In der Volksschule in Wien hatte ich nicht nur jüdische Freunde.
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Robert Walter Rosner
In der Volksschule in Wien hatte ich nicht nur jüdische Freunde. Ich bin in einer Welt aufgewachsen, in der Antisemitismus selbstverständlich war, er hat zum täglichen Leben gehört. 1934 bin ich in die Mittelschule in der Albertgasse im 8. Wiener Gemeindebezirk gekommen. Das war zu Beginn der Schuschnigg [6] - Zeit, damals wurden die Klassen konfessionell getrennt. Eine Klasse war katholisch, eine Klasse jüdisch und protestantisch. Wir waren ungefähr 26 jüdische und sechs protestantische Buben. Da waren dann meine Freunde alle jüdisch.
Austria
n der Volksschule in Wien hatte ich nicht nur jüdische Freunde. Ich bin in einer Welt aufgewachsen, in der Antisemitismus selbstverständlich war, er hat zum täglichen Leben gehört. 1934 bin ich in die Mittelschule in der Albertgasse im 8. Wiener Gemeindebezirk gekommen. Das war zu Beginn der Schuschnigg [6] - Zeit, damals wurden die Klassen konfessionell getrennt. Eine Klasse war katholisch, eine Klasse jüdisch und protestantisch. Wir waren ungefähr 26 jüdische und sechs protestantische Buben. Da waren dann meine Freunde alle jüdisch.
Religionsunterricht war, und ist auch heute, Teil des regelmäßigen Unterrichtes. Da es genügend jüdische Schüler gab, war der Religionslehrer ein Mitglied des Lehrkörpers. Im Religionsunterricht haben wir Hebräisch gelernt. Mein Religionslehrer war Zionist, er hat versucht, uns auch das moderne Hebräisch beizubringen, aber er war kein guter Pädagoge. Ich kann aber trotzdem heute noch ein wenig Hebräisch. Einmal in der Woche mussten die jüdischen Kinder in den Tempel gehen. Das war bei mir der Tempel in der Neudeggergasse. Jeder Schüler erhielt eine Karte mit dem Wochenabschnitt, wodurch ersichtlich war, dass er am Jugendgottesdienst teilgenommen hatte. Mein Vater war ein zutiefst überzeugter Jude und hat sehr darauf geachtet, dass ich am Jugendgottesdienst teilnehme, aber ich habe mich vor dem Religionsunterricht gedrückt, soweit ich konnte.
Religionsunterricht war, und ist auch heute, Teil des regelmäßigen Unterrichtes. Da es genügend jüdische Schüler gab, war der Religionslehrer ein Mitglied des Lehrkörpers. Im Religionsunterricht haben wir Hebräisch gelernt. Mein Religionslehrer war Zionist, er hat versucht, uns auch das moderne Hebräisch beizubringen, aber er war kein guter Pädagoge. Ich kann aber trotzdem heute noch ein wenig Hebräisch. Einmal in der Woche mussten die jüdischen Kinder in den Tempel gehen. Das war bei mir der Tempel in der Neudeggergasse. Jeder Schüler erhielt eine Karte mit dem Wochenabschnitt, wodurch ersichtlich war, dass er am Jugendgottesdienst teilgenommen hatte. Mein Vater war ein zutiefst überzeugter Jude und hat sehr darauf geachtet, dass ich am Jugendgottesdienst teilnehme, aber ich habe mich vor dem Religionsunterricht gedrückt, soweit ich konnte.
In der Volksschule in Wien hatte ich nicht nur jüdische Freunde. Ich bin in einer Welt aufgewachsen, in der Antisemitismus selbstverständlich war, er hat zum täglichen Leben gehört. 1934 bin ich in die Mittelschule in der Albertgasse im 8. Wiener Gemeindebezirk gekommen. Das war zu Beginn der Schuschnigg [6] - Zeit, damals wurden die Klassen konfessionell getrennt. Eine Klasse war katholisch, eine Klasse jüdisch und protestantisch. Wir waren ungefähr 26 jüdische und sechs protestantische Buben. Da waren dann meine Freunde alle jüdisch.
