Tag #119777 - Interview #78282 (Otto Suschny)

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Ich habe mit einem Freund gemeinsam den Jahresurlaub verbracht, da sind wir ein paar Tage länger geblieben. Ich habe mich dann aber sofort zum Militär gemeldet. Das war Desertion, aber da ich jetzt beim Militär war, haben sie es nicht so ernst genommen.

Dreieinhalb Jahre war ich beim Militär, bei dem RASC, das ist die Royal Armee Service Corps. Ich habe auf 'Drei-Tonnen-Lastwagen' chauffieren gelernt. Zuerst hatten wir einen Trainingskurs. Im Kibbutz hatte ich Englischkurse belegt. Jeder von uns hatte dort etwas, von dem er glaubte, er könne es unterrichten. Ich unterrichtete Mathematik. Englisch habe ich mir selber beigebracht. Ich hatte ein englisches Buch, das mich sehr interessierte. Zuerst habe ich es mit einem Wörterbuch gelesen, und dann habe ich das Wörterbuch weggelegt und das Buch einfach weitergelesen. So habe ich mir Englisch beigebracht, was meiner Aussprache allerdings nicht besonders gut tat. Aber mein Wortschatz war groß. In Sarafend, in der Nähe von Tel Aviv, gab es wenige, die genügend englisch konnten. So bekam ich meinen ersten Streifen an der Uniform.

Von Sarafend wurden wir nach Taranto in Italien in ein RASC Transitcamp versetzt. Dort wurde ich zur 462. Kompanie eingeteilt, das war eine jüdische Kompanie, aber nicht die 'Jüdische Brigade'. Dort diente ich bis Ende des Krieges. Ich war gerade in Turin, als der Krieg in Europa aus war.

Die Soldaten schossen Leuchtmunition in die Luft geschossen und riefen: 'Der Krieg ist aus, wir haben den Krieg gewonnen!' Japan war noch im Krieg, aber mit Deutschland war es aus. Ich habe mich dann zum 'interpreters pool' gemeldet, weil ich nach Österreich wollte, um zu erfahren, was mit meinen Eltern ist. In Italien hatte ich ein bisschen italienisch gelernt. Aber ich konnte es nicht so gut, dass ich mit gutem Gewissen hätte sagen könne: ich kann's. Aber anscheinend genügte es - ich wurde Dolmetscher für Deutsch und Italienisch. Zunächst einmal war ich in Kärnten. Seit ich aus Italien weg war, war ich nicht mehr bei dieser jüdischen Einheit, sondern ständig bei englischen Einheiten; meistens als einziger Jude.

Dadurch, dass ich angegeben hatte, italienisch zu können, wurde ich nach Italien zurückgeschickt. Ich wurde nach Rom ins Kriegsverbrechergefängnis geschickt. Dort dolmetschte ich für die Administration. Das traf mich unangenehm, denn ich wollte in Österreich bleiben. Ich war inzwischen einmal in Wien und hatte festgestellt, dass meine Eltern nicht mehr da waren. Aber ich wollte in Österreich studieren. Dann, endlich, wurde ich nach Österreich versetzt.
Interview
Otto Suschny