Tag #142463 - Interview #78302 (Hannah Fischer)

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Mein Vater hatte in der Nähe des Aspanger Flughafens - dieser Flughafen existierte seit 1912 - ein Grundstück gekauft und bearbeitet. Er hatte es dort gekauft, weil es billig war. Jedes Wochenende fuhren wir also von der einen auf die andere Seite Wiens, nach Eßling, - das war eine lange Fahrt.

Allerdings mussten wir am Schwedenplatz umsteigen, da gab es schon damals das herrliche Eisgeschäft, das es auch heute noch gibt. Wir bekamen jedes Mal ein Eis um zehn Groschen. Ende März 1938 wurde mein Vater verhaftet. Der Nachbar des Grundstückes in Eßling war ein Nazi, das wussten wir. Und dieser Nachbar wollte unser Grundstück haben.

Mein Vater wurde also vorgeladen und aufgefordert, zu unterschreiben, dass er das Grundstück dem Nachbarn übergibt. Mein Vater verweigerte seine Unterschrift mit dem Argument, er hätte das Grundstück gekauft, sei im Grundbuch eingetragen und sähe keine Ursache, es dem Nachbarn zu übergeben.

Er glaubte, als alter Frontkämpfer würde er von den Nazis selbstverständlich respektiert werden. Einen Dreck respektierten das die Nazis. Sie verhafteten und inhaftierten ihn im 20. Bezirk in einer Schule in der Karajangasse. Da wurden die Juden gesammelt und nach Dachau deportiert.

Mein Vater war auf dem so genannten 'Prominententransport' in das KZ Dachau am 1. April 1938. Unter den 150 Häftlingen befanden sich bekannte Politiker und Gegner des nationalsozialistischen Regimes: Christlichsoziale, Monarchisten, Sozialdemokraten, Kommunisten und etwa 50-60 Menschen jüdischer Religion oder Herkunft.
Period
Year
1938
Location

Wien
Austria

Interview
Hannah Fischer