Es fielen schon Bomben, und es wurde bereits vom Dach einer Kaserne, die sich gegenüber der Universität befand, geschossen. Wahrscheinlich waren das ukrainische Nationalisten, aber wir wussten das nicht. Die ganze Macht in der kurzen Zeit, bevor die Deutschen Lemberg eroberten, lag in den Händen der ukrainischen Nationalisten. Ich werde bis zu meinem Tode meine Angst vor meinen ukrainischen Studienkollegen nicht vergessen. Vielleicht ist das eine Sünde, aber ich muss sagen, dieser ukrainische Nationalismus war schrecklich. Aber viele waren begeistert davon, hatte dieser Nationalismus der Ukraine doch zur Freiheit verholfen. In Lemberg lebte eine große ukrainische Minderheit, sie arbeiteten von Anfang an mit den Deutschen zusammen und waren schreckliche Antisemiten. Einer von dieser Gruppe kam zu mir, klopfte mir auf die Schulter und sagte: ‚Na Mila, mit den Deutschen wird das gut werden, endlich bekommen wir eine Ordnung!’ Ich war entsetzt, als ich das hörte und antwortete: ‚Das werden wir ja sehen.’ Ich sagte zu den anderen: ‚Ich gehe sofort! Und ich gehe nicht durch die Tür, sondern durchs Fenster, unsere ukrainischen Kollegen könnten uns umbringen.’
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Emilia Ratz
Meinen späteren Mann, Martin Ratz, lernte ich in Lemberg auf der Universität kennen. Auch er musste die Aufnahmeprüfung für die Universität später machen, denn er war als feindlicher Ausländer - für die Österreicher war er Pole und für die Polen war Österreicher - von den Polen in Lemberg nach dem Einmarsch der Deutschen eingesperrt worden und 1939 von den Russen, als sie Lemberg besetzten, entlassen worden.
Es gab damals in Lemberg einen Laden in der Uni, da konnte man Zeichenpapier, Tusche und solche Sachen bekommen. Ich traf ständig einen ziemlich feschen jungen Mann im Dekanat, wo man Bons für das Studienmaterial bekam - das war der Martin, der mein Freund wurde.
Es gab damals in Lemberg einen Laden in der Uni, da konnte man Zeichenpapier, Tusche und solche Sachen bekommen. Ich traf ständig einen ziemlich feschen jungen Mann im Dekanat, wo man Bons für das Studienmaterial bekam - das war der Martin, der mein Freund wurde.
Besonders auf den Universitäten gab es einen schrecklichen Antisemitismus. Polnische Nationalisten setzten durch, dass Juden und Nichtjuden getrennt in den Klassen sitzen mussten - Bank-Ghetto nannten wir das - und sie zettelten ständig Schlägereien an.
Zwei Jahre erlebte ich diesen ganzen realen Sozialismus. Schon in Warschau hatte ich ‚Das Kommunistische Manifest’ gelesen und glaubte, dass das sowjetische Russland ein Paradies ist. Das Materielle war sowieso ausgeblendet, wer dachte schon an so etwas! Einmal sah ich einen sowjetischen historischen Film über die Zarenzeit gegen den Imperialismus, wo unter anderem auch auf polnische Fahnen mit Füßen getrampelt wurde. Ich war entsetzt darüber - ich war doch eine polnische Patriotin.
Manchmal ging ich zu den älteren Studenten, um sie auf bestimmte Dinge, die meiner Meinung nach politisch nicht korrekt waren, aufmerksam zu machen. Aber immer hatten sie irgendeine Ausrede: Ja, das sind Fehler, aber das Prinzip ist richtig!
Zwei Jahre erlebte ich diesen ganzen realen Sozialismus. Schon in Warschau hatte ich ‚Das Kommunistische Manifest’ gelesen und glaubte, dass das sowjetische Russland ein Paradies ist. Das Materielle war sowieso ausgeblendet, wer dachte schon an so etwas! Einmal sah ich einen sowjetischen historischen Film über die Zarenzeit gegen den Imperialismus, wo unter anderem auch auf polnische Fahnen mit Füßen getrampelt wurde. Ich war entsetzt darüber - ich war doch eine polnische Patriotin.
Manchmal ging ich zu den älteren Studenten, um sie auf bestimmte Dinge, die meiner Meinung nach politisch nicht korrekt waren, aufmerksam zu machen. Aber immer hatten sie irgendeine Ausrede: Ja, das sind Fehler, aber das Prinzip ist richtig!
Mit dem Wohnen allerdings war es kompliziert. Im Studentenheim herrschte ein so genannter ‚Kommandant’, das war ein älterer Student. Zu meinem Unglück besaß ich einen Mantel, den mir meine Mutter zur Matura hatte anfertigen lassen. Dieser Mantel hatte einen Persianerkragen. Der ‚Kommandant’ des Studentenheimes beschloss, wer einen Mantel mit einem Persianerkragen trägt, ist reich. Ich hatte überhaupt kein Geld und konnte mir keine Wohnung leisten. So lebte ich zwei Monate illegal, da wo ich schlief, eine Nacht hier, eine Nacht dort, gab man mir auch etwas zu essen. Ich musste viel lernen und die Prüfungen schnell absolvieren. Im Juni hatte ich maturiert, jetzt musste ich Mathematik-, Chemie-, und Physikprüfungen ablegen. Alle meine Freunde lernten mit mir, damit ich die Prüfungen gut bestehe, und ich schaffte es. Mein Traum erfüllte sich, ich konnte mit dem Chemiestudium beginnen.
