es gab auch keine Aufpasser. Neben unserem Lager war noch ein Lager mit Russen. Unser Lagerarzt zum Beispiel war ein russischer Häftling. Was er angestellt hatte, weiß ich nicht. Für das Lager war der Wald gerodet worden, und auf der gerodeten Fläche standen Holzbaracken, größere und kleinere. In den Baracken waren drei- oder Vierbettzimmer.
Die Zimmer waren groß genug, dass die Betten nicht dicht nebeneinander stehen mussten. Es war Sommer als wir ankamen, und um uns herum war nichts als Wald. Es gab einen herrlichen Brunnen, von dem wir Wasser schöpften konnten, ansonsten gab es nichts - ich kann mich an keine Kantine, an kein Geschäft erinnern. Ich weiß auch nicht, wie die Lebensmittel zu uns gekommen sind.
In jeder Baracke gab es eine Kochmöglichkeit und einen Herd, den man mit Holz heizen konnte. Verköstigen mussten wir uns allein. Ich weiß, meine Mutti ist einige Male mit der Schmalspurbahn ins Städtchen gefahren, um Sachen zu verkaufen oder einzutauschen für Lebensmittel.
Zuerst haben wir in einem Zimmer gewohnt, später in einer größeren Baracke zusammen mit zwei Familien, aber das hat uns nicht gestört. Faszinierend waren die berühmten Weißen Nächte im Sommer, die es am Ural gibt, da ist es taghell.
Dort war ein Lager, aber es war nicht eingezäunt, und es gab auch keine Aufpasser. Neben unserem Lager war noch ein Lager mit Russen. Unser Lagerarzt zum Beispiel war ein russischer Häftling. Was er angestellt hatte, weiß ich nicht. Für das Lager war der Wald gerodet worden, und auf der gerodeten Fläche standen Holzbaracken, größere und kleinere. In den Baracken waren drei- oder Vierbettzimmer.
Die Zimmer waren groß genug, dass die Betten nicht dicht nebeneinander stehen mussten. Es war Sommer als wir ankamen, und um uns herum war nichts als Wald. Es gab einen herrlichen Brunnen, von dem wir Wasser schöpften konnten, ansonsten gab es nichts - ich kann mich an keine Kantine, an kein Geschäft erinnern. Ich weiß auch nicht, wie die Lebensmittel zu uns gekommen sind.
In jeder Baracke gab es eine Kochmöglichkeit und einen Herd, den man mit Holz heizen konnte. Verköstigen mussten wir uns allein. Ich weiß, meine Mutti ist einige Male mit der Schmalspurbahn ins Städtchen gefahren, um Sachen zu verkaufen oder einzutauschen für Lebensmittel.
Zuerst haben wir in einem Zimmer gewohnt, später in einer größeren Baracke zusammen mit zwei Familien, aber das hat uns nicht gestört. Faszinierend waren die berühmten Weißen Nächte im Sommer, die es am Ural gibt, da ist es taghell.
, Russia