Austria
Louise Eva Papo
Ich hätte nach dem Tod meines Mannes den Unterricht übernehmen können, aber da ich immer nur die Volksschüler unterrichtet hatte, wurde ich von 1966 bis 1975 Religionslehrerin an Sammelstellen in Volksschulen.
Mein Mann hat in Wien den jüdischen Religionsunterricht für jüdische Mittelschüler übernommen. Das war im Gymnasium in der Wasagasse. Er war so ein phantastischer Lehrer, dass die Anzahl seiner Schüler immer größer wurde – zuerst waren es 150, dann 187.
Wir waren zuerst auf Erholung in Kapstadt und sind dann von Kapstadt nach Israel geflogen. Dort haben wir das Pessachfest [7] verbracht. Dann sind wir nach Wien übersiedelt - das war im April 1964.
An dem Tag, an dem wir Afrika verlassen haben, an der Stadtgrenze von Salisbury, hat mein Sohn auf einmal gesagt: ‚Oh! By the way. Ich will euch sagen, von jetzt an lebe ich wie ein normaler Mensch. Das bedeutet, ich werde die Gesetze nicht mehr einhalten. Aber wenn die Frau, die ich einmal heiraten werde Jüdin ist, und wenn sie gerne fromm sein möchte, dann werde ich mitmachen.’ Mein Mann sagte: ‚Schau du bist erwachsen. Du weißt, dass du seit deiner Bar Mitzwa [6] für deine religiösen Handlungen verantwortlich bist. Es ist deine Sache. Du musst wissen, was du tust.’ Wie wir dann nachts allein waren, habe ich meinem Mann gesagt, dass ich ihm sehr dankbar für diese Antwort bin. Er hat gesagt: ‚Er verlässt uns. Er wird die Gesetze wahrscheinlich sowieso nicht mehr halten. Wieso soll ich ihm ein schlechtes Gewissen machen?’ Wir hatten viele jüdische Freunde, die nichts gehalten haben, und trotzdem waren sie unsere Freunde. Mein Mann war ein frommer und gescheiter Mensch.
Er hat Elektronik in London studiert und wollte gern in den Fernsehbereich gehen. Dann hat er einen Job in einem Computerzentrum einer Bank bekommen.
Zwanzig Jahre lang war ich in Afrika auch Religionslehrerin für die Volksschüler.
Dann hat mein Mann eine Berufung bekommen, als Rabbiner in eine Gemeinde nach Afrika zu gehen, und da sind wir noch während des Krieges, im Jahr 1944, von Liverpool mit dem Schiff nach Kapstadt [Südafrika] gefahren.
Wir hatten ein so genanntes ‚Garantiepermit’ der ‚Spanish and Portuguese Synagogue’ in London. Wir waren zusammen auf dem Permit, der Aufenthaltsgenehmigung sozusagen. Darauf stand: On condition that ... does not accept anywhere paid or unpaid work - wir durften nicht arbeiten. Es gab damals eine große Arbeitslosigkeit in England. Die einzige Möglichkeit für Frauen nach England einzuwandern, war, als Hausangestellte eine Arbeit anzunehmen, und die einzige Möglichkeit für Männer nach England einzuwandern, war, als Gärtner oder Chauffeur zu arbeiten. Die jüdische Gemeinde hat uns in London dann in ihr Altersheim gesteckt. Ich war knapp vierundzwanzig, also genau im richtigen Alter fürs Altersheim, mein Mann war noch keine vierzig. Aber wir hatten keine andere Wahl. Nach einigen Monaten wurde das Altersheim nach Hastings verlegt, und wir sind natürlich mitgegangen. Dort haben wir dann den ganzen Winter verbracht. Nach dem Winter sind wir zu Freunden nach Manchester gefahren.
