Tag #133076 - Interview #78548 (Emilia Ratz)

Selected text
Wir gingen die ganze Nacht. In der Früh kamen wir in ein Städtchen, das heißt Przemyslany [heute: Ukraine]. In diesem Ort wollten wir uns ausruhen. Ich klopfte an das erste Häuschen. Das war ein Schuster, und es waren wahnsinnig arme Leute. Das war eine Armut, die ich nicht kannte. Wir benahmen uns fast wie Okkupanten - wir brauchten Platz, um zu schlafen. Nach ein paar Stunden gingen wir in die Stadt und sahen einen Bus, um den wahnsinnig viele sowjetischen Parteiangestellte mit Sack und Pack standen. Wir hatten jeder einen Rucksack, und im Rucksack war fast nichts. Man kam nur in den Bus hinein, wenn man auf einer Liste stand. Der Bus sollte nach Kiew fahren. Auf normale Weise hatten wir überhaupt keine Chance mitzufahren. Aber wir waren jung und stark, und Gewalt rettete uns. Wir haben die anderen gestoßen und uns vorgedrängelt, um in den Bus zu kommen. Während der Fahrt hörten wir keine Bomben, es war Ruhe. Als wir in eine Stadt kurz vor Tarnopol [heute: Ukraine] kamen, war ein schrecklicher Bombenangriff. Vom Wald schoss man pausenlos auf die russischen Truppen, das waren die Ukrainer.
Period
Year
1939
Location

Polen

Interview
Emilia Ratz