Durch einen Trick bekam ich nach zwei Monaten doch einen Platz im Studentenheim. Nach den Prüfungen bekam ich auch ein Stipendium, aber von diesem Stipendium konnte man nicht leben und nicht sterben. Ich arbeitete neben dem Studium - Böden waschen und Pullover für ein Geschäft stricken. Eine Geschäftsfrau hatte Wolle versteckt, und ich strickte für das Geschäft die Pullover, was verboten war. Übrigens hasse ich stricken. Meine dritte Arbeit war die verwegenste, weil ich überhaupt kein Talent zum freien Zeichnen habe. Ich zeichnete für die englische Fakultät Tafeln zum Veranschaulichen der Vokabeln für den Sprachunterricht. Körper brachte ich irgendwie aufs Papier, aber die Köpfe zeichnete ein Freund, der Architektur studierte, der kam jeden Abend, um mir zu helfen.
Durch einen Trick bekam ich nach zwei Monaten doch einen Platz im Studentenheim. Nach den Prüfungen bekam ich auch ein Stipendium, aber von diesem Stipendium konnte man nicht leben und nicht sterben. Ich arbeitete neben dem Studium - Böden waschen und Pullover für ein Geschäft stricken. Eine Geschäftsfrau hatte Wolle versteckt, und ich strickte für das Geschäft die Pullover, was verboten war. Übrigens hasse ich stricken. Meine dritte Arbeit war die verwegenste, weil ich überhaupt kein Talent zum freien Zeichnen habe. Ich zeichnete für die englische Fakultät Tafeln zum Veranschaulichen der Vokabeln für den Sprachunterricht. Körper brachte ich irgendwie aufs Papier, aber die Köpfe zeichnete ein Freund, der Architektur studierte, der kam jeden Abend, um mir zu helfen.
Als ich am Abend in Lemberg aus dem Zug stieg, stand ich auf dem Bahnhof wie eine arme Waise. Ich war niemals vorher in dieser Stadt. Ich wusste, dass Lemberg ein kulturelles Zentrum ist, mehr aber auch nicht. Eine Frau sprach mich an und sagte zu mir:
‚Mädchen du bist sicher ein Flüchtling!’
‚Ja!’
‚Hast du jemandem, wo du schlafen kannst?’
‚Nein!’
‚Du kannst bei mir schlafen. Ich habe leider nur eine sehr kleine Wohnung, aber ich lege dir eine Matratze in die Badewanne, und dort kannst du schlafen.’
Ich sagte: ‚Wissen Sie, ich will auf die Uni!’ Meine Wohltäterin war eine Lehrerin. Ich sagte: ‚Ich habe überhaupt kein Geld, aber auf der Uni habe ich vermutlich sehr viele Freunde.’ Ich kannte ja aus Warschau viele junge Leute, auch ältere Studenten.
Am nächsten Tag schrieb ich meinem Onkel: ‚Bin angekommen!’
Und wirklich, ich hatte auf der Uni viele Bekannte. Ich war die Jüngste von allen, und alle fühlten sich verpflichtet, mir zu helfen. Es war Anfang November und die Prüfungen waren schon vorbei. Aber es gab ein Studentenkomitee, denn es war ein außergewöhnlicher Jahrgang. Es waren viele Leute, die niemals die Uni hätten betreten dürfen, Juden und Kommunisten. Und sie hatten erkämpft, dass wir eine außerordentliche Prüfung ablegen durften, um zu studieren.
‚Mädchen du bist sicher ein Flüchtling!’
‚Ja!’
‚Hast du jemandem, wo du schlafen kannst?’
‚Nein!’
‚Du kannst bei mir schlafen. Ich habe leider nur eine sehr kleine Wohnung, aber ich lege dir eine Matratze in die Badewanne, und dort kannst du schlafen.’
Ich sagte: ‚Wissen Sie, ich will auf die Uni!’ Meine Wohltäterin war eine Lehrerin. Ich sagte: ‚Ich habe überhaupt kein Geld, aber auf der Uni habe ich vermutlich sehr viele Freunde.’ Ich kannte ja aus Warschau viele junge Leute, auch ältere Studenten.
Am nächsten Tag schrieb ich meinem Onkel: ‚Bin angekommen!’
