Tag #116346 - Interview #78548 (Emilia Ratz)

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Ich meldete mich mit zwei Freundinnen freiwillig zur Armee, wir wollten gegen Hitler kämpfen, aber man wollte uns nicht nehmen, weil wir keine Ausbildung hatten. Da erzählten wir, wir hätten in der Schule so ein Fach gehabt, da wäre man als Kriegsvorbereitung zur Krankenschwester ausgebildet worden. Daraufhin wurden wir als Hilfskrankenschwestern aufgenommen. Im Gebäude der Uni war ein Lazarett eingerichtet, aber es gab noch keine Verletzten.

Martin hatte einen Onkel und eine Tante, die eine Tochter hatten, in Lemberg. Zu denen ging er nach der Prüfung, um gut zu Essen. Er saß also an dem Tag, als die Deutschen Lemberg überfielen, bei seiner Tante und aß. Sie hatte ihm eine Eierspeise gemacht, plötzlich kam der Onkel und sagte: ‚Was machst du hier?’ Stolz sagte Martin: ‚Ich habe meine Prüfung bestanden!’
‚Du bist verrückt, die ganze Stadt flieht. Geh sofort ins Heim, hole deine Sachen und verschwinde!’ Die Familie in Lemberg überlebte den Holocaust nicht.

Ich wiederum fühlte mich mobilisiert. Meine Freundin und ich arbeiteten sehr fleißig: Wir schleppten Betten und Matratzen, dann schickte man mich in ein Krankenhaus Medikamente holen. Ich ging durch die Stadt, die evakuiert wurde und sah nichts. Ich war so mit meiner Mission beschäftigt, dass ich nicht sah, was um mich herum geschah. Stolz brachte ich die Medikamente, und am Abend dieses Tages, die Stadt war ruhig, man hörte von weitem Artillerie, sagte ich zu meinen zwei Freundinnen: ‚Wisst ihr was, ich fühle mich wie in Warschau, bevor man Warschau aufgegeben hat.’ Mit uns war ein Mädchen, die als Heldin im Kampf um Warschau am Ende des Krieges fiel. Sie war zwei Jahre älter als ich, und sie war päpstlicher als der Papst. Sie beschimpfte mich, dass ich eine Defätistin sei, wie könne ich so etwas sagen.
Interview
Emilia Ratz