Tag #115624 - Interview #78568 (Aron Neuman)

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Mein Vater betete täglich. Es gab keine Synagoge in Sendzishow. Jeden Samstag musste ich mit dem Vater zum Bethaus gehen. Das Bethaus war im Wohnzimmer eines Juden. Jeden Morgen legte er die Tefillin [5]. So lange ich zu Hause war, musste ich das auch tun, obwohl ich nicht wollte. Und ich musste bei einem Religionslehrer lernen - ein halbes Jahr, eine Stunde täglich - aber das wollte ich auch nicht. Ich bin oft weggelaufen. Jeden Freitag zum Schabbat zündete meine Mutter Lichter und meine Eltern beteten. Die ganze Familie saß dann zusammen, solange wir zusammen waren. Koscher [6] konnten wir einkaufen - ohne Probleme, denn es gab einen jüdischer Metzger, der schlachtete das Vieh. Manchmal musste ich mit dem Fahrrad geschlachtete Hühnern oder Puten holen. Wir hatten Geschirr für Milchiges und Geschirr für Fleischiges. Meine Mutter war eine sehr gute Köchin. Vater war in dieser Hinsicht sehr einfach, für ihn war alles gut; er klagte nie. Wenn Mama etwas nicht so gut gelungen war, aß er alles auf und sagte: ‚Kinder, aufessen! Mama hat das gekocht, sie ist eine gute Köchin.’ Das war eine gute Ehe, sehr gut eigentlich. Hände haltend sind sie in den Viehwaggon nach Treblinka gestiegen. Das weiß ich, weil ein Augenzeuge es mir in Israel erzählt hat.
Interview
Aron Neuman