Und wirklich, ich hatte auf der Uni viele Bekannte. Ich war die Jüngste von allen, und alle fühlten sich verpflichtet, mir zu helfen. Es war Anfang November und die Prüfungen waren schon vorbei. Aber es gab ein Studentenkomitee, denn es war ein außergewöhnlicher Jahrgang. Es waren viele Leute, die niemals die Uni hätten betreten dürfen, Juden und Kommunisten. Und sie hatten erkämpft, dass wir eine außerordentliche Prüfung ablegen durften, um zu studieren.
Onkel Adolf war Büroangestellter einer Firma oder sogar eines Kartells. Er war materiell ziemlich gut gestellt. Ich glaube, sie stritten deshalb, weil mein Vater die Seifenfabrik des Großvaters geerbt hatte. Angeblich, und darüber sprach man, hatte mein Vater dem Onkel Adolf seine gute Stelle im Büro verschafft. Dank meinem Vater lebte Onkel Adolf sehr gut, während mein Vater sich mit seiner Fabrik ziemlich plagen musste.
Die gesamte Familie versammelte sich hauptsächlich zu den hohen Feiertagen zum Essen bei ihm. Immer wenn ich den Großvater sah, trug er einen schwarzen Anzug. Er hatte auch immer ein Käppi [Kippa] am Kopf. Er ist groß und dicklich in meiner Erinnerung. Er sprach die Gebete und leitete das Essen. Ich erinnere mich an einen großen Tisch, an dem alle Familienmitglieder aßen, selbstverständlich gab es auch eine Köchin; an anderes Dienstpersonal kann ich mich nicht erinnern. Die Kinder mussten sich gut benehmen, und die Eltern konzentrierten sich darauf, dass ihre Kinder sich gut präsentierten. Nach dem Essen küsste man ihm die Hand, um sich bei ihm zu bedanken.
Für Schabbat [1] hat meine Mutter Challot [2] gebacken und Kerzen gezündet. Vater, der ein starker Raucher war, hat am Schabbat nicht geraucht. Ich kann mich auch erinnern, dass es zu Chanukka [3] Kartoffelpuffer und zu Purim [4] Hamantaschen [Anm.: traditionelle Süßigkeit zu Purim] gab. Zu Yom Kippur [5] habe ich nicht gefastet, und zum Ausfasten gab es viel zu Essen. Zu Sukkot wurden im Hof Hütten gebaut und dort wurde gegessen. Es gab eine chassidische Familie [6] im Haus, die tanzte an allen Feiertagen.
Für Schabbat [1] hat meine Mutter Challot [2] gebacken und Kerzen gezündet. Vater, der ein starker Raucher war, hat am Schabbat nicht geraucht. Ich kann mich auch erinnern, dass es zu Chanukka [3] Kartoffelpuffer und zu Purim [4] Hamantaschen [Anm.: traditionelle Süßigkeit zu Purim] gab. Zu Yom Kippur [5] habe ich nicht gefastet, und zum Ausfasten gab es viel zu Essen. Zu Sukkot wurden im Hof Hütten gebaut und dort wurde gegessen. Es gab eine chassidische Familie [6] im Haus, die tanzte an allen Feiertagen.
Ich kannte den Großvater Endler, aber als ich ein Kind war, waren die Beziehungen zwischen Enkeln und Großeltern anders als heute. Ich kann mich nicht erinnern - ich war aber auch noch im Vorschulalter - jemals direkt mit meinem Großvater gesprochen zu haben. Der Großvater war eine angesehene und respektierte Autorität.
Der Großvater besaß eine Seifenfabrik, welche sich im Keller des Hinterhauses befand. Die Fabrik bestand aus drei Räumen: dem Büro, dem Packtischraum und dem Kesselraum. In einem großen Kessel wurde die Seife hergestellt, in einer Maschine gestanzt und danach geformt. Übrigens hat mein Vater dann auch Zahnpasta produziert, die er nach mir Milodont nannte. Ich denke im Kessel war Kokosfett, Duftwasser und Lauge. Es gab maximal vier Arbeiter, wahrscheinlich waren sie jüdisch. Der Vater hatte kein eigenes Geschäft, er verkaufte an Geschäfte und Privatpersonen; vor christlichen Feiertagen auch an Stände am Markt. An jüdischen Feiertagen wurde nicht gearbeitet.
Die Wohnung des Großvaters war groß, sie hatte 3-4 Zimmer aber ich erinnere mich nicht mehr genau. Was mir noch gegenwärtig ist, ist der Geruch der Wohnung, es war eine Mischung aus Samt und Gewürzen.
Die Wohnung des Großvaters war groß, sie hatte 3-4 Zimmer aber ich erinnere mich nicht mehr genau. Was mir noch gegenwärtig ist, ist der Geruch der Wohnung, es war eine Mischung aus Samt und Gewürzen.
Die gesamte Familie meines Vaters wohnte in Warschau zusammen in einem Haus, das meinem Großvater gehörte. Die Großeltern wohnten im Vorderhaus, die anderen zur Familie gehörenden Familien wohnten im Seitengebäude des Hinterhauses und hatten je eine Zweizimmerwohnung ohne Bad. Die Badewanne in unserer Wohnung war in der Küche. Tagsüber fungierte sie als Tisch, indem wir eine Tischplatte darüber legten. Wir hatten fließendes Wasser und Strom, aber keinen Garten und auch keine Haustiere. Wir lebten sehr bescheiden.
