Im Mai 1940 griff Deutschland auch Belgien an und der Opapa , die Omama und Onkel Ernst schafften es, aus Belgien zu flüchten und zu uns zu kommen.
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Főbb események (politikai és történelmi)
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- Csehszlovákia megszállása 1938 83
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- Görög polgárháború (1946-49) 12
- Thesszaloniki Nemzetközi Vásár 5
- Bukovina Romániához csatolása (1918) 7
- Észak-Bukovina csatolása a Szovjetunióhoz (1940) 19
- Lengyelország német megszállása (1939) 94
- Kisinyevi pogrom (1903) 7
- Besszarábia romániai annexiója (1918) 25
- A magyar uralom visszatérése Erdélybe (1940-1944) 43
- Besszarábia szovjet megszállása (1940) 59
- Második bécsi diktátum 27
- Észt függetlenségi háború 3
- Varsói felkelés 2
- A balti államok szovjet megszállása (1940) 147
- Osztrák lovagi háború (1934) 9
- Anschluss (1938) 71
- A Habsburg birodalom összeomlása 3
- Dollfuß-rendszer 3
- Kivándorlás Bécsbe a második világháború előtt 36
- Kolkhoz 131
- KuK - Königlich und Kaiserlich 40
- Bányászjárás 1
- A háború utáni szövetséges megszállás 7
- Waldheim ügy 5
- Trianoni békeszerződés 12
- NEP 56
- Orosz forradalom 351
- Ukrán éhínség (Holodomor) 199
- A Nagy tisztogatás 283
- Peresztrojka 233
- 1941. június 22. 468
- Molotov rádióbeszéde 115
- Győzelem napja 147
- Sztálin halála 365
- Hruscsov beszéde a 20. kongresszuson 148
- KGB 62
- NKVD 153
- Magyarország német megszállása (1944. március 18-19.) 45
- Józef Pilsudski (1935-ig) 33
- 1956-os forradalom 84
- Prágai Tavasz (1968) 73
- 1989-es rendszerváltás 174
- Gomulka kampány (1968) 81
-
Holokauszt
9685
- Holokauszt (általánosságban) 2789
- Koncentrációs tábor / munkatábor 1235
- Tömeges lövöldözési műveletek 337
- Gettó 1183
- Halál / megsemmisítő tábor 647
- Deportálás 1063
- Kényszermunka 791
- Repülés 1410
- Rejtőzködés 594
- Ellenállás 121
- 1941-es evakuálások 866
- Novemberpogrom / Kristályéjszaka 34
- Eleutherias tér 10
- Kasztner csoport 1
- Jászvásári pogrom és a halálvonat 21
- Sammelwohnungen 9
- Strohmann rendszer 11
- Struma hajó 17
- Élet a megszállás alatt 803
- Csillagos ház 72
- Védett ház 15
- Nyilaskeresztesek ("nyilasok") 42
- Dunába lőtt zsidók 6
- Kindertranszport 26
- Schutzpass / hamis papírok 95
- Varsói gettófelkelés (1943) 24
- Varsói felkelés (1944) 23
- Segítők 521
- Igazságos nemzsidók 269
- Hazatérés 1090
- Holokauszt-kárpótlás 112
- Visszatérítés 109
- Vagyon (vagyonvesztés) 595
- Szerettek elvesztése 1724
- Trauma 1029
- Beszélgetés a történtekről 1807
- Felszabadulás 558
- Katonaság 3322
- Politika 2640
-
Kommunizmus
4468
- Élet a Szovjetunióban/kommunizmus alatt (általánosságban) 2592
- Antikommunista ellenállás általában 63
- Államosítás a kommunizmus alatt 221
- Illegális kommunista mozgalmak 98
- Szisztematikus rombolások a kommunizmus alatt 45
- Kommunista ünnepek 311
- A kommunista uralommal kapcsolatos érzések 930
- Kollektivizáció 94
- Az állami rendőrséggel kapcsolatos tapasztalatok 349
- Börtön/kényszermunka a kommunista/szocialista uralom alatt 449
- Az emberi és állampolgári jogok hiánya vagy megsértése 483
- Élet a rendszerváltás után (1989) 493
- Izrael / Palesztina 2190
- Cionizmus 847
- Zsidó szervezetek 1200
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Erika Rosenkranz
Er mietete für meine Mutter und mich in der Dordogne, ein Haus mit einem großen Garten. Dort hatten wir Fisolen, Gurken, Tomaten und Pfirsiche. Die Mutti arbeitete im Garten, ich habe das Obst und Gemüse auf dem Markt verkauft. Nachdem wir keine Waage hatten, verkaufte ich die Pfirsiche Stückweise.
France
Zuerst blieben wir in San Remo und dann trafen wir uns mit meinem Vater und dem Opapa an der französischen Grenze in der Stadt Menton. Mein Vater und mein Opapa waren auf der einen Seite und meine Mutter, meine Omama, Onkel Ernst, Schufti und ich auf der italienischen Seite. Als es Abschied nehmen hieß, habe ich zu weinen begonnen. Ich war ja ein Kind, und für mich war es schrecklich, mich wieder vom Papa und Opapa trennen zu müssen. Der französische Zollbeamte konnte meine Tränen nicht ertragen und ließ mich und Schufti ohne gültige Papiere nach Frankreich einreisen. Zwischen Frankreich und Monaco gibt es keine richtige Grenze. Ich war dann mit meinem Papa und Opapa in Monte Carlo im Hotel, aber sie hatten keine Zeit für mich. Meine Mutter war immer viel strenger als der Papa, und es ging mir in dieser Zeit sehr gut. Da mein Opapa sehr viel mit dem belgischen Konsul in Monaco zu tun hatte, habe ich dessen Sohn kennen gelernt und hatte sofort einen Verehrer. Wir sind gemeinsam schwimmen gegangen, oder er lud mich zu einem Getränk oder ins Kino ein.
Nach 14 Tagen kamen meine Mutter, die Omama und der Onkel Ernst nach Monaco. Alle zusammen haben wir dann Monaco verlassen und gingen nach Cap d`Ail, einem kleinen Dorf, sehr nahe der Grenze zu Monaco, das aber schon in Frankreich liegt. Mein Großvater mietete eine Wohnung und meine Eltern lernten dort Papa Chardonneaux kennen, einen Mann, der im Bürgermeisteramt arbeitete und uns Aufenthaltsbewilligungen besorgte.
Nach 14 Tagen kamen meine Mutter, die Omama und der Onkel Ernst nach Monaco. Alle zusammen haben wir dann Monaco verlassen und gingen nach Cap d`Ail, einem kleinen Dorf, sehr nahe der Grenze zu Monaco, das aber schon in Frankreich liegt. Mein Großvater mietete eine Wohnung und meine Eltern lernten dort Papa Chardonneaux kennen, einen Mann, der im Bürgermeisteramt arbeitete und uns Aufenthaltsbewilligungen besorgte.
Monaco
Meine Mutter, Onkel Ernst und meine Omama warteten auf die Visa, die der Papa und der Opapa uns schicken wollten. Da unsere Pässe aber abgelaufen wären, wenn wir länger gewartet hätten, verließen die Omama, meine Mutter, der Onkel Ernst, der Hund Schufti und ich Wien am 5. Juni 1938 ohne die Visa. Das einzige Land, wohin man ohne Visum fahren konnte, es gab das 'J' für Jude noch nicht im Pass, war Italien. Und so fuhren wir von Wien nach San Remo. Ich weiß das noch ganz genau, unser Zug ging um 9.55 Uhr vom Südbahnhof.
, Italy
Jüdische Kinder durften nicht mehr in normale Schulen, sie mussten in 'Judenschulen'. Meine Schule befand sich im 6. Bezirk, in der Stumpergasse. Jeden Tag bin ich nun zu Fuß vom Michaelerplatz in die Stumpergasse gegangen, das ist ein weiter Weg.
Onkel Rudy, der jüngste Bruder meiner Mutter, war schon vor dem Einmarsch der Deutschen nach Frankreich gegangen. Er verspürte frühzeitig den Drang, sein Elternhaus zu verlassen. Mein Großvater reiste aus geschäftlichen Gründen vor meinem Vater nach Budapest. Danach hatte er noch geschäftlich in Prag zu tun. 'Papa, es ist nicht die Zeit zurückzukehren nach Wien, bitte komm nach Paris.' Das hat mein Vater zu meinem Opapa gesagt. Mein Opapa konnte es sich sogar leisten, von Prag mit dem Flugzeug nach Paris zu fliegen. Dort traf er ungefähr 14 Tage nach meinem Vater ein. Mein Opapa und mein Vater verstanden sich nicht sehr gut, aber das war in diesem Moment nicht wichtig. Beide stellten in Paris fest, das dort das Leben wegen der vielen Emigranten sehr schwer sein würde. Darum gingen sie gemeinsam nach Monaco.