United Kingdom
Meine Eltern waren 1938 von Wien nach Prag geflüchtet, aber nicht mehr rechtzeitig aus Prag rausgekommen. Bis 1942 haben sie in Prag gelebt und wurden dann mit dem sogenannten zweiten Intellektuellentransport nach Litzmannstadt [Polen] – Lodz haben die Deutschen damals zu Litzmannstadt gesagt – deportiert und sind dort gestorben. Ich weiß nicht genau wann. Ich habe später eine Frau kennen gelernt, die als junges Mädchen in Litzmannstadt war. Dorthin hatte man fünfzigtausend Juden deportiert und fünfzig sind zurückgekommen; von fünfzigtausend! Nein, das waren keine guten Zeiten.
Poland
Auf dem Vorvisum stand, dass, wenn Dr. Manfred Papo und seine Frau mit gültigen Dokumenten - Reisepass, Steuerunbedenklichkeitserklärung und Gesundheitspass - kommen und eine gewisse Summe in Devisen vorweisen könnten, sie ein Visum nach Guatemala erhalten. Das habe ich mir übersetzen lassen von einem offiziellen Dolmetscher, und bin dann damit auf die Gestapo gegangen. Dass ich mich das getraut habe, wundert mich noch heute! Dort hab ich mich durchgefragt bis zum richtigen Referenten. Ich habe ihm gesagt, dass ich einen gültigen Pass, eine Unbedenklichkeitserklärung und alles, was man für dieses Vorvisum nach Guatemala braucht, besitze. Woraufhin er zu mir gesagt hat: ‚Ja, aber wie kommen Sie dahin?’ Er hat mir nicht sofort geholfen, sondern mir einen weiteren Termin für eine Vorladung gegeben. Da meine Eltern für die Tschechoslowakei optiert hatten, waren sie nach Prag geflüchtet, und ich habe von einem Automaten – nicht von zu Hause – angerufen und gesagt, ich wäre noch allein, denn ich habe meinen Mann leider noch nicht aus Dachau rausholen können. Beim nächsten Termin bei der Gestapo bekam ich dann die Erlaubnis, nach Guatemala zu reisen. Ein paar Tage später bekam ich ein Telegramm aus London. Es war eine Schiffskarte der ‚Royal Line’ für meinen Mann. Mein Mann hatte somit die Möglichkeit, nach Guatemala zu reisen. Ich habe dann an die Gestapo geschrieben, und zwei, drei Tage später wurde ich wieder vorgeladen. Dort habe ich die Schiffskarte vorgezeigt. Der zuständige Referent sagte: ‚Aber die Karte ist nur für Ihren Mann!’. Daraufhin habe ich gesagt: ‚Das stimmt, aber ich hab ein Visum für England. Ich werde nach London fahren und dort warten, bis er mich nachkommen lassen kann!’ Daraufhin musste ich unterschreiben, dass ich das Deutsche Reich verlasse und nie wieder zurückkomme. Acht Tage später war mein Mann zu Hause. Wir waren dann noch 12 Tage in Wien, bevor wir zu meinen Eltern nach Prag fuhren. Das war noch im Jahre 1938. Meine Eltern haben meinem Mann eine Uhr gekauft und mir gute Kleidung. Sie haben uns auch die Flugkarten von Prag nach England bezahlt. Ohne meine Eltern hätten wir das nie finanzieren können. Mein Mann ist dann natürlich nicht nach Guatemala gefahren, sondern wir sind gemeinsam nach London gefahren. Das war von Anfang an beabsichtigt.
United Kingdom
Oh ja, man hat gewusst, dass es Konzentrationslager gibt. Wir konnten uns aber nicht vorstellen, wie die wirklich waren. Ein Freund meines Mannes hatte gehört, dass die Juden, die in Konzentrationslagern sind, entlassen werden, wenn sie nach Übersee auswandern. Ich hatte das nicht gewusst, dass man mit einem Visum für Übersee jemanden aus dem Konzentrationslager herausbekommt. Wer mir dieses Visum damals geschickt hat, weiß ich heute nicht mehr. Ich glaube, ich habe es auch damals nicht gewusst, ich habe es anonym bekommen, soviel ich mich erinnern kann. Ich weiß aber genau, wer die Überfahrt bezahlt hat, denn das waren meine Eltern.