Das Vorderhaus hatte drei oder vier Stockwerke mit ungefähr 15 Wohnungen, in denen jüdische Familien lebten, nur der Hausmeister war nicht jüdisch. Im Hinterhof gab es einen rechten und einen linken Seitenflügel.
Das Vorderhaus hatte drei oder vier Stockwerke mit ungefähr 15 Wohnungen, in denen jüdische Familien lebten, nur der Hausmeister war nicht jüdisch. Im Hinterhof gab es einen rechten und einen linken Seitenflügel.
Dreimal versuchten wir herüber zu kommen, dreimal übergaben uns die Russen zum Glück nicht den Deutschen, das war so ein neutraler Streifen. Dann beschlossen wir - ich war die Jüngste - wir gehen ins Dorf und versuchen, einen Bauern zu finden, der uns über die grüne Grenze fährt. Der Bauer, den wir fanden, gehörte zu einer deutschen Minderheit, die sehr arm war. Er fuhr uns ein Stück mit seinem Boot. ‚Zur Sicherheit’, wie er sagte, nahm uns dieser Bauer allen Schmuck, auch meine Uhr und meinen Ring, den mir mein Onkel Ignatz aus Südamerika geschenkt hatte, ab. Diese Flucht missglückte, aber wir schafften es dann doch, illegal die Grenze zu passieren. Ich verkühlte mich, es war Oktober und die Nächte waren schon kalt. Mit 17 Jahren denkt man nicht so viel an Krankheiten, denn ich hatte einen Mantel, den ich aber vergessen hatte anzuziehen. Als ich in Bialystok bei meinen Verwandten ankam, öffnete die Frau von Onkel Joel die Tür, schaute mich an und wollte mich nicht hereinlassen, weil sie mich nicht erkannte - in so einem schrecklichen Zustand war ich. Sie hat geglaubt, vor ihr steht eine Bettlerin.
Mit mir fuhr eine Frau mit einem Baby, ihr Mann war schon auf der russischen Seite. Aber wir wussten nicht, dass am 17. Oktober 1939 die Teilung Polens durch den Hitler-Stalin-Pakt [14] in deutsches und russisches Gebiet stattgefunden hatte. Das Taxi kam gerade mal ganze 20 Kilometer. Dann konfiszierten es die Deutschen. In diesem Durcheinander sagte die Frau mit dem Baby zu mir, sie gehe wieder zurück. Ich bat sie, zu meinen Eltern zu gehen und ihnen zu erzählen, sie habe mich aus den Augen verloren. Ich schloss mich daraufhin absolut fremden Leuten an, und wir gingen zu Fuß weiter. Ich glaube, es waren ungefähr 300 Kilometer bis nach Bialystok [heute Weißrussland]. Das war ein bisschen ein Schafgefühl - alle gehen, ich gehe auch. Manchmal nahm uns irgendein Bauer mit seinem Fuhrwerk mit, Autos fuhren kaum, denn erstens gab es nur wenige Autos, und diese wenigen Autos hatten die Deutschen requiriert.
Wie viele Tage wir unterwegs waren, weiß ich nicht. Halb verhungert und halb verdurstet bekamen wir manchmal etwas Milch von Bauern. Geld spielte überhaupt keine Rolle mehr. Aber wenn man ein Stück Seife hatte, und ich hatte ein paar Stück Seife - das hatte mein Vater richtig erkannt - konnte man sie gegen Lebensmittel eintauschen.
Wie viele Tage wir unterwegs waren, weiß ich nicht. Halb verhungert und halb verdurstet bekamen wir manchmal etwas Milch von Bauern. Geld spielte überhaupt keine Rolle mehr. Aber wenn man ein Stück Seife hatte, und ich hatte ein paar Stück Seife - das hatte mein Vater richtig erkannt - konnte man sie gegen Lebensmittel eintauschen.
Ich terrorisierte von außen meine Eltern und sagte, ich käme nur dann zurück, wenn sie wenigstens mich gehen ließen. Ich war noch nicht volljährig, aber es fehlten nur ein paar Monate.
Bereits kurze Zeit nach dem Einmarsch der Deutschen nach Warschau sah ich, wie man auf einem Markt einem Juden den Bart abschnitt. Ich sagte zu meinen Eltern: ‚Ich weiß, ich habe hier keine Chance. Ihr habt auch keine Chance, aber ich kann euch nicht zwingen mitzukommen.’ Mein Vater blieb stur, es kam für ihn nicht in Frage, mich gehen zu lassen, und in dem Moment sagte meine Mutter zu meinem Vater, sie brachte wahrscheinlich ihren ganzen Mut auf: ‚Weißt du was, ich kann für Mila die Verantwortung nicht übernehmen, ich weiß nicht, was passieren wird.’ Daraufhin stimmte mein Vater zu. Seine Bedingung war, ich dürfe nicht mit allen ‚Verrückten’ gehen, er besorgte ein Taxi für mich. Mit dem Taxi sollte ich zum Bruder meiner Mutter, Onkel Joel, nach Bialystok fahren, und der werde sich schon um mich kümmern. Mein Vater steckte noch 100 Zloty in meine Schuhe, was überhaupt keinen Sinn hatte, denn mit dem Geld konnte ich überhaupt nichts mehr anfangen.