Monaco
Drei Wochen nach dem Anschluss ist mein Vater nach Frankreich geflohen. Sein Pass war in Ordnung, und er hat ja sofort mit Hilfe seines Bruders ein französisches Einreisevisum bekommen. Für meine Mutter und mich war es schrecklich, als mein Vater weggefahren ist. Erstens, weil er wegfuhr, zweitens, weil er ohne uns wegfuhr und drittens, weil wir nicht wussten, wie es weitergehen sollte.
Die Mathematikprofessorin rief am nächsten Tag die Kinder zusammen und sagte zu ihnen, es wäre nicht ihre Sache, auf Juden loszugehen, das würden die Erwachsenen erledigen. Sie war schon vorher eine illegale Nazi [Anm.: Nationalsozialistin, in Österreich von 1933 bis 1938 verboten]. Die anderen jüdischen Mädchen kamen nicht mehr in die Schule, aber ich bin trotzdem weiter in meine Schule gegangen, bis ich nicht mehr durfte. Ich war in der ersten Klasse Gymnasium, elf Jahre alt, und es war schrecklich für mich.
Antisemitismus habe ich erst in dem Moment, als die Deutschen in Österreich einmarschierten erlebt. An dem Tag nach dem Einmarsch, hat mich meine Mutter von der Schule abgeholt. Da ging die ganze Klasse, das waren ungefähr 25 Mädchen, nach dem Unterricht auf mich los. Ich weiß nicht, wie es ausgegangen wäre, wenn meine Mutter mich nicht beschützt hätte.
,
1938
See text in interview
Ganz in der Nähe ihrer Wohnung, am Radetztkyplatz, hatte die Großmutter ihren Geflügelstand, wo sie gerupfte Hühner, Enten, Gänse und Gansleber verkauft hat. Sie war klein und dick, aber eine sehr starke Frau. Da sie nach dem frühen Tod ihres Mannes allein geblieben war, musste sie sehr hart arbeiten.
Meine Volksschule war in der Albertgasse, im 8. Bezirk. Ich war ein vielbeschäftigtes Kind, ging von einem Lernen zum anderen, und in der Schule sollte ich auch gut sein.
Ich bin ab der zweiten oder dritten Volksschule zur Hakoah [6] schwimmen gegangen und Eis laufen musste ich auch.
Meine Mutter konnte ein wenig Klavier spielen, aber mein Vater hat auf der Geige wie ein Zigeuner gespielt, ohne Noten, nur nach dem Gehör. Sein Lieblingsstück war der 'Csardas' von Monti. Es gab Perioden, da spielte er oft und Perioden, da spielte er weniger. Meine Eltern gingen auch gern ins Theater und in die Oper, aber das war eher selten. Und wenn sie ins Theater oder in die Oper gingen, dann war das ein großes Fest. Meine Mutter ließ sich unter Umständen sogar ein neues Kleid machen und ging zum Friseur. Auch ein Kinobesuch wurde geplant, das war eine Extraausgabe, denn sie hatten wenig Geld.
Als ich Anfang der 1950er-Jahre nach Wien kam, war jeder Österreicher in meinen Augen ein Nazi. Das verging nach einiger Zeit. Während der Waldheim- Affäre [8] fühlte ich mich sehr gut. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Ich lebe hier in einer Gegend mit sehr vielen Sozialisten. Die grüßten mich auf einmal sehr freundlich, weil sie sahen, Waldheim lügt und ich hatte gelitten.
Es gab immer wieder Zeiten, da habe ich geglaubt, hier in Österreich nicht leben zu können. Aber wohin hätte ich gehen sollen? Südfrankreich ist für mich so etwas wie eine Heimat, aber dort gibt es auch Antisemitismus, das ist nicht besser als in Österreich. Ich liebe Israel, aber dort ist es sehr gefährlich, immerzu gab es Kriege und die Auseinandersetzungen mit den Palästinensern hören nicht auf. Ich hab Frieden geschlossen, ich nehme es, wie es ist. Ich bin jetzt schon zu müde, um irgendwohin zu gehen. Außerdem will mein Mann, sofern es irgendwie geht, unbedingt in Wien bleiben.
Ich bin gläubig, aber nicht religiös. Mein Herrgott ist überall und immer mit mir, und er versteht jede Sprache, nicht nur hebräisch. Für mich sind das A und O die zehn Gebote und- meine Familie. Wenn der Herrgott mit mir zufrieden ist, verläuft mein Leben schön langsam und leise, so wie es gut für mich ist. Wenn er unzufrieden ist, dann zeigt er es mir auf irgendeine Art und Weise. Ich gehe in den Tempel, weil mein Mann dort im Chor singt. Mein Mann ist sehr bekannt, er arbeitet schon seit Jahrzehnten in der Gemeinde mit, er gründete 1989 das 'Jüdische Institut für Erwachsenenbildung', und ich helfe ihm gern bei der Arbeit für das Institut. Es ist ein Institut für Nichtjuden, die über Judentum etwas wissen wollen. Es gibt dort sehr viele Veranstaltungen und man kann Hebräisch und Jiddisch lernen.
Ich habe ein Buch über mein Leben geschrieben, das unter dem Titel 'Und ich fand es herrlich. Erinnerungen einer Vertriebenen', 2001 im Czernin Verlag erschien. Es ist ein absolut positives Buch. Viele, die das Buch gelesen haben sagen, ich hätte doch viel mitgemacht, aber ich empfand das nicht so. Ich hatte zu 90 Prozent meine Mutter bei mir und wenn sie nicht bei mir war, war es auch wirklich nicht gut. Ich wuchs nicht mit dem Schönsten, Besten und Neuestem auf. Wenn mein Magen voll war, war es egal, ob der voll war mit einem Steak und mit einem Stück Brot. Noch heute esse ich gerne ein Stück trockenes Brot und trinke dazu eine ganz gewöhnliche Tasse Tee, das ist für mich etwas Herrliches. Und so sehe ich das Ganze.
Es gab immer wieder Zeiten, da habe ich geglaubt, hier in Österreich nicht leben zu können. Aber wohin hätte ich gehen sollen? Südfrankreich ist für mich so etwas wie eine Heimat, aber dort gibt es auch Antisemitismus, das ist nicht besser als in Österreich. Ich liebe Israel, aber dort ist es sehr gefährlich, immerzu gab es Kriege und die Auseinandersetzungen mit den Palästinensern hören nicht auf. Ich hab Frieden geschlossen, ich nehme es, wie es ist. Ich bin jetzt schon zu müde, um irgendwohin zu gehen. Außerdem will mein Mann, sofern es irgendwie geht, unbedingt in Wien bleiben.
Ich bin gläubig, aber nicht religiös. Mein Herrgott ist überall und immer mit mir, und er versteht jede Sprache, nicht nur hebräisch. Für mich sind das A und O die zehn Gebote und- meine Familie. Wenn der Herrgott mit mir zufrieden ist, verläuft mein Leben schön langsam und leise, so wie es gut für mich ist. Wenn er unzufrieden ist, dann zeigt er es mir auf irgendeine Art und Weise. Ich gehe in den Tempel, weil mein Mann dort im Chor singt. Mein Mann ist sehr bekannt, er arbeitet schon seit Jahrzehnten in der Gemeinde mit, er gründete 1989 das 'Jüdische Institut für Erwachsenenbildung', und ich helfe ihm gern bei der Arbeit für das Institut. Es ist ein Institut für Nichtjuden, die über Judentum etwas wissen wollen. Es gibt dort sehr viele Veranstaltungen und man kann Hebräisch und Jiddisch lernen.
Ich habe ein Buch über mein Leben geschrieben, das unter dem Titel 'Und ich fand es herrlich. Erinnerungen einer Vertriebenen', 2001 im Czernin Verlag erschien. Es ist ein absolut positives Buch. Viele, die das Buch gelesen haben sagen, ich hätte doch viel mitgemacht, aber ich empfand das nicht so. Ich hatte zu 90 Prozent meine Mutter bei mir und wenn sie nicht bei mir war, war es auch wirklich nicht gut. Ich wuchs nicht mit dem Schönsten, Besten und Neuestem auf. Wenn mein Magen voll war, war es egal, ob der voll war mit einem Steak und mit einem Stück Brot. Noch heute esse ich gerne ein Stück trockenes Brot und trinke dazu eine ganz gewöhnliche Tasse Tee, das ist für mich etwas Herrliches. Und so sehe ich das Ganze.