Schon allein die Tatsache, dass ich Hitler überlebt habe, dass ich mit meinem Mann zusammen überlebt habe! Der Rest der Familie hat nicht überlebt. Mein Mann hatte zwei ältere Schwestern – sie sind umgekommen. Seine Mutter, seine Schwestern, meine Eltern - alle sind umgekommen. Die einzigen, die es überlebt haben, waren mein Mann und ich.
Am 10. November 1938 wurde mein Mann verhaftet. Das war die sogenannte ‚Kristallnacht’ [5]. 15 Tage lang hatte ich nicht gewusst, wo er war. Nach 15 Tagen kam ein Brief aus dem KZ Dachau [Deutschland]: ‚Ich bin gesund, es geht mir gut. Du darfst mir jeden Monat 15 Mark schicken und zweimal im Monat einen Brief mit 15 Zeilen. Der Türkische Tempel war, wie alle anderen Tempel in Wien, am 10. November 1938 niedergebrannt worden. Nur ein einziger blieb erhalten. Bevor sie ihn niedergebrannt haben, haben sie sich die Listen der Mitglieder geholt. Und die, die österreichische Staatsbürger waren, die haben sie abgeholt.
Er wurde der Landesrabbiner von Salzburg, schon als junger Mann. Es wurde ihm aber dann zu langweilig und zu kompliziert in Salzburg. Er durfte nie mit einem Mädchen ausgehen, denn wenn er mit einem jüdischen Mädchen ausgegangen ist, dann wurde er gleich mit ihr verlobt. Daher ist er nach drei Jahren nach Wien zurückgekommen.
Mein Mann war ein gescheiter und sehr fleißiger Mensch, und er hat das Studium geschafft. Er hatte ein Doktorat der Wiener Universität, und er hatte die Rabbinerprüfung vom Wiener Rabbinerseminar und noch eine zusätzliche Prüfung vom damaligen sephardischen Oberrabbiner von Jugoslawien. Er konnte sehr gut auswendig lernen!
Der Türkische Tempel hieß der Türkische Tempel, weil er seinerzeit von türkischen Juden gegründet wurde. Er befand sich in der Zirkusgasse, im 2. Bezirk. Er war der schönste Tempel von Wien, ganz im orientalischen Stil. Mein Mann ist ins Rabbinerseminar nach Salzburg gegangen.
Ich begann nach unserer Heirat Deutsch und Latein an der Wiener Universität zu studieren. Ich habe dann auch noch begonnen Englisch zu studieren, weil ich Dolmetscherin werden wollte.
Doch nebenbei hat er auch an der Uni studiert: nicht Jus, sondern orientalische Sprachen - Hebräisch, Aramäisch, Syrisch, Arabisch, Latein und Griechisch.
Zu Hause hatte er Ladino gesprochen, da seine Familie ursprünglich aus Spanien kam. Ladino war die Sprache der Juden aus Spanien und Portugal.
Mein Mann war ja ein 1898er Jahrgang, und damals sind die jungen Leute, die Mittelschüler, Studenten usw. in die Armee eingezogen worden. Bei der ersten Musterung war er zu schwach, aber bei der nächsten machte er schnell die Matura, und er wurde eingezogen. Er war in der Kärntner Gegend stationiert. Erst hatte er irgendeinen sehr unangenehmen Feldwebel. Mein Mann war ein zarter, schwacher Mensch, und der Feldwebel hat ihn so lange sekkiert bis er zusammengefallen ist. Dann hat ihn der Arzt in die Forstwirtschaft versetzt. Dort hat er den Rest des Krieges verbracht und ist dann nach Kriegsende nach Wien zurückgekommen.
Ich tat das aber alles sehr gern. Ich wurde religiöser und führte den Haushalt koscher.
Als ich 18 war, haben wir uns inoffiziell verlobt, im Juli habe ich maturiert, und im Oktober haben wir geheiratet.