Bereits kurze Zeit nach dem Einmarsch der Deutschen nach Warschau sah ich, wie man auf einem Markt einem Juden den Bart abschnitt. Ich sagte zu meinen Eltern: ‚Ich weiß, ich habe hier keine Chance. Ihr habt auch keine Chance, aber ich kann euch nicht zwingen mitzukommen.’ Mein Vater blieb stur, es kam für ihn nicht in Frage, mich gehen zu lassen, und in dem Moment sagte meine Mutter zu meinem Vater, sie brachte wahrscheinlich ihren ganzen Mut auf: ‚Weißt du was, ich kann für Mila die Verantwortung nicht übernehmen, ich weiß nicht, was passieren wird.’ Daraufhin stimmte mein Vater zu. Seine Bedingung war, ich dürfe nicht mit allen ‚Verrückten’ gehen, er besorgte ein Taxi für mich. Mit dem Taxi sollte ich zum Bruder meiner Mutter, Onkel Joel, nach Bialystok fahren, und der werde sich schon um mich kümmern. Mein Vater steckte noch 100 Zloty in meine Schuhe, was überhaupt keinen Sinn hatte, denn mit dem Geld konnte ich überhaupt nichts mehr anfangen.
Als die Deutschen in Warschau einmarschierten stand ich mit den Händen zu Fäusten geballt auf der Strasse. Sie marschierten ein wie die Helden: schwarz gekleidet, mit Panzern und mit überheblichen Gesichtern. Ich lief nach Hause und kämpfte mit meinen Eltern, ich wollte, dass wir zusammen fliehen. Mein Vater sagte: ‚Was willst du, du bist ein Kind, du verstehst nichts, das ist alles übertrieben.’ Und meine Mutter sagte: ‚Weißt du, die Deutschen sind doch ein zivilisiertes Volk, denk an Goethe und Schiller!’ Ich musste einsehen, dass es aussichtslos ist. Zwei Jahre vor dem Krieg war die wirtschaftliche Lage besser geworden: meine Eltern hatten Möbel und solche Sachen gekauft, und daran klammerten sie sich. Dann kämpfte ich um meine Schwester. Da bekam mein Vater wirklich einen Wutanfall. ‚Was bildest du dir ein, du bist nicht erwachsen!’ Daraufhin zog ich zu meiner Freundin Halina Altmann. Sie hatte sehr fortschrittliche Eltern, die Mutter war damals sogar für ihre politische Überzeugung im Gefängnis, oder schon entlassen, ich weiß das nicht mehr so genau. Sie waren alle links und beschlossen zu flüchten. Halina floh nach Lemberg [heute Lviv, Ukraine] und studierte an der Universität. Ihre Eltern und ihr jüngerer Bruder flohen nach Lutzk, einem kleinen Ort, der unter russischer Herrschaft war und heute in der Ukraine liegt. Der Vater war gerade auf einer Dienstreise in Kiew, als die Deutschen in Lutzk einmarschierten und die Mutter und den Bruder von Halina ermordeten. Halina und ihr Vater überlebten den Holocaust.
Der Krieg brach am 1. September 1939 [13] aus. Meine Freundin und ich fuhren Ende August mit der Straßenbahn zur Technischen Universität, um unsere Papiere für das Studium einzureichen. Ich wollte Chemie studieren, es war mein Wunsch, einmal als Chemikerin zu arbeiten. Im Zentrum der Stadt hörte ich, dass kleine Buben laut schreiend die ‚Extraausgabe’ einer Zeitung verteilten. Ich sagte zu meiner Freundin, dass ich aussteige, weil ich sehen muss, was in der Zeitung steht. Der Krieg lag bereits in der Luft! Als ich über die Mobilmachung der Männer in der Zeitung las, sagte ich zu meiner Freundin: ‚Ich gebe meine Papiere nicht her, der Krieg ist so gut wie sicher.’ Sechs Tage später waren die Deutschen vor Warschau. Die Männer und die jungen Leute versuchten zu fliehen. Auch ich wollte weg, weil ich ahnte, dass es schlimm werden würde.
Ich war hundertprozentig davon überzeugt, dass man fliehen muss. Die polnische Regierung sagte: ‚Wir sind stark, wir werden kämpfen und wir werden siegen!’ Und in meinem kleinen Gehirn - damals glaubte ich allerdings, ich sei wahnsinnig erwachsen und weiß schon alles - wusste ich in dieser Zeit, dass der Kampf gegen die Deutschen verloren war. Warschau fiel nach drei Wochen in die Hände der Deutschen.
