Tag #130962 - Interview #83045 (Lucia Heilman)

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Mein Großvater wurde im Prater, im Fußballstadion, mit anderen Männern, nur Männer hat man damals abgeholt, interniert. Meine Mutter wurde verständigt, dass sie ihm etwas zum Anziehen bringen darf.

Was sie bringen durfte, war vorgeschrieben. In einem kleinen Köfferchen mit seinem Namen versehen, haben wir uns beim Stadion angestellt, um die Sachen abzugeben.

Während wir dort gestanden sind in der Reihe durften wir nicht sprechen und uns kaum bewegen. Wer dem zuwider gehandelt hat, wurde von den Ordnern, auch SS-Männer, gestoßen und geschlagen. Fürchterlich war das!

Das sind schreckliche Erlebnisse für ein Kind, wenn man sieht, wie die eigene Mutter von anderen geschlagen wird, dass man hilflos anderen Menschen ausgeliefert ist. Wir haben das Köfferchen für den Großvater abgegeben und wenig später wurden die Menschen vom Stadion abtransportiert in das KZ Buchenwald.

Meine Mutter und auch ich haben gewusst, die Menschen werden ermordet und ich behaupte, auch alle anderen Wiener haben das geahnt und gehofft, dass diese Menschen, die man da abtransportierte, niemals wieder zurück kommen.

Vielleicht nicht gleich zu Beginn haben sie es gewusst, aber ab 1941, als die Transporte begonnen haben, haben alle Menschen gewusst, man fährt in den Tod.
Period
Location

Vienna
Austria

Interview
Lucia Heilman