Mein Ehemann, Dr. Manfred Papo, jüdisch Menachem Ben Michael, wurde am 17. Oktober 1898 in Wien geboren. Ich habe ihn in der Schule, im 2. Bezirk, kennen gelernt, denn er war mein Religionslehrer. Er wurde unser Lehrer, da war ich 14 Jahre alt und in der 4. Klasse. Die Schule war keine jüdische Schule, sondern ein Privatgymnasium mit Öffentlichkeitsrecht. Es gab A und B Klassen. Das war aber nicht so wie in Afrika, dass in der A Klasse die intelligenten Schüler waren und in der B Klasse die Schüler, die weniger leicht gelernt haben, sondern die A Klasse war eine gemischte Klasse auch mit nichtjüdischen Mädchen, die B Klasse war eine Klasse mit nur jüdischen Mädchen aus frommen Familien, die am Samstag in die Schule kommen mussten - das war damals Gesetz. Sie kamen aber ohne Bücher und Hefte, da man am Samstag nichts tragen darf. Sie mussten in der Schule sitzen und zuhören. Da waren dann lauter Fächer, bei denen nichts an der Tafel geschrieben wurde und die Kinder nicht schreiben mussten - sie mussten nur zuhören. Mein späterer Mann war jahrelang Klassenvorstand der B Klasse. Ich war in einer A Klasse, weil ich aus keinem frommen Haus kam. Es wurde dasselbe unterrichtet, wie auf einem staatlichen Gymnasium. Die Prüfungen waren äquivalent zu den Prüfungen in anderen Schulen, man konnte nach der Schule auf die Uni gehen, wie aus einer öffentlichen Schule. Da die Schule im 2. Bezirk war, und da der 2. Bezirk vor Hitler fast jüdisch war, waren in unserer Schule vielleicht zehn Prozent nichtjüdische Mädchen. Auch die A Klasse wurde von mehreren jüdischen Lehrern und Lehrerinnen unterrichtet. An den christlichen Feiertagen hatten wir keinen Unterricht und an den jüdischen Feiertagen hatten wir auch keinen Unterricht. Nur am Samstag mussten auch die frommen Kinder in die Schule gehen. Wenn die Eltern das nicht erlaubt haben, dann mussten sie am Ende des Jahres eine Privatisten Prüfung in allen Gegenständen ablegen, um in die nächste Klasse aufzusteigen. Das letzte Jahr vor der Matura bin ich in eine andere Schule gegangen, und dadurch hatte ich Gelegenheit, ihn auch privat kennen zu lernen. Da war das keine reine Lehrer - Schülerin - Beziehung mehr.
In den Ferien sind wir oft verreist. In Kritzdendorf hatten wir ein kleines Gärtchen mit einer Badehütte, in der man auch schlafen konnte. Da habe ich oben im Giebel geschlafen und die Eltern unten im Zimmer. Das Gärtchen war ganz winzig. Es war viermal zwei Meter groß, und da war Platz für einen Tisch, eine Bank, einen Sessel und ein Liegebett. Das waren sehr schöne Zeiten in Kritzendorf. Viele schöne Tage haben wir dort verbracht, manchmal meine ganzen Ferien. Aber meine Eltern hatten nur 14 Tage Urlaub im Jahr. Sie haben beide immer gearbeitet, und wenn sie ins Ausland fahren wollten, sie haben zum Beispiel meine Großeltern, die zur Kur in Marienbad [heute Tschechien] waren, besucht oder waren in Italien, haben sie mich, als ich noch klein war, in ein Heim gegeben. Es war schrecklich für mich, wenn sie mich dort abgegeben haben, und es war schrecklich, wenn sie mich wieder abgeholt haben, denn dann hatte ich mich schon gut eingelebt. Aber damals ist man noch nicht oft in andere Länder oder Kontinente gereist, wie man das heute macht, wie man heute reist. Und dass die Kinder überallhin mitgenommen wurden, das hat es auch nicht gegeben. Man hat in Österreich in der Umgebung Urlaub gemacht - in Baden oder in Klosterneuburg, oder woanders. Man hat sich ein Zimmer oder eine Wohnung gemietet und ist mit Kindern und Hausrat dorthin übersiedelt.