Austria
Meine Eltern und ich hatten die Möglichkeit einander zu treffen, wollten aber wieder zusammen sein. Meine Mutter fand für mich einen Platz bei einer Familie in Ascona und ich musste dort die Wohnung sauber halten und das Kind betreuen. Eigentlich sollte ich von der Familie betreut werden. Meine Mutter kam mich jede Woche besuchen. Dadurch überstand ich auch das und dann kam ich in das Arbeitslager nach Brissago. Diese Arbeitslager war eine Großwäscherei für fünf Männerlager. Die Internierten lebten in Zimmern und arbeiteten in der Wäscherei oder im Garten. Jeden Tag in der Früh, frisierte ich die Lagerleiterin, ich hatte ja Friseuse gelernt und war sehr privilegiert.
Einen gemeinsamen Urlaub benutzten wir dazu, so wie wir in die Schweiz gekommen waren, nämlich über die Berge, wieder zu verschwinden. Das war im März 1945. Wir schlossen uns einer Gruppe Menschen an, die alle nach Frankreich wollten.
Meinem Opapa ging es sehr gut, er besaß eine zweite Villa und wir wurden von ihm und Onkel Ernst im Auto mit einem Chauffeur vom Bahnhof in Nizza abgeholt. Für uns hatte er ein Haus am Rocher [Anm.: Felsen] von Monaco gemietet.
Einen gemeinsamen Urlaub benutzten wir dazu, so wie wir in die Schweiz gekommen waren, nämlich über die Berge, wieder zu verschwinden. Das war im März 1945. Wir schlossen uns einer Gruppe Menschen an, die alle nach Frankreich wollten.
Meinem Opapa ging es sehr gut, er besaß eine zweite Villa und wir wurden von ihm und Onkel Ernst im Auto mit einem Chauffeur vom Bahnhof in Nizza abgeholt. Für uns hatte er ein Haus am Rocher [Anm.: Felsen] von Monaco gemietet.
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1945
See text in interview
Zuerst blieben wir in San Remo und dann trafen wir uns mit meinem Vater und dem Opapa an der französischen Grenze in der Stadt Menton. Mein Vater und mein Opapa waren auf der einen Seite und meine Mutter, meine Omama, Onkel Ernst, Schufti und ich auf der italienischen Seite. Als es Abschied nehmen hieß, habe ich zu weinen begonnen. Ich war ja ein Kind, und für mich war es schrecklich, mich wieder vom Papa und Opapa trennen zu müssen. Der französische Zollbeamte konnte meine Tränen nicht ertragen und ließ mich und Schufti ohne gültige Papiere nach Frankreich einreisen. Zwischen Frankreich und Monaco gibt es keine richtige Grenze. Ich war dann mit meinem Papa und Opapa in Monte Carlo im Hotel, aber sie hatten keine Zeit für mich. Meine Mutter war immer viel strenger als der Papa, und es ging mir in dieser Zeit sehr gut. Da mein Opapa sehr viel mit dem belgischen Konsul in Monaco zu tun hatte, habe ich dessen Sohn kennen gelernt und hatte sofort einen Verehrer. Wir sind gemeinsam schwimmen gegangen, oder er lud mich zu einem Getränk oder ins Kino ein.
Nach 14 Tagen kamen meine Mutter, die Omama und der Onkel Ernst nach Monaco. Alle zusammen haben wir dann Monaco verlassen und gingen nach Cap d`Ail, einem kleinen Dorf, sehr nahe der Grenze zu Monaco, das aber schon in Frankreich liegt. Mein Großvater mietete eine Wohnung und meine Eltern lernten dort Papa Chardonneaux kennen, einen Mann, der im Bürgermeisteramt arbeitete und uns Aufenthaltsbewilligungen besorgte.
Es war September und ich ging in die Schule und lernte dort sehr schnell Französisch. Aber dann sind meine Großeltern und Onkel Ernst geschäftlich nach Belgien gefahren. Mein Vater ist auch weggefahren, nach Paris, um sich um seine Mutter und um seine Geschwister zu kümmern, die in Paris waren und um auch für uns eine Existenz dort aufzubauen.
Als dann meine Mutter hinterher fuhr, ging das nicht gut. Es war schrecklich! Meine Mutter hatte Probleme mit der Familie meines Vaters und es gab keine Arbeitsbewilligungen, weil die Flüchtlinge in Frankreich wie Touristen behandelt wurden. Bald hatten wir kein Geld mehr. Mein Opapa kam nach Paris und versprach uns wie immer finanzielle Hilfe. Meine Mutter wollte nicht mehr in Paris bleiben, und wir zwei fuhren nach Cap d`Ail zurück.
Einige Tage später begann der 2. Weltkrieg. Meine Mutter und ich waren in Cap d'Ail sowohl von meinem Vater, als auch von den Großeltern abgeschnitten. Das Geld ging zur Neige und meine Mutter war sehr verzweifelt. Nur durch die großzügige Hilfe von Papa Chardonneaux hatten wir wieder ein Auskommen. Er mietete für meine Mutter und mich in der Dordogne, ein Haus mit einem großen Garten. Dort hatten wir Fisolen, Gurken, Tomaten und Pfirsiche. Die Mutti arbeitete im Garten, ich habe das Obst und Gemüse auf dem Markt verkauft. Nachdem wir keine Waage hatten, verkaufte ich die Pfirsiche Stückweise.
Nach kurzer Zeit kam Marianne Fuchs aus Wien. Sie war die damalige Braut und spätere Frau von Onkel Rudy. Dann kam auch Onkel Rudy, aber das Haus war sehr klein und bald gab es Streitereien, woraufhin die zwei uns wieder verließen.
Ich stellte keine Ansprüche, ich hatte immer einen vollen Magen und was ich bekam, war gut. Das Wichtigste für mich während dieser ganzen Zeit war; ich war fast immer mit meiner Mutter zusammen. Ich weiß nicht, wie meine Mutter es schaffte, aber wir fristeten unser Leben dort.
Im Mai 1940 griff Deutschland auch Belgien an und der Opapa , die Omama und Onkel Ernst schafften es, aus Belgien zu flüchten und zu uns zu kommen. Meine Omama wollte nicht in so einem Haus wohnen wie wir, denn wir hatten ja nicht einmal Fließwasser, sondern nur einen Brunnen vor dem Tor. Mein Opapa mietete ein großes Haus mit einem eigenen Flughafen, auf dem viele Schwammerln [Pilze] wuchsen. Die kochten und davon lebten wir. Dann kam die Zeit der Weinlese, und wir konnten den Weinbauern helfen und bekamen ein wenig Geld dafür. In dieser Zeit bin ich jeden Tag fünf Kilometer zur Schule hin und fünf Kilometer zurückgegangen. Ich habe gemeinsam mit Bauernkindern gelernt, die auch alle arm waren. Mittags hat es in der Schule eine Suppe und ein Stück Brot gegeben, nachmittags habe ich manchmal in einem Gashaus Gemüse putzen dürfen und dafür eine ordentliche Mahlzeit bekommen.
Meine Mutter und ich sind wieder einige Zeit zur Familie Chardonneaux gezogen. Dort bin ich wieder in meine alte Schule gegangen, bin jeden Tag im Meer geschwommen und war sehr glücklich. Aber meine Mutter und mein Vater, der aus Paris zu uns gekommen ist, haben beschlossen, dass wir uns in Nizza ansiedeln. Da wir sehr wenig Geld hatten, mieteten wir uns in Nizza eine schlechte Wohnung. In der neuen Schule hat es mir nicht gefallen. Mein Vater hatte keine Arbeitsbewilligung Papa Chardonneaux half uns wieder. Wir verließen die Wohnung in Nizza, zogen alle zu ihm und dann borgte er uns Geld, damit wir in Nizza eine vernünftige Wohnung mieten konnten.
Nach 14 Tagen kamen meine Mutter, die Omama und der Onkel Ernst nach Monaco. Alle zusammen haben wir dann Monaco verlassen und gingen nach Cap d`Ail, einem kleinen Dorf, sehr nahe der Grenze zu Monaco, das aber schon in Frankreich liegt. Mein Großvater mietete eine Wohnung und meine Eltern lernten dort Papa Chardonneaux kennen, einen Mann, der im Bürgermeisteramt arbeitete und uns Aufenthaltsbewilligungen besorgte.