Ich war hundertprozentig davon überzeugt, dass man fliehen muss. Die polnische Regierung sagte: ‚Wir sind stark, wir werden kämpfen und wir werden siegen!’ Und in meinem kleinen Gehirn - damals glaubte ich allerdings, ich sei wahnsinnig erwachsen und weiß schon alles - wusste ich in dieser Zeit, dass der Kampf gegen die Deutschen verloren war. Warschau fiel nach drei Wochen in die Hände der Deutschen.
Zionistisch waren wir alle nicht. Ich hörte niemals ein Gespräch über Emigration nach Palästina oder so etwas. Vielleicht gab es diese Gespräche unter den Erwachsenen, aber vielleicht war das auch eine Frage des Geldes, wir waren Leute, die nie im Ausland waren.
Mein Eindruck ist, dass meine Mutter weit weniger religiös war, als mein Vater. Ich kann das nicht genau analysieren, aber meine Mutter benahm sich die ganze Zeit sehr tolerant mir gegenüber, sie bestrafte mich auch nie. Mein Vater erwischte mich einmal, als ich am Telefon über eine Summe Geld sprach, die ich für die Interbrigadisten im Spanischen Bürgerkrieg [12] sammelte. Er war im Nebenzimmer, und plötzlich kam er und fragte: ‚Was ist das für Geld, woher hast du so viel Geld?’ Daraufhin musste ich gestehen, und er sagte: ‚Warum mischst du dich da ein, das ist nicht deine Sache!’ Er war eindeutig konservativ, regimetreu und glaubte, wenn man alles macht, wie sie wollen, dann passiert einem nichts.
Die große Synagoge war nicht in unmittelbarer Nähe, deshalb beteten mein Vater und meine Mutter zu den großen Feiertagen in einem Bethaus, das wenige Häuser von unserem Haus entfernt war. Mein Vater war streng gläubig und befolgte alle Regeln: Er betete täglich und am Freitagnachmittag, zu Beginn des Schabbat, rauchte er nicht mehr, und das Licht wurde nicht angezündet. Samstags wurde nicht gekocht, das Essen war komplett vorbereitet. Ich erinnere mich an ein einziges Mal, dass mein Vater die Küche betrat. Er hatte ein Messer, das für Fleisch war, beim Milchigen erwischt. Meine Mutter in ihrer Not sagte, das sei wahrscheinlich das Kindermädchen gewesen. Mein Vater steckte sofort das Messer in der Küche in einen Topf mit Erde.
In unserer Gegend waren alle Juden koscher, es gab sehr viele koschere Geschäfte. Wir wohnten in einer Strasse, die sehr lang war. In einem Teil lebten die Juden - der einzige Nichtjude in unserem Haus war der Herr Stanislaw, der Hausbesorger - im anderen Teil die Christen. Unserem Haus gegenüber stand eine katholische Kirche, das einzige Gebäude, das den Feuersturm im späteren Warschauer Ghetto [siehe: Aufstand im Warschauer Ghetto] [11] überlebte.
Wenn ich an das kulturelle Leben meiner Eltern denke und es mit meinem kulturellen Leben vergleiche, war ihres sehr arm. Sie gingen wenig ins Theater, und wenn, dann sahen sie sich Operetten oder Revuen an. Zweimal nahmen sie mich in eine Revue mit.
Mein Vater besaß den Talmud in hebräischer Sprache und andere religiöse Bücher. Ich sah nie, dass er irgendwo saß oder auf dem Sofa lag, so wie ich es tue, und ein Buch las. Aber meine Mutter las Romane, und sie war auch viel aufgeschlossener. Ich habe da so eine Theorie: Irgendwann in der Zeit des Ersten Weltkrieges, als sie noch nicht verheiratet war, hat sie wahrscheinlich irgendwo gearbeitet. Damals waren auch die Frauen zur Arbeit zwangsverpflichtet. Bestimmt hatte sie zu dieser Zeit irgendeinen deutschen Freund. Woher konnte sie sonst die deutsche Sprache, denn in diesem Teil Polens war das eine Seltenheit. In Galizien [5] sprach man jiddisch und deutsch, aber da wo meine Mutter lebte, sprachen die Leute russisch und polnisch. Meine Mutter besaß und las auch viele Bücher in deutscher Sprache, und auch ich lese seit meiner Kindheit viele Bücher.
Meine Freunde lernte ich meist in der Schule, durchs Schultheater und Kurse kennen, die wir gemeinsam besuchten. Ins Kino oder Kaffeehaus gingen wir wegen Geldmangel nicht, bei fortschrittlichen Freundinnen trafen wir uns auch zu Hause, wenn es deren Eltern erlaubten.