Als die Großeltern gestorben waren, kam der Flügel nach Wien zu uns, und meine Eltern haben den Fehler gemacht, mir Einzelunterricht geben zu lassen - ich bekam eine Klavierlehrerin. Wenn ich in einer Klasse gewesen wäre mit anderen Kindern, hätte ich mehr geübt und wäre fleißiger gewesen, weil ich doch so ehrgeizig war. Mit ungefähr zehn oder elf Jahren, habe ich begonnen, Klavier zu spielen. Da ich keine Konkurrenz hatte, war ich stinkfaul und habe zu wenig geübt. Begabt war ich anscheinend aber auch nicht. Aus meinem Klavierspiel ist nichts geworden, aber ich liebe Musik, und ich bin sehr viel in Konzerte gegangen. Ich wurde auch schon früh von meinen Eltern mitgenommen. Ich erinnere mich, vor jedem Konzert hat sich der Papi ans Klavier gesetzt und hat die Hauptthemen der Stücke, die am Programm standen, vorgespielt: Das war eine Art Einführung in das Stück. Und besonders erinnere ich mich an eine lustige Geschichte: Damals haben die Konzerte mit einem klassischen Stück begonnen, dann kam ein modernes Stück und nach der Pause wiederum ein klassisches. Das Moderne kam immer nach dem ersten Klassischen - vor der Pause - so dass man nicht rausgehen konnte. So hat man die Leute sozusagen gezwungen, sich das anzuhören. Und da war als Mittelstück etwas Modernes, und mein Vater hatte gesagt, es täte ihm leid, aber er habe den Klavierauszug nicht, er habe ihn auch in der Bibliothek nicht bekommen, so dass er ihn mir nicht vorher vorspielen könne. Ich wurde während dieses Stücks von meinen Eltern sehr genau beobachtet. Sie waren der Ansicht, dass sie mit klassischer Musik groß geworden waren und zu alt, sich an die moderne Musik zu gewöhnen. Meine Eltern wollten nun aber sehen, was ein junger Mensch, der auch mit der klassischen Tradition aufgewachsen war, zu einem modernen Stück sagt. Sie haben mir das danach erzählt. Das Stück hat mir nicht besonders gut gefallen. Kunst und Musik genieße ich heute genauso, wie in meiner Jugend. Aber mit der modernen Musik, der modernen Malerei und mit der modernen Poesie kann ich noch immer nichts anfangen. Und ich glaube nicht, dass das eine Sache des Alters ist.
Mein Gymnasium war Ecke Hollandstrasse, Hammer Purgstallgasse. Heute ist dort das Collegium Hungaricum. Das Haus wurde wahrscheinlich während des Kriegs zerbombt und nach dem Krieg wurden neue Häuser gebaut. In der 4. Klasse, das war 1928, wurde in unserem Gymnasium der ‚Bund Sozialistischer Mittelschüler’ gegründet. Meine damals beste Freundin ist eingetreten, und ich wollte auch eintreten. Aber meine Eltern haben gesagt: ‚Du bist zu jung, um politisiert zu werden. Wenn du erwachsen bist, 18 oder 19 Jahre alt, kannst du dich entscheiden. Vorläufig kommt eine Mitgliedschaft in irgendwelchen Parteien nicht in Frage!’ Zwei Jahre später wurde in unserem Gymnasium der ‚Bund Zionistischer Schüler’ gegründet. Ich wurde wieder aufgefordert beizutreten, und meine Eltern haben wieder gesagt: ‚Nein, das ist ein nationalistischer Verein, und du musst warten, bis du erwachsen bist und du weißt, für welche Politik du dich entscheiden willst. Vorläufig bist du zu jung!’ Dabei ist es geblieben, und ich bin zu der Zeit keiner Partei beigetreten.