Tag #134108 - Interview #78535 (Rosa Rosenstein)

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Meine Schwestern gingen auch in diese Schule. Ich musste dann aus der Schule; über mich wurde verfügt. Mir wurde vorgeschrieben, wie lange ich in die Schule gehen darf, dann musste ich die Handelsschule machen, weil mein Vater mich im Geschäft gebraucht hat. Ich musste erst einmal so eine Art Praktikum in einer fremden Firma machen. Wir hatten eine jüdische Sekretärin, die heiratete, und ich musste ihre Arbeit übernehmen. Wir hatten auch ein Detailgeschäft, Herrenkonfektion. Ich war in dem Betrieb, wo genäht wurde, und meine Schwester Betty, die dieselbe Handelsschule besuchte wie ich, hat dann in dem Detailgeschäft gearbeitet.

In der Handelsschule hat man in einem halben Jahr alles lernen müssen: Maschine schreiben, Stenographie, Buchführung, und alles in großem Tempo. Ich habe Mitschüler gehabt, die 20 Jahre alt waren, und ich war 15 Jahre alt, aber ich war besser als die anderen. Meine Mutter war nie in der Schule, um sich zu erkundigen, wie ich studiere. Es gab keine Klagen.

Ich habe dann für meine Arbeit im väterlichen Geschäft 100 Mark Taschengeld gekriegt. Ich war nicht einmal bei der Krankenkasse angemeldet. Wenn ich das gehabt hätte, würde ich heute von Deutschland eine andere Pension kriegen. Meine Schwester Betty dagegen hat beim Staatsanwalt gearbeitet, die kriegt eine herrliche Pension aus Deutschland.
Period
Location

Berlin
Deutschland

Interview
Rosa Rosenstein