Mein Vater erlaubte es, dass ich später in den Schulferien in ein Schullager fuhr, das weder koscher - die Lehrer waren ja nicht fromm - noch zionistisch war. Dort lernte ich einmal einen Studenten kennen - er hatte in der Nähe gezeltet - der sich in mich verliebte und mir nachher Briefe schrieb. Ich kam überhaupt nicht auf die Idee, dass er an mir interessiert sei. Ich war noch nicht einmal 17 Jahre alt und hatte noch keine Matura und ein 20 oder 22 Jähriger war für mich ein alter Mann. Mein Vater bekam durch die Briefe mit, dass ein jüdischer Bursche aus reichem Hause an seiner Tochter interessiert sei. Ich habe zu meiner Mutter gesagt: ‚Wenn er anruft, sag ihm, das ich nicht zu Hause bin.’ Da war mein Vater völlig entsetzt, weil ich so eine gute Partie wegschmeiße. Das charakterisiert, was er von Frauenemanzipation hielt.
Das Gymnasium kostete theoretisch ziemlich viel Geld, aber praktisch, da die Lehrer sehr engagiert waren, bezahlten die Familien der Mädchen, die aus sehr reichen Häusern kamen, fast alles, und die meisten Kinder erhielten dadurch eine ziemlich hohe Ermäßigung. Aber mein Vater sagte nach der kleinen Matura, die mit der 10. Klasse endete [die kleine Matura dauerte 10 Jahre statt 12. Sie reichte als Voraussetzung für ein Studium nicht aus]: ‚Du hast eine kleine Matura, jetzt ist genug! Du bist nicht krumm, du bist nicht schief, du bist ganz hübsch, jetzt kannst du heiraten!’ Nun, ich veranstaltete erfolgreich einen riesengroßen Skandal. Ich sagte zu meinem Vater: ‚Ich will lernen, und wenn du nicht zahlen kannst, werde ich Nachhilfestunden geben und die Schule selber bezahlen. Wenn ich weiter zu Hause wohnen kann, schaffe ich das.’ Da ich Freunde in verschiedenen Milieus hatte, sah ich deutlich den Unterschied zwischen meinem typisch kleinbürgerlichen Zuhause und anderen Lebensformen. Mein Vater war in allen Beziehungen ziemlich konservativ, und darum waren wir fast immer unterschiedlicher Ansicht. Er war ein typischer kleiner Geschäftsmann, der die Familie ernähren wollte und dem es darum ging, dass seine Töchter sich anständig und angepasst benehmen. Wenn es nach meinem Vater gegangen wäre, wäre alles so geblieben wie es immer war. Meine Schwester und ich hätten vor allem anderen gut heiraten sollen. Meine Mutter rebellierte damals im Inneren gegen meinen Vater, denn sie war eine sehr kluge Frau und hat nicht gutgeheißen, was mein Vater sagte. Aber sie traute sich nicht, öffentlich Sturm zu machen. Und doch setzte sie sich immer irgendwie durch.
Ich sah wirklich genug jüdisch aus, aber nie passierte es, dass ich auf der Straße beschimpft wurde, niemals erlebte ich so etwas! Einer Gymnastiklehrerin, sie war keine Jüdin, wurde nachgesagt, sie sei antisemitisch. Zufälligerweise traf ich sie nach dem Krieg, sie zerdrückte mich fast vor Freude darüber, dass ich am Leben geblieben war. Gut, viele Christen, die sich zum Antisemitismus vor dem Holocaust bekannten, änderten ihre Meinung, als sie sahen, was das bedeutet. In Polen gab es damals einen geflügelten Satz: Weg mit den Juden, Jüdinnen mit uns! Natürlich nur deshalb, weil die jüdischen Mädchen sehr hübsch waren.
Ich hatte einen Cousin, ich weiß nicht genau, von wessen Seite er stammte, er ging in Breslau in die Schule. Der war 1938 als polnischer Jude aus Deutschland ausgewiesen worden. Einmal war er zum Mittagessen bei uns. Er hatte sehr rechte politische Ansichten, aber er erzählte genau über die ‚Judengesetze’ in Deutschland. Ich begann mich um 1935, im Alter von 14 Jahren, bereits für Politik zu interessieren. Damals begann bereits der polnische Faschismus. Ich lernte linke Studenten kennen und bekam eine linke Einstellung. Ich sagte zu meiner Mutter, ich war damals nicht einmal 16 und mein Cousin war mir zuwider: ‚Wenn dieser Henry, so hieß der Cousin, noch einmal von dir zum Mittag eingeladen wird, sag mir Bescheid, ich werde nicht zu Hause sein.’
Auf meinem Gymnasium waren hauptsächlich jüdische Lehrer, die ziemlich schwer in öffentlichen Schulen untergekommen wären und sehr engagiert waren. Ich nehme an, meine Eltern gaben mich sicher sehr bewusst auf diese Schule, denn mit dem starken polnischen Antisemitismus wurde ich auf dieser Schule überhaupt nicht konfrontiert. In der Schule waren alle assimilierten jüdischen Kinder – es war ja keine jüdische Schule. Wir Kinder standen bewusst zu unserem Judentum und waren bewusste Bürger Polens, und Polen war unsere Heimat. Wir hatten damals sogar im polnischen Parlament jüdische Abgeordnete. Mitte der 1930er-Jahre, nach Hitlers Machtantritt, war es damit vorbei. Josef Pilsudski [10] war ein Diktator, aber er war jüdisch freundlich.