Es war September und ich ging in die Schule und lernte dort sehr schnell Französisch. Aber dann sind meine Großeltern und Onkel Ernst geschäftlich nach Belgien gefahren. Mein Vater ist auch weggefahren, nach Paris, um sich um seine Mutter und um seine Geschwister zu kümmern, die in Paris waren und um auch für uns eine Existenz dort aufzubauen.
Als dann meine Mutter hinterher fuhr, ging das nicht gut. Es war schrecklich! Meine Mutter hatte Probleme mit der Familie meines Vaters und es gab keine Arbeitsbewilligungen, weil die Flüchtlinge in Frankreich wie Touristen behandelt wurden. Bald hatten wir kein Geld mehr. Mein Opapa kam nach Paris und versprach uns wie immer finanzielle Hilfe. Meine Mutter wollte nicht mehr in Paris bleiben, und wir zwei fuhren nach Cap d`Ail zurück.
Einige Tage später begann der 2. Weltkrieg. Meine Mutter und ich waren in Cap d'Ail sowohl von meinem Vater, als auch von den Großeltern abgeschnitten. Das Geld ging zur Neige und meine Mutter war sehr verzweifelt. Nur durch die großzügige Hilfe von Papa Chardonneaux hatten wir wieder ein Auskommen. Er mietete für meine Mutter und mich in der Dordogne, ein Haus mit einem großen Garten. Dort hatten wir Fisolen, Gurken, Tomaten und Pfirsiche. Die Mutti arbeitete im Garten, ich habe das Obst und Gemüse auf dem Markt verkauft. Nachdem wir keine Waage hatten, verkaufte ich die Pfirsiche Stückweise.
Nach kurzer Zeit kam Marianne Fuchs aus Wien. Sie war die damalige Braut und spätere Frau von Onkel Rudy. Dann kam auch Onkel Rudy, aber das Haus war sehr klein und bald gab es Streitereien, woraufhin die zwei uns wieder verließen.
Ich stellte keine Ansprüche, ich hatte immer einen vollen Magen und was ich bekam, war gut. Das Wichtigste für mich während dieser ganzen Zeit war; ich war fast immer mit meiner Mutter zusammen. Ich weiß nicht, wie meine Mutter es schaffte, aber wir fristeten unser Leben dort.
Im Mai 1940 griff Deutschland auch Belgien an und der Opapa , die Omama und Onkel Ernst schafften es, aus Belgien zu flüchten und zu uns zu kommen. Meine Omama wollte nicht in so einem Haus wohnen wie wir, denn wir hatten ja nicht einmal Fließwasser, sondern nur einen Brunnen vor dem Tor. Mein Opapa mietete ein großes Haus mit einem eigenen Flughafen, auf dem viele Schwammerln [Pilze] wuchsen. Die kochten und davon lebten wir. Dann kam die Zeit der Weinlese, und wir konnten den Weinbauern helfen und bekamen ein wenig Geld dafür. In dieser Zeit bin ich jeden Tag fünf Kilometer zur Schule hin und fünf Kilometer zurückgegangen. Ich habe gemeinsam mit Bauernkindern gelernt, die auch alle arm waren. Mittags hat es in der Schule eine Suppe und ein Stück Brot gegeben, nachmittags habe ich manchmal in einem Gashaus Gemüse putzen dürfen und dafür eine ordentliche Mahlzeit bekommen.
Meine Mutter und ich sind wieder einige Zeit zur Familie Chardonneaux gezogen. Dort bin ich wieder in meine alte Schule gegangen, bin jeden Tag im Meer geschwommen und war sehr glücklich. Aber meine Mutter und mein Vater, der aus Paris zu uns gekommen ist, haben beschlossen, dass wir uns in Nizza ansiedeln. Da wir sehr wenig Geld hatten, mieteten wir uns in Nizza eine schlechte Wohnung. In der neuen Schule hat es mir nicht gefallen. Mein Vater hatte keine Arbeitsbewilligung Papa Chardonneaux half uns wieder. Wir verließen die Wohnung in Nizza, zogen alle zu ihm und dann borgte er uns Geld, damit wir in Nizza eine vernünftige Wohnung mieten konnten.
Meine Großmutter väterlicherseits hat im 3. Bezirk, in der Löwengasse 11 gewohnt. Sie hatte eine kleine 1 ½ Zimmer Wohnung, bei der sich die Toilette am Gang war. Wenn wir sie besucht haben, hat sie immer auf einem Fauteuil neben dem Ofen gesessen. Ganz in der Nähe ihrer Wohnung, am Radetztkyplatz, hatte die Großmutter ihren Geflügelstand, wo sie gerupfte Hühner, Enten, Gänse und Gansleber verkauft hat. Sie war klein und dick, aber eine sehr starke Frau. Da sie nach dem frühen Tod ihres Mannes allein geblieben war, musste sie sehr hart arbeiten. In Mauer bei Wien hat meine Großmutter im Sommer manchmal eine Wohnung gemietet und fuhr dahin auf Sommerfrische. Damals ist man ja nicht auf Urlaub wie heute gefahren. Man hat sich einfach eine Wohnung in einer schönen Umgebung gemietet. Das war billiger, und die ganze Familie konnte davon profitieren, weil man zu Besuch kommen konnte. Auch wir haben die Großmutter in Mauer besucht, und ich glaube, wir waren manchmal sogar einige Tage bei ihr. Sie hatte ein sehr schweres Leben, es ging immer um die Existenz. Sobald mein Vater und seine Geschwister erwachsen waren, hatten sie es nicht sehr gern, dass ihre Mutter am Geflügelstand eine so schwere Arbeit machen muss. Aber ihr hat die Arbeit auch Vergnügen bereitet. Sie hat gern mit Leuten gesprochen, und sie konnte sehr gut Geflügel einkaufen. Ich schäme mich jedenfalls nicht, von einer Ganslerin abzustammen. Ganz im Gegensatz dazu die Omama mütterlicherseits, die es sich leisten konnte, auf viele Formalitäten zu achten.
Max Tauber
Mein Vater ist in die ganz normale Dorfschule gegangen, durfte aber samstags nicht schreiben. Mit dreizehn Jahren feierte er seine Bar Mitzwa [6], bekam Tallit [7] und Tefillin [8] und als er die Schule mit 14 Jahren, am 1. Juli 1905 abgeschlossen hatte, hat ihm mein Urgroßvater in ein Pinkel seine Habe eingepackt und am 2. Juli zu ihm gesagt: 'Jetzt gehst du nach Wien und suchst dir eine Lehrstelle. Ich brauch keine unnötigen Esser im Haus.
In Wien gab es eine jüdische Organisation, die junge jüdische Burschen vermittelt hat, und mein Vater kam zu einem Sattler - Pferdegeschirre waren damals noch sehr gefragt. Damals wurde ein Lehrbursch praktisch in die Familie integriert. Der Lehrherr war verpflichtet, für den Lehrling komplett zu sorgen. Der Sattler hat meinen Vater am ersten Tag unterwiesen, was er lernen muss, was er zu arbeiten hat. Nachts hat er mit anderen Gesellen in einem Bett - das war ein bisserl ein breiteres Bett - schlafen müssen. Am Abend hat er sich niedergelegt und nach ein paar Stunden fühlte er ein Krabbeln und ein Beißen, da war er übersät mit Wanzen. Um diese Zeit war das üblich in Wien, in vielen Wohnungen gab es Wanzen. Nach der zweiten Nacht, die nicht besser als die erste war, ist er auf und davon und zurück nach Weikendorf gefahren. Zur Begrüßung hat er erst einmal eine Watschen von seinem Großvater gekriegt: 'Willst im Hotel Sacher wohnen' hat er zu ihm gesagt. Dann hat mein Vater dem Großvater erzählt, dass er samstags bis zum Mittag arbeiten musste und kein koscheres Essen bekam, aber das hat den Großvater nicht interessiert. Er hat gesagt: 'Herrendienst geht vor Gottesdienst.' Nach einigen Tagen ist mein Vater wieder nach Wien gefahren und hat eine Schuhfabrik gefunden, in der ungefähr zwanzig Arbeiter angestellt waren. Der Besitzer der Schuhfabrik war ein ungarischer Jude, der Emanuel Deutsch hieß. Der hat ihn aufgenommen. Herr Deutsch war die Fortsetzung vom Urgroßvater: zur Begrüßung hat mein Vater eine Watschen bekommen. Der Herr Deutsch war kinderlos, gut situiert, aber er hätte sich nie keinen 14jährigen Buben ins Haus genommen. Mein Vater wurde bei einer Cousine meiner Großmutter als 'Bettgeher' - so hat das geheißen - einquartiert. Das bedeutet, er wurde verpflegt und hat am Abend kommen können, um dort zu schlafen - das war alles. Das Bett und die Kost hat der Herr Deutsch bezahlt. Nur an den christlichen Feiertagen, oder wenn er zufällig frei hatte, konnte mein Vater nach Hause fahren. Am Schabbat konnte er nie zu Hause sein, denn mein Urgroßvater hat akzeptiert, so religiös er auch war, dass mein Vater in Wien auch am Samstag arbeiten musste, aber wenn er gekommen wäre, hätte er nur zu Fuß kommen dürfen. Zu Hause, wenn mein Vater sich am Schabbat um G'ttes Willen nicht an alle religiösen Regeln gehalten hätte, wäre das für den Urgroßvater ein Kapitalverbrechen gewesen, aber in Wien spielte es keine Rolle. In dieser Zeit hat mein Vater begonnen, über die Verlogenheit der Religiosität nachzudenken.
