Tag #131722 - Interview #78305 (Vladimir Baum)

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Natürlich fand ich sehr bald heraus, dass ich unter den Kommunisten ständig unter Verdacht war, weil ich in vielen Dingen andere Ansichten hatte, und weil ich aus einer bürgerlichen Familie stammte. Das war der Grund, warum ich in jedem Abschnitt meines Lebens im neuen Jugoslawien Schwierigkeiten hatte. Zwar war ich Mitglied der Kommunistischen Partei, aber ich entsprach nicht ihren Vorstellungen eines 'guten' Genossen.

Im Jahre 1949, als ich im Institut für Internationale Politik und Ökonomie arbeitete, lernte ich Wolfgang Leonhard [15] kennen, als er, nachdem der damalige jugoslawische Präsident Tito [16] den Bruch mit Moskau vollzogen hatte, aus der sowjetisch besetzten Zone Berlins über Jugoslawien in die Bundesrepublik Deutschland floh. Das war für mich eine sehr interessante Begegnung. Ich besitze sein Buch 'Die Revolution entlässt ihre Kinder' und schätze Wolfgang Leonhard bis heute.

Es fing mit meiner Sekretärin an. Sie war sehr nett. Sie war Jüdin, hieß Eva Biro, geb. Rosenfeld, und war in einem Lager, das die Russen befreit hatten, von diesen vergewaltigt worden, als sie ihre jüngere Schwester zu schützen versuchte. Als diese Sekretärin ein paar Nylonstrümpfe von einem ausländischen Journalisten geschenkt bekommen hatte, wurde mir vorgeworfen, weder dagegen protestiert noch sie angezeigt zu haben. So fing das an! Und dann schützte ich einen Kollegen, weil er einen Russen in der Nacht erschossen hatte, als der eine Frau angriff. Das vertuschte ich. Nach einer gewissen Zeit war ich denen im Ministerium suspekt: Er spricht zu viele Sprachen, er hat Kontakte mit dem Westen, er ist nicht genügend wachsam!
Period
Location

Serbien

Interview
Vladimir Baum