Die Kalefs waren eine alte und traditionsreiche Belgrader Familie, die ihre Wurzeln mehr als 300 Jahre zurückverfolgen konnte. Doch dann fiel das nationalsozialistische Deutschland 1941 in Serbien ein:
Während die meisten ihrer Angehörigen erschossen oder vergast wurden, floh Dona Bat Kalef mit ihren zwei Töchtern, Breda und Matilda, in eine katholische Kirche in Banovo Brdo, einem Belgrader Stadtteil.
Als die Mutter den Priester um Hilfe bat, willigte dieser ein und rettete den letzten drei Kalefs so das Leben.
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Das Auswärtige Amt
Gleich zu Beginn des Films wird das Auswärtige Amt und seine Verbindungen zur systematischen Ermordung der Juden erwähnt.
In der Nachkriegszeit wurde oft behauptet, dass das deutsche Auswärtige Amt (abgekürzt AA) während der NS-Zeit ein Hort des Widerstandes gewesen sei. Jedoch argumentierten HistorikerInnen schon bald, dass auch das AA aktiv an den Verbrechen des NS-Regimes beteiligt war. 2005 hat der deutsche Außenminister Joschka Fischer eine unabhängige Historikerkommission damit beauftragt, die NS-Geschichte des AA zu untersuchen.
Die Ergebnisse wurden 2010 in der Studie “Das Amt und die Vergangenheit: Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik” veröffentlicht. Die Historikerkommission bewies: Deutschlands Diplomaten waren unmittelbar an den Vernichtungsplänen Deutschlands beteiligt, schützten nach der Befreiung polizeilich gesuchte Kriegsverbrecher und versuchten ihre NS-Vergangenheit zu vertuschen. Eckart Conze, Vorsitzender der Historikerkommission, meinte zusammenfassend: “Das Auswärtige Amt war an allen Maßnahmen der Verfolgung, Entrechtung, Vertreibung und Vernichtung der Juden von Anfang an aktiv beteiligt. (…) Die Zielmarke ,Endlösung‘ war schon sehr früh erkennbar”.
Die Historiker fanden beispielsweise eine Reiseabrechnung - die auch im Film zu sehen ist - des Leiters des sogenannten „Judenreferats“ im Auswärtigen Amt, Franz Rademacher. Er vermerkte als Reisezweck einer Dienstreise nach Belgrad: „Liquidation von Juden in Belgrad“.
Familiengeschichte
Avrem Kalef, Matildas Vater, kam aus Serbien, das seit dem 16 Jahrhunderts Teil des Osmanischen Reiches war. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entstand ein unabhängiger serbischer Staat: das Königreich Serbien. Matildas Mutter kam ursprünglich aus Slowenien, das bis 1918 Teil der Habsburgermonarchie war.
Gegen Ende des 1. Weltkriegs gingen beide Gebiete im multi-ethnischen Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen („Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca“ - auch SHS-Staat genannt) auf, aus dem 1929 das Königreich Jugoslawien wurde. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs geriet Jugoslawien immer mehr unter diplomatischen Druck und Adolf Hitler verlangte den Beitritt des Landes zum Pakt der Achsenmächte.
Zweiter Weltkrieg
Am 25. März 1941 gab die jugoslawische Regierung nach und unterschrieb. Nach einem Militärputsch am 27. März 1941 erklärte jedoch die neue Regierung den Pakt für ungültig. Daraufhin griff Deutschland, unterstütz von Italien und Ungarn, am 6. April Jugoslawien an. Die jugoslawische Armee hatte keine Chance und schon am 17. April unterzeichneten die Jugoslawen die bedingungslose Kapitulation.
Jugoslawien wurde unter den Besatzern aufgeteilt und militärisch besetzt. So wurde beispielsweise Serbien zu einem Satellitenstaat unter der Kontrolle des Deutschen Reiches und Italien besetzte Teile Sloweniens, die dalmatinische Küste und die meisten Inseln. Der „Unabhängige Staat Kroatien“ oder NDH-Staat, der Kroatien und Bosnien-Herzegowina umfasste, war ein Vasallenstaat der von der kroatischen faschistischen Bewegung „Ustascha” regiert wurde.
Der NDH-Staat führte in Anlehnung an Hitler-Deutschland ebenfalls Rassengesetze ein. Ein Lager-System wurde errichtet, in dem Juden, Roma und vor allem Serben eingesperrt und ermordet wurden. Der größte Lagerkomplex befand sich bei Jasenovac, ca. 95 km südöstlich von Zagreb. Auch in Serbien wurden Rassegesetze eingeführt und Juden, Roma und Regimegegner systematisch verfolgt und in Konzentrationslagern ermordet.
Nach der Besetzung Jugoslawiens nahmen zwei Partisanengruppen - die monarchistischen Tschetniks unter Führung von Dragoljub Mihailovic und die kommunistischen Partisanen unter Führung von Josip Broz Tito - den Kampf gegen die Besatzer auf. Die ideologischen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen führten aber dazu, dass bald auch ein Krieg zwischen den Gruppen entstand. Dieser Partisanenkampf wurde von allen Seiten mit außerordentlicher Härte geführt und zählt zu den grausamsten Kapiteln des Zweiten Weltkriegs.
Dieser Youtube-Film ist ein seltenes Dokument aus dem 2. Weltkrieg auf dem Balkan das Szenen aus den Kämpfen der Wehrmacht gegen die Partisanen zeigt.
Die Vernichtung des serbischen Judentums lässt sich in zwei Phasen einteilen. Die erste dauerte von Juli bis Dezember 1941. In dieser Phase wurden hauptsächlich jüdische Männer interniert, viele wurden in sogenannten “Vergeltungsaktionen” ermordet. Die zweite Phase dauerte von Dezember 1941 bis Mai 1942 und betraf auch Frauen und Kinder. Das ehemalige Belgrader Messezentrum wurde zu einem Konzentrationslager unfunktioniert und als “Semlin Judenlager” bekannt.
Semlin war eines der ersten KZs überhaupt und das größte KZ in Serbien. Etwa 7.000 jüdische Frauen, Kinder und Senioren wurden hier systematisch mit einem sogenannten “Gaswagen” ermordet. Der Gaswagen wurde erstmals in Belgrad eingesetzt um die etwa 800 Angestellten und Patienten der beiden jüdischen Krankenhäuser zu liquidieren.
Zu diesen ersten Opfern des Gaswagens in Belgrad zählte auch Matildas Vater, Avram Kalef. Im August 1942 wurde Belgrad als erste Stadt des deutschen Reichs als „judenfrei“ erklärt.