In Wien gab es eine jüdische Organisation, die junge jüdische Burschen vermittelt hat, und mein Vater kam zu einem Sattler - Pferdegeschirre waren damals noch sehr gefragt. Damals wurde ein Lehrbursch praktisch in die Familie integriert. Der Lehrherr war verpflichtet, für den Lehrling komplett zu sorgen. Der Sattler hat meinen Vater am ersten Tag unterwiesen, was er lernen muss, was er zu arbeiten hat. Nachts hat er mit anderen Gesellen in einem Bett - das war ein bisserl ein breiteres Bett - schlafen müssen. Am Abend hat er sich niedergelegt und nach ein paar Stunden fühlte er ein Krabbeln und ein Beißen, da war er übersät mit Wanzen. Um diese Zeit war das üblich in Wien, in vielen Wohnungen gab es Wanzen. Nach der zweiten Nacht, die nicht besser als die erste war, ist er auf und davon und zurück nach Weikendorf gefahren. Zur Begrüßung hat er erst einmal eine Watschen von seinem Großvater gekriegt: 'Willst im Hotel Sacher wohnen' hat er zu ihm gesagt. Dann hat mein Vater dem Großvater erzählt, dass er samstags bis zum Mittag arbeiten musste und kein koscheres Essen bekam, aber das hat den Großvater nicht interessiert. Er hat gesagt: 'Herrendienst geht vor Gottesdienst.' Nach einigen Tagen ist mein Vater wieder nach Wien gefahren und hat eine Schuhfabrik gefunden, in der ungefähr zwanzig Arbeiter angestellt waren. Der Besitzer der Schuhfabrik war ein ungarischer Jude, der Emanuel Deutsch hieß. Der hat ihn aufgenommen. Herr Deutsch war die Fortsetzung vom Urgroßvater: zur Begrüßung hat mein Vater eine Watschen bekommen. Der Herr Deutsch war kinderlos, gut situiert, aber er hätte sich nie keinen 14jährigen Buben ins Haus genommen. Mein Vater wurde bei einer Cousine meiner Großmutter als 'Bettgeher' - so hat das geheißen - einquartiert. Das bedeutet, er wurde verpflegt und hat am Abend kommen können, um dort zu schlafen - das war alles. Das Bett und die Kost hat der Herr Deutsch bezahlt. Nur an den christlichen Feiertagen, oder wenn er zufällig frei hatte, konnte mein Vater nach Hause fahren. Am Schabbat konnte er nie zu Hause sein, denn mein Urgroßvater hat akzeptiert, so religiös er auch war, dass mein Vater in Wien auch am Samstag arbeiten musste, aber wenn er gekommen wäre, hätte er nur zu Fuß kommen dürfen. Zu Hause, wenn mein Vater sich am Schabbat um G'ttes Willen nicht an alle religiösen Regeln gehalten hätte, wäre das für den Urgroßvater ein Kapitalverbrechen gewesen, aber in Wien spielte es keine Rolle. In dieser Zeit hat mein Vater begonnen, über die Verlogenheit der Religiosität nachzudenken.
Mein Vater ist in die ganz normale Dorfschule gegangen, durfte aber samstags nicht schreiben. Mit dreizehn Jahren feierte er seine Bar Mitzwa [6], bekam Tallit [7] und Tefillin [8] und als er die Schule mit 14 Jahren, am 1. Juli 1905 abgeschlossen hatte, hat ihm mein Urgroßvater in ein Pinkel seine Habe eingepackt und am 2. Juli zu ihm gesagt: 'Jetzt gehst du nach Wien und suchst dir eine Lehrstelle. Ich brauch keine unnötigen Esser im Haus.
In Wien gab es eine jüdische Organisation, die junge jüdische Burschen vermittelt hat, und mein Vater kam zu einem Sattler - Pferdegeschirre waren damals noch sehr gefragt. Damals wurde ein Lehrbursch praktisch in die Familie integriert. Der Lehrherr war verpflichtet, für den Lehrling komplett zu sorgen. Der Sattler hat meinen Vater am ersten Tag unterwiesen, was er lernen muss, was er zu arbeiten hat. Nachts hat er mit anderen Gesellen in einem Bett - das war ein bisserl ein breiteres Bett - schlafen müssen. Am Abend hat er sich niedergelegt und nach ein paar Stunden fühlte er ein Krabbeln und ein Beißen, da war er übersät mit Wanzen. Um diese Zeit war das üblich in Wien, in vielen Wohnungen gab es Wanzen. Nach der zweiten Nacht, die nicht besser als die erste war, ist er auf und davon und zurück nach Weikendorf gefahren. Zur Begrüßung hat er erst einmal eine Watschen von seinem Großvater gekriegt: 'Willst im Hotel Sacher wohnen' hat er zu ihm gesagt. Dann hat mein Vater dem Großvater erzählt, dass er samstags bis zum Mittag arbeiten musste und kein koscheres Essen bekam, aber das hat den Großvater nicht interessiert. Er hat gesagt: 'Herrendienst geht vor Gottesdienst.' Nach einigen Tagen ist mein Vater wieder nach Wien gefahren und hat eine Schuhfabrik gefunden, in der ungefähr zwanzig Arbeiter angestellt waren. Der Besitzer der Schuhfabrik war ein ungarischer Jude, der Emanuel Deutsch hieß. Der hat ihn aufgenommen. Herr Deutsch war die Fortsetzung vom Urgroßvater: zur Begrüßung hat mein Vater eine Watschen bekommen. Der Herr Deutsch war kinderlos, gut situiert, aber er hätte sich nie keinen 14jährigen Buben ins Haus genommen. Mein Vater wurde bei einer Cousine meiner Großmutter als 'Bettgeher' - so hat das geheißen - einquartiert. Das bedeutet, er wurde verpflegt und hat am Abend kommen können, um dort zu schlafen - das war alles. Das Bett und die Kost hat der Herr Deutsch bezahlt. Nur an den christlichen Feiertagen, oder wenn er zufällig frei hatte, konnte mein Vater nach Hause fahren. Am Schabbat konnte er nie zu Hause sein, denn mein Urgroßvater hat akzeptiert, so religiös er auch war, dass mein Vater in Wien auch am Samstag arbeiten musste, aber wenn er gekommen wäre, hätte er nur zu Fuß kommen dürfen. Zu Hause, wenn mein Vater sich am Schabbat um G'ttes Willen nicht an alle religiösen Regeln gehalten hätte, wäre das für den Urgroßvater ein Kapitalverbrechen gewesen, aber in Wien spielte es keine Rolle. In dieser Zeit hat mein Vater begonnen, über die Verlogenheit der Religiosität nachzudenken.
Mein Vater hat seine Lehre als Schuhmacher gemacht, und im dritten Lehrjahr seinen Bruder Max auch dort hineingebracht. Max hat sofort verstanden sich zu integrieren, denn er war ja immer der Brave, der sich überall anpassen konnte, auch mit seinem Urgroßvater hatte er sich arrangieren können, und auch Herr Deutsch war von Max begeistert.
