Tag #115311 - Interview #83050 (Erna Wodak)

Selected text
eit 1974 bin ich Witwe.
Als wir aus Moskau zurückkamen und mein Mann Generalsekretär im Außenamt wurde, begann ich wieder zu arbeiten.

Ich bearbeitete beim Karl Kahane [4], der eine Gesellschaft und einen Betrieb, die „Jungbunzlauer“, hatte, die Zitronensäure herstellten, Patente und Literatur. Das Büro war ganz in der Nähe meiner Wohnung, am Schwarzenbergplatz.

Als mein Mann gestorben war, kam der Kahane auf die Idee, daß ich, die den Weizmann aus London kannte, die Freunde des Weizmann Institute of Science Rehovot, Israel übernehmen sollte. Der Sekretär vom Weizmann lebte in Zürich und war bestrebt, viele solche Gesellschaften ins Leben zu rufen, Professoren verschiedenen Länder tauschten wissenschaftliche Erfahrungen aus. 1976 wurde ich Gründungsmitglied und Generalsekretärin der Österreichischen Gesellschaft der Freunde des Weizmann Institute of Science, Rehovot, Israel. Als Karl Kahane starb, habe ich weitergearbeitet, bis zu meinem 82. Geburtstag. Durch meine Arbeit für die „Österreichischen Freunde des Weizmann Instituts“ war ich sehr oft, sicher zwei Mal im Jahr, in Israel. Es hat mir dort immer sehr gefallen, aber leben hätte ich dort nicht wollen.

Dann fand ich einen Nachfolger, der viel jünger war als ich, der mit dem Computer und mit dem Internet arbeiten konnte, da trat ich zurück. Ich bin jetzt Ehrenpräsidentin.

Alle sind gestorben, meine Mutter 1957 in New York, mein Bruder und meine Schwester starben auch in New York.
Ich war Anfang September 2002, also vor einem Monat in Amerika, weil meine Nichten und Neffen wollten, daß ich sie besuche. Mein Bruder hat zwei Töchter und zwei Söhne und meine Schwester hat einen Tochter. Ich wollte eigentlich nie mehr in die USA fliegen, aber meine Tochter hatte beschlossen, sie fliegt mit mir gemeinsam und das war eine große Zeremonie in New York. Es war sehr schön, mit der Familie zusammen zu sein.

Die Eltern meines Mannes waren sehr fromm, und er war, solange seine Eltern lebten auch fromm, aber sobald sie gestorben waren, war es aus. Er war ein großer Sozialist und das paßte nicht so gut zusammen.
Meine Religion hat gelitten. Ich bin Mitglied in der Kultusgemeinde, war aber nach dem Krieg nur noch selten im Tempel.

Ich hatte immer ein schlechtes Gewissen den vielen Ermordeten gegenüber, daß ich so durchgekommen bin.

Mein Mann und ich hatten beschlossen, als unsere Tochter geboren wurde, ihr das zu ersparen, was uns als Juden angetan wurde. Deshalb hatten wir sie als religionslos eintragen lassen. Aber das hat nichts bewirkt, meine Tochter bekannte sich eigentlich immer zum Judentum, und ich bin sehr stolz darauf, ich bin sehr froh.
Ich bin auch sehr froh, daß mein Enkel, er hat im Frühjahr maturiert und studiert jetzt in Amerika, überlegt, zum Judentum überzutreten.
Period
Interview
Erna Wodak