Ich ging zwei Jahre in die private Volksschule. Ich war nicht so wahnsinnig fleißig, aber ich musste meine Aufgaben machen, das war meine Pflicht. In dieser Zeit ging es meinen Eltern wahrscheinlich finanziell nicht so schlecht, sonst hätten sie sich die Privatschule nicht leisten können. Dann nahmen sie mich von dieser Schule, und ich musste vier Jahre auf eine kostenlose öffentliche Schule gehen. Erst das Gymnasium war wieder eine Privatschule. Ich hätte auch auf ein öffentliches Gymnasium gehen können, aber in Warschau war es für jüdische Kinder wegen des Antisemitismus nicht so leicht, aufs Gymnasium zu kommen.
Religionsunterricht hatten wir in der Schule. Man musste eine gute Note haben, denn eine schlechte Note in Religion, egal in welcher, auch der jüdischen, war für die Behörden ein Zeichen dafür, dass man einer kommunistischen Organisation angehörte. Aber man hatte als Jude auch noch andere, zusätzliche Schwierigkeiten, um auf eine höhere Schule zu kommen.
Religionsunterricht hatten wir in der Schule. Man musste eine gute Note haben, denn eine schlechte Note in Religion, egal in welcher, auch der jüdischen, war für die Behörden ein Zeichen dafür, dass man einer kommunistischen Organisation angehörte. Aber man hatte als Jude auch noch andere, zusätzliche Schwierigkeiten, um auf eine höhere Schule zu kommen.
Unsere Urlaube verbrachten wir mit der Mutter in der Nähe von Vilnius, das ist jetzt Litauen. Als wir kleine Kinder waren, fuhr sie mit uns für zwei Monate, aber später, als wir in die Schule gingen, konnten wir nur mehr kürzere Urlaube machen.
Sie fuhr mit uns manchmal in die Landschaft, in der sie geboren wurde. Oft fuhren wir aber auch nur in die Nähe von Warschau in kleine Ortschaften oder wir mieteten einen Bauern mit einem Wagen und man fuhr auf Sommerfrische. Ungefähr eine Stunde von Warschau, man nannte es die ‚Linie’, befanden sich verschiedene kleine Orte. Die letzten Orte waren etwas vornehmer als die ersten Orte der ‚Linie’. Wir nahmen uns eine Wohnung, und der Vater kam Freitag in der Früh oder vor dem Schabbat mit der Bahn und fuhr Samstagabend oder Sonntag in der Früh zurück. Wenn wir auf längere Zeit weg fuhren, nahmen wir unser eigenes Geschirr und unser Bettzeug mit. Im Urlaub kochte Mutter für uns, manchmal half ein Bauernmädchen. Wir spielten, im Urlaub spielte auch meine Mutter mit uns, und es gab Seen in dieser Gegend. So konnten wir auch im Wasser baden. Wenn meine Mutter keine Hausarbeit verrichtete oder mit uns spielte, las sie Bücher und Zeitungen.
Sie fuhr mit uns manchmal in die Landschaft, in der sie geboren wurde. Oft fuhren wir aber auch nur in die Nähe von Warschau in kleine Ortschaften oder wir mieteten einen Bauern mit einem Wagen und man fuhr auf Sommerfrische. Ungefähr eine Stunde von Warschau, man nannte es die ‚Linie’, befanden sich verschiedene kleine Orte. Die letzten Orte waren etwas vornehmer als die ersten Orte der ‚Linie’. Wir nahmen uns eine Wohnung, und der Vater kam Freitag in der Früh oder vor dem Schabbat mit der Bahn und fuhr Samstagabend oder Sonntag in der Früh zurück. Wenn wir auf längere Zeit weg fuhren, nahmen wir unser eigenes Geschirr und unser Bettzeug mit. Im Urlaub kochte Mutter für uns, manchmal half ein Bauernmädchen. Wir spielten, im Urlaub spielte auch meine Mutter mit uns, und es gab Seen in dieser Gegend. So konnten wir auch im Wasser baden. Wenn meine Mutter keine Hausarbeit verrichtete oder mit uns spielte, las sie Bücher und Zeitungen.
Als Kind hatte ich eine Kinderfrau, die sogar Deutsch sprach. Später waren es hauptsächlich Bauernmädchen, die meiner Mutter in der Wohnung halfen. Sie mussten sehr bescheidene Verhältnisse hinnehmen, denn sie schliefen auf einem Klappbett in der Küche, weil unsere Wohnung ja nur aus einem Wohnzimmer, Schlafzimmer, der Küche und einem kleinen Vorraum bestand. Außerdem war die Wohnung ziemlich dunkel, weil sie im ersten Stock lag. Wahrscheinlich schlief ich als Kind im Schlafzimmer meiner Eltern, aber später habe ich im Wohnzimmer auf einem Sofa geschlafen und meine Schwester im Schlafzimmer meiner Eltern.