Als mein Vater siebzehn Jahre alt war, hat er die Lehre beendet. Er ist noch einige Zeit bei Herrn Deutsch geblieben, dann ging er als Geselle zu einer anderen Firma. Mit zwanzig Jahren verkehrte er nicht gerade in bester Gesellschaft, befand sich sozusagen am Rande der Kriminalität und beschloss, dass das kein guter Zustand war. Durch großes Glück hat er einen Posten beim Bierdepot Steiner in Gänserndorf bekommen. Das Bier kam aus der Schwechater Brauerei und ist in Holzfässern auf Pferdewagen transportiert und auf die Gasthäuser verteilt worden. Der Chef hat einen Stellvertreter gesucht, und mein Vater bekam diesen Posten trotz seiner Jugend. Mein Vater hat hauptsächlich die Kunden besucht und kassiert und Flaschenbier mit einem kleinen Wagen und einem Pferd transportiert. Mit der Bezahlung war es eher bescheiden, und mein Vater hat dann bemerkt, dass er quasi der Hausidiot ist, denn er musste die ganze Arbeit machen und der Chef hat das Leben genossen. Angeblich hat der Chef auch eine junge hübsche Frau gehabt, die um 15 Jahre jünger war als er. Die hatte Gefallen an meinem Vater gefunden, und nachdem es einen Riesenkrach gegeben hat, musste mein Vater den Posten aufgeben. Er fand in Wien keine Arbeit und so ist er zu seiner Halbschwester Malwine nach Biskupice [heute: Slowakei] gefahren, denn ihr Mann suchte jemanden, der ihm bei der Arbeit hilft.
In Wien gab es eine jüdische Organisation, die junge jüdische Burschen vermittelt hat, und mein Vater kam zu einem Sattler - Pferdegeschirre waren damals noch sehr gefragt. Damals wurde ein Lehrbursch praktisch in die Familie integriert. Der Lehrherr war verpflichtet, für den Lehrling komplett zu sorgen. Der Sattler hat meinen Vater am ersten Tag unterwiesen, was er lernen muss, was er zu arbeiten hat. Nachts hat er mit anderen Gesellen in einem Bett - das war ein bisserl ein breiteres Bett - schlafen müssen. Am Abend hat er sich niedergelegt und nach ein paar Stunden fühlte er ein Krabbeln und ein Beißen, da war er übersät mit Wanzen. Um diese Zeit war das üblich in Wien, in vielen Wohnungen gab es Wanzen. Nach der zweiten Nacht, die nicht besser als die erste war, ist er auf und davon und zurück nach Weikendorf gefahren. Zur Begrüßung hat er erst einmal eine Watschen von seinem Großvater gekriegt: 'Willst im Hotel Sacher wohnen' hat er zu ihm gesagt. Dann hat mein Vater dem Großvater erzählt, dass er samstags bis zum Mittag arbeiten musste und kein koscheres Essen bekam, aber das hat den Großvater nicht interessiert. Er hat gesagt: 'Herrendienst geht vor Gottesdienst.' Nach einigen Tagen ist mein Vater wieder nach Wien gefahren und hat eine Schuhfabrik gefunden, in der ungefähr zwanzig Arbeiter angestellt waren. Der Besitzer der Schuhfabrik war ein ungarischer Jude, der Emanuel Deutsch hieß. Der hat ihn aufgenommen. Herr Deutsch war die Fortsetzung vom Urgroßvater: zur Begrüßung hat mein Vater eine Watschen bekommen. Der Herr Deutsch war kinderlos, gut situiert, aber er hätte sich nie keinen 14jährigen Buben ins Haus genommen. Mein Vater wurde bei einer Cousine meiner Großmutter als 'Bettgeher' - so hat das geheißen - einquartiert. Das bedeutet, er wurde verpflegt und hat am Abend kommen können, um dort zu schlafen - das war alles. Das Bett und die Kost hat der Herr Deutsch bezahlt. Nur an den christlichen Feiertagen, oder wenn er zufällig frei hatte, konnte mein Vater nach Hause fahren. Am Schabbat konnte er nie zu Hause sein, denn mein Urgroßvater hat akzeptiert, so religiös er auch war, dass mein Vater in Wien auch am Samstag arbeiten musste, aber wenn er gekommen wäre, hätte er nur zu Fuß kommen dürfen. Zu Hause, wenn mein Vater sich am Schabbat um G'ttes Willen nicht an alle religiösen Regeln gehalten hätte, wäre das für den Urgroßvater ein Kapitalverbrechen gewesen, aber in Wien spielte es keine Rolle. In dieser Zeit hat mein Vater begonnen, über die Verlogenheit der Religiosität nachzudenken.
Mein Vater hat seine Lehre als Schuhmacher gemacht, und im dritten Lehrjahr seinen Bruder Max auch dort hineingebracht. Max hat sofort verstanden sich zu integrieren, denn er war ja immer der Brave, der sich überall anpassen konnte, auch mit seinem Urgroßvater hatte er sich arrangieren können, und auch Herr Deutsch war von Max begeistert.
Als mein Vater siebzehn Jahre alt war, hat er die Lehre beendet. Er ist noch einige Zeit bei Herrn Deutsch geblieben, dann ging er als Geselle zu einer anderen Firma. Mit zwanzig Jahren verkehrte er nicht gerade in bester Gesellschaft, befand sich sozusagen am Rande der Kriminalität und beschloss, dass das kein guter Zustand war. Durch großes Glück hat er einen Posten beim Bierdepot Steiner in Gänserndorf bekommen. Das Bier kam aus der Schwechater Brauerei und ist in Holzfässern auf Pferdewagen transportiert und auf die Gasthäuser verteilt worden. Der Chef hat einen Stellvertreter gesucht, und mein Vater bekam diesen Posten trotz seiner Jugend. Mein Vater hat hauptsächlich die Kunden besucht und kassiert und Flaschenbier mit einem kleinen Wagen und einem Pferd transportiert. Mit der Bezahlung war es eher bescheiden, und mein Vater hat dann bemerkt, dass er quasi der Hausidiot ist, denn er musste die ganze Arbeit machen und der Chef hat das Leben genossen. Angeblich hat der Chef auch eine junge hübsche Frau gehabt, die um 15 Jahre jünger war als er. Die hatte Gefallen an meinem Vater gefunden, und nachdem es einen Riesenkrach gegeben hat, musste mein Vater den Posten aufgeben. Er fand in Wien keine Arbeit und so ist er zu seiner Halbschwester Malwine nach Biskupice [heute: Slowakei] gefahren, denn ihr Mann suchte jemanden, der ihm bei der Arbeit hilft.
Mein Vater ist in die ganz normale Dorfschule gegangen, durfte aber samstags nicht schreiben. Mit dreizehn Jahren feierte er seine Bar Mitzwa [6], bekam Tallit [7] und Tefillin [8] und als er die Schule mit 14 Jahren, am 1. Juli 1905 abgeschlossen hatte, hat ihm mein Urgroßvater in ein Pinkel seine Habe eingepackt und am 2. Juli zu ihm gesagt: 'Jetzt gehst du nach Wien und suchst dir eine Lehrstelle. Ich brauch keine unnötigen Esser im Haus.
Nun war meine Großmutter das zweite Mal Witwe. Sie war noch nicht sehr alt, aber auf eine dritte Ehe hat sie sich nicht mehr eingelassen und hat weiterhin mit ihren Eltern in Weikendorf gelebt. Meine Großmutter hat die gesamte Hauswirtschaft mit ihrer Mutter zusammen geführt, und mein Urgroßvater ist nach wie vor seinen Geschäften nachgegangen und hat die Erziehung meines Vaters und seines Bruders Max übernommen. Mein Vater und sein Bruder haben einmal oder zweimal die Woche nach Gänserndorf fahren müssen, denn dort war eine große jüdische Gemeinde und auch ein jüdischer Lehrer, der sie unterrichtet hat in den religiösen Sachen. Und alles andere hat mein Urgroßvater ihnen beigebracht, wie schon seinen Söhnen. Alles wurde eingehalten, sie haben sehr religiös gelebt.
Meine Großmutter ist in Weikendorf aufgewachsen. Man hat sie relativ jung verheiratet, was in jüdischen Familien eine Selbstverständlichkeit war. Da hat es nicht viele andere Möglichkeiten gegeben für eine junge Frau - sie musste verheiratet werden. Meine Großmutter wurde mit einem wesentlich älteren Mann, einem Witwer, verheiratet, der Deutsch hieß. Ich glaube, dass sie zusammen in Wien gewohnt haben. Das Kind aus dieser Ehe ist die Malwine Deutsch, das ist die Halbschwester meines Vaters. Der Herr Deutsch ist, kurz nachdem Malwine geboren wurde, gestorben. Und jetzt stand meine Großmutter als blutjunge Witwe mit einem Kind allein da. Sie ist zu ihren Eltern nach Weikendorf zurückgegangen und hat ihre Tochter Malwine, die war ungefähr ein bis zwei Jahre alt, bei Verwandten in Wien praktisch in die Kost gegeben, um unbelastet zu sein und eine neue Ehe einzugehen. Das heißt, sie hat ihr Kind weggegeben, aber ich nehme an, sie wird sie öfters besucht haben. Malwine ist bei den Verwandten aufgewachsen, ist in Wien in die Schule gegangen und hat sogar das Gymnasium besucht.
