Tag #116503 - Interview #78523 (Vera Stulberger)

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Ich habe dann die Prüfung abgelegt, dann ging ich nach Gyöngyös zurück, um in einem großen Frisörladen zu arbeiten. Dort habe ich bis zum Einmarsch der Deutschen gearbeitet, dann musste man schon den Stern tragen, da konnte man nicht mehr arbeiten, dann wurde in Gyöngyös das Getto gemacht, und da war alles vorbei.

Ich weiß nicht mehr, wie lange wir im Getto waren, sie kamen und requirierten, sie suchten immer etwas, man musste immer etwas abgeben. Und dann kamen sie einmal und sagten uns, was wir mitnehmen dürfen. Für die Beamten der Stadt hatten sie kleine Zweifamilienhäuser in einem Stadtviertel gebaut, diese ließen sie dann in die Häuser der Juden ziehen, und in diesem Stadtviertel war dann das Getto.

Ich war dem Antisemitismus eigentlich nie begegnet. Ich würde noch nicht einmal sagen, dass ich einen kennen würde, der judenfeindlich gesinnt war. Das kam auf einmal, als die Deutschen kamen. Es war dann so schlimm, dass man bei der Einfrachtung der hiesigen Polizei nicht vertraute, man ließ extra eine andere Polizei kommen. Der Polizeikapitän hieß Györkényi, aber wir nannten ihn Gyurcsik, denn Györkényi war ein ungarisierter Name. Ich weiß, dass man ihm nicht vertraute, weil er mit vielen Juden gut befreundet war.

Wir waren nicht lange im Getto, wir wohnten da zu siebent: mein Onkel, meine Tante Rózsi und ihr Mann Móric Darvas, meine ledige Tante, meine Schwester Edith und ich, und in der Küche schlief noch ein Fremder, der gehörte nicht zur Familie. Das Getto wurde im Mai 1944 geleert.
Period
Location

Gyöngyös
Hungary

Interview
Vera Stulberger
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