Meine Großmutter war ja nun Witwe und in einer streng orthodoxen Familie ist es kein Zustand unverheiratet zu sein, da musste etwas geschehen. Der Urgroßvater hat einen jungen Mann ausfindig gemacht, der in der Nähe von Bratislava gelebt hat. Auf Deutsch hat der Ort Jakobsdorf geheißen und gehörte zu Ungarn, weil die Slowakei damals zu Ungarn gehörte. Dieser junge Mann, Julius Tauber, mein Großvater, hatte eine koschere Fleischhauerei und soll ein sehr fescher Mann gewesen sein. Wahrscheinlich hat mein Urgroßvater einiges investieren müssen, dass der Julius Tauber meine Großmutter geheiratet hat. Die Großmutter ist nach der Hochzeit zu ihm nach Jakobsdorf gezogen. Zuerst wurde mein Vater Moritz und zwei Jahre später sein Bruder Max geboren. Mein Vater wurde am 5. Mai 1891 geboren und 1893, ich glaube im August, sein Bruder Max. Die Ehe meiner Großeltern war aber alles andere als harmonisch. Ich kann mich da nur auf das verlassen, was ich von meinem Vater und von meiner Großmutter erfahren habe. Es hat sehr große Konflikte gegeben, denn anscheinend war der Großvater nicht so orthodox wie die Großmutter, die ja streng orthodox erzogen worden war. Der Großvater ist sogar mit den Bauern aus Jakobsdorf ins Wirtshaus gegangen. Vielleicht ist er am Schabbes [5] zu spät heimgekommen, und sie stand schon beim Licht benschen - ich denke, es waren solche Sachen. Ich habe versucht, genauer zu recherchieren, bin aber auf ziemlich taube Ohren gestoßen. Sowohl meine Großmutter wie mein Vater haben sich darüber nicht ausführlich geäußert. Jedenfalls ist es irgendwie zu einem großen Konflikt gekommen, und meine Großmutter hat die Kinder genommen, mein Vater war ungefähr vier Jahre alt und der Onkel Max war zwei Jahre alt, hat meinen Großvater verlassen und ist wieder nach Weikendorf zu ihren Eltern gezogen. Daraufhin ist mein Großvater nach Amerika ausgewandert, das muss so um 1895 gewesen sein. Er hat in New York, in Brooklyn, mit einem Fleischhauer ein Geschäft eröffnet. Einige Jahre später ist er zurück zur Großmutter gekommen, denn das Geschäft ging gut, und er wollte die Familie - seine Frau und seine Söhne - mit nach New York nehmen. Die Brüder meiner Großmutter, der Hermann und der Adolf waren sehr empört darüber und haben meiner Großmutter versprochen, dass sie sich um sie und ihre Kinder kümmern werden, aber sie soll sich endgültig von diesem Mann trennen; der wäre ein Übel für die Familie. Die Brüder meiner Großmutter hatten sogar deshalb mit ihrem Vater einen riesigen Krach. Ich weiß nicht, ob meine Großmutter mit ihren zwei kleinen Söhnen nach New York gegangen wäre, aber sie wollte auch ihre bereits erwachsene Tochter Malwine, die damals schon verheiratet war, nicht allein zurück lassen. Meine Großmutter blieb also in Weikendorf, und mein Großvater fuhr allein wieder nach New York zurück. Einen Dreck haben sich der Hermann und der Adolf dann um sie gekümmert! Der Onkel Adolf hat später eine Nichte seiner Frau ins Haus genommen, obwohl es so gedacht war, dass mein Vater, wenn er heiratet, das Geschäft des Onkels als Nachfolger übernimmt, und mein Onkel Max, der Bruder meines Vaters, sollte das Geschäft des Onkel Hermann übernehmen, der aber hat dann von der jüngsten Schwester meiner Großmutter, der Sali, die älteste Tochter ins Haus genommen. So haben mein Vater und sein Bruder nichts bekommen!
Kurze Zeit darauf, um die Jahrhundertwende, kam die Nachricht, mein Großvater sei erschossen worden. Meine Großmutter hat mir erzählt, sie hätte erfahren, der Großvater und ein paar andere Leute haben in einem Keller auf eine Kerze geschossen, und eine Kugel sei zurückgeflogen und hätte meinen Großvater getroffen. jedenfalls sehr dubios, sehr mysteriös diese Geschichte.
Nun war meine Großmutter das zweite Mal Witwe.
Meine Großmutter war ja nun Witwe und in einer streng orthodoxen Familie ist es kein Zustand unverheiratet zu sein, da musste etwas geschehen. Der Urgroßvater hat einen jungen Mann ausfindig gemacht, der in der Nähe von Bratislava gelebt hat. Auf Deutsch hat der Ort Jakobsdorf geheißen und gehörte zu Ungarn, weil die Slowakei damals zu Ungarn gehörte. Dieser junge Mann, Julius Tauber, mein Großvater, hatte eine koschere Fleischhauerei und soll ein sehr fescher Mann gewesen sein. Wahrscheinlich hat mein Urgroßvater einiges investieren müssen, dass der Julius Tauber meine Großmutter geheiratet hat. Die Großmutter ist nach der Hochzeit zu ihm nach Jakobsdorf gezogen. Zuerst wurde mein Vater Moritz und zwei Jahre später sein Bruder Max geboren. Mein Vater wurde am 5. Mai 1891 geboren und 1893, ich glaube im August, sein Bruder Max. Die Ehe meiner Großeltern war aber alles andere als harmonisch. Ich kann mich da nur auf das verlassen, was ich von meinem Vater und von meiner Großmutter erfahren habe. Es hat sehr große Konflikte gegeben, denn anscheinend war der Großvater nicht so orthodox wie die Großmutter, die ja streng orthodox erzogen worden war. Der Großvater ist sogar mit den Bauern aus Jakobsdorf ins Wirtshaus gegangen. Vielleicht ist er am Schabbes [5] zu spät heimgekommen, und sie stand schon beim Licht benschen - ich denke, es waren solche Sachen. Ich habe versucht, genauer zu recherchieren, bin aber auf ziemlich taube Ohren gestoßen. Sowohl meine Großmutter wie mein Vater haben sich darüber nicht ausführlich geäußert. Jedenfalls ist es irgendwie zu einem großen Konflikt gekommen, und meine Großmutter hat die Kinder genommen, mein Vater war ungefähr vier Jahre alt und der Onkel Max war zwei Jahre alt, hat meinen Großvater verlassen und ist wieder nach Weikendorf zu ihren Eltern gezogen. Daraufhin ist mein Großvater nach Amerika ausgewandert, das muss so um 1895 gewesen sein. Er hat in New York, in Brooklyn, mit einem Fleischhauer ein Geschäft eröffnet. Einige Jahre später ist er zurück zur Großmutter gekommen, denn das Geschäft ging gut, und er wollte die Familie - seine Frau und seine Söhne - mit nach New York nehmen. Die Brüder meiner Großmutter, der Hermann und der Adolf waren sehr empört darüber und haben meiner Großmutter versprochen, dass sie sich um sie und ihre Kinder kümmern werden, aber sie soll sich endgültig von diesem Mann trennen; der wäre ein Übel für die Familie. Die Brüder meiner Großmutter hatten sogar deshalb mit ihrem Vater einen riesigen Krach. Ich weiß nicht, ob meine Großmutter mit ihren zwei kleinen Söhnen nach New York gegangen wäre, aber sie wollte auch ihre bereits erwachsene Tochter Malwine, die damals schon verheiratet war, nicht allein zurück lassen. Meine Großmutter blieb also in Weikendorf, und mein Großvater fuhr allein wieder nach New York zurück. Einen Dreck haben sich der Hermann und der Adolf dann um sie gekümmert! Der Onkel Adolf hat später eine Nichte seiner Frau ins Haus genommen, obwohl es so gedacht war, dass mein Vater, wenn er heiratet, das Geschäft des Onkels als Nachfolger übernimmt, und mein Onkel Max, der Bruder meines Vaters, sollte das Geschäft des Onkel Hermann übernehmen, der aber hat dann von der jüngsten Schwester meiner Großmutter, der Sali, die älteste Tochter ins Haus genommen. So haben mein Vater und sein Bruder nichts bekommen!
Kurze Zeit darauf, um die Jahrhundertwende, kam die Nachricht, mein Großvater sei erschossen worden. Meine Großmutter hat mir erzählt, sie hätte erfahren, der Großvater und ein paar andere Leute haben in einem Keller auf eine Kerze geschossen, und eine Kugel sei zurückgeflogen und hätte meinen Großvater getroffen. jedenfalls sehr dubios, sehr mysteriös diese Geschichte.
Nun war meine Großmutter das zweite Mal Witwe.
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Before WW2
See text in interview
Die Ehe meiner Großeltern war aber alles andere als harmonisch. Ich kann mich da nur auf das verlassen, was ich von meinem Vater und von meiner Großmutter erfahren habe. Es hat sehr große Konflikte gegeben, denn anscheinend war der Großvater nicht so orthodox wie die Großmutter, die ja streng orthodox erzogen worden war. Der Großvater ist sogar mit den Bauern aus Jakobsdorf ins Wirtshaus gegangen. Vielleicht ist er am Schabbes [5] zu spät heimgekommen, und sie stand schon beim Licht benschen - ich denke, es waren solche Sachen. Ich habe versucht, genauer zu recherchieren, bin aber auf ziemlich taube Ohren gestoßen. Sowohl meine Großmutter wie mein Vater haben sich darüber nicht ausführlich geäußert. Jedenfalls ist es irgendwie zu einem großen Konflikt gekommen, und meine Großmutter hat die Kinder genommen, mein Vater war ungefähr vier Jahre alt und der Onkel Max war zwei Jahre alt, hat meinen Großvater verlassen und ist wieder nach Weikendorf zu ihren Eltern gezogen. Daraufhin ist mein Großvater nach Amerika ausgewandert, das muss so um 1895 gewesen sein.
Die Ehe meiner Großeltern war aber alles andere als harmonisch. Ich kann mich da nur auf das verlassen, was ich von meinem Vater und von meiner Großmutter erfahren habe. Es hat sehr große Konflikte gegeben, denn anscheinend war der Großvater nicht so orthodox wie die Großmutter, die ja streng orthodox erzogen worden war. Der Großvater ist sogar mit den Bauern aus Jakobsdorf ins Wirtshaus gegangen. Vielleicht ist er am Schabbes [5] zu spät heimgekommen, und sie stand schon beim Licht benschen - ich denke, es waren solche Sachen. Ich habe versucht, genauer zu recherchieren, bin aber auf ziemlich taube Ohren gestoßen. Sowohl meine Großmutter wie mein Vater haben sich darüber nicht ausführlich geäußert. Jedenfalls ist es irgendwie zu einem großen Konflikt gekommen, und meine Großmutter hat die Kinder genommen, mein Vater war ungefähr vier Jahre alt und der Onkel Max war zwei Jahre alt, hat meinen Großvater verlassen und ist wieder nach Weikendorf zu ihren Eltern gezogen. Daraufhin ist mein Großvater nach Amerika ausgewandert, das muss so um 1895 gewesen sein.
Kamilla, Milli genannt, hat einen Hermann Seidler geheiratet. Sie lebten in der Nähe der 'Hohen Wand [Niederösterreich]' und hatten auch eine Greisslerei.
Ein Sohn von Milli heißt Karli, wie der andere heißt, weiß ich nicht mehr. Wie sie den Holocaust überlebten, weiß ich auch nicht. Die Söhne müssten noch leben, aber wir haben keinen Kontakt zu ihnen. Seidler hatte mehrere Konzentrationslager überlebt. Milli war mit beiden Söhnen nach Belgien geflüchtet und ist dann irgendwie nach England gekommen. Nach dem Krieg kam sie dann nach Wien zurück, und sie haben sich scheiden lassen. Die Söhne sind auch nach Wien gekommen, Milli ist wieder nach England gegangen.
Philipp, der einzige Sohn von Sali war Herrenschneider, verheiratet und hatte mit seiner Frau eine vierjährige Tochter. Sie flüchteten über die Donau auf einem illegalen Transport nach Palästina und waren auf der Patria. Alle drei überlebten den Untergang der Patria [3]. Sie lebten in Haifa, aber nach kurzer Zeit starb Philipps Frau. Er heiratete ein zweites Mal und bekam noch eine Tochter.
Bertha war die jüngste. Sie hat 1936 im Großen Tempel in der Tempelgasse Otto Schnabel geheiratet. Beide wurden nach Maly Trostinec [4] deportiert und ermordet.
Ein Sohn von Milli heißt Karli, wie der andere heißt, weiß ich nicht mehr. Wie sie den Holocaust überlebten, weiß ich auch nicht. Die Söhne müssten noch leben, aber wir haben keinen Kontakt zu ihnen. Seidler hatte mehrere Konzentrationslager überlebt. Milli war mit beiden Söhnen nach Belgien geflüchtet und ist dann irgendwie nach England gekommen. Nach dem Krieg kam sie dann nach Wien zurück, und sie haben sich scheiden lassen. Die Söhne sind auch nach Wien gekommen, Milli ist wieder nach England gegangen.
Philipp, der einzige Sohn von Sali war Herrenschneider, verheiratet und hatte mit seiner Frau eine vierjährige Tochter. Sie flüchteten über die Donau auf einem illegalen Transport nach Palästina und waren auf der Patria. Alle drei überlebten den Untergang der Patria [3]. Sie lebten in Haifa, aber nach kurzer Zeit starb Philipps Frau. Er heiratete ein zweites Mal und bekam noch eine Tochter.
Bertha war die jüngste. Sie hat 1936 im Großen Tempel in der Tempelgasse Otto Schnabel geheiratet. Beide wurden nach Maly Trostinec [4] deportiert und ermordet.
Die älteste Tochter Emma hatte einen Simon Saler geheiratet. Sie sind nach der Hochzeit zum Onkel Hermann gezogen, nachdem er ja kinderlos war, haben dort gelebt. Als der Onkel Hermann alt war, haben sie die Greisslerei übernommen. Sie hatten zwei Kinder, Greta, die 1927 geboren wurde und Kurt, der 1928 geboren wurde. Von Budweis [heute Tschechien] wurden sie alle nach Theresienstadt [2] deportiert und von Theresienstadt nach Polen, wo sie umkamen.
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During WW2
See text in interview
Tini, die Schwester meiner Großmutter, wurde mit Herrn Berger verheiratet. Sie hatten drei Töchter: die Zwillinge Paula und Janka, und wie die andere Schwester heiß, weiß ich nicht und einen Sohn Oskar. Sie lebten in der Slowakei, in Bösinok, in der Nähe des slowakischen Kurortes Pistiany. Dort betrieben sie eine Greisslerei. Herr Berger starb lange vor dem Holocaust. Tini, die eine Tochter, deren Namen ich nicht weiß und Oskar Berger sind im Holocaust ermordet worden. Die Zwillinge Paula und Janka flüchteten über die Donau mit einem illegalen Transport nach Palästina.
Tini, die Schwester meiner Großmutter, wurde mit Herrn Berger verheiratet. Sie hatten drei Töchter: die Zwillinge Paula und Janka, und wie die andere Schwester heiß, weiß ich nicht und einen Sohn Oskar. Sie lebten in der Slowakei, in Bösinok, in der Nähe des slowakischen Kurortes Pistiany. Dort betrieben sie eine Greisslerei. Herr Berger starb lange vor dem Holocaust. Tini, die eine Tochter, deren Namen ich nicht weiß und Oskar Berger sind im Holocaust ermordet worden. Die Zwillinge Paula und Janka flüchteten über die Donau mit einem illegalen Transport nach Palästina.
Der Urgroßvater war ein schwerer Diabetiker. Diese koschere Kost war mörderisch - Gänsefett, alles ist mit Gänsefett gekocht worden! Üppig war das Essen, eine Gans ist doch eines der schwersten Essen.
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Before WW2
See text in interview
Die Brüder meiner Großmutter wurden vom Urgroßvater in Religion unterrichtet, aber er war ein furchtbarer Tyrann und hat seine Kinder geschlagen, denn: Wer sein Kind liebt, spart nicht mit der Rute! Auch mein Vater ist von seinem Großvater sehr viel geprügelt worden, unglaublich, und er hat es sein ganzes Leben lang nie verkraftet.