Karl wurde während des Holocaust mit seiner Frau und den Söhnen in Warschau von Polen auf dem Dachboden versteckt.
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Aron Neuman
Er bekam ein bisschen Mitgift von seiner Frau – auch er hatte Ersparnisse - und kaufte mit dem Geld einen Holzplatz in Königshütte [polnisch: Chorzów, Polen]. Das war ein großer Holzplatz mit viel, viel Holz, auch mit Edelhölzern. Es ging ihnen sehr gut. Sie bekamen zwei Söhne: Fred ist 1934 geboren und Reuven 1940, schon während des Krieges. Bei Kriegsausbruch war Karl der Reichste der Familie. Er hatte den Holzplatz sehr gut geführt und viel Geld verdient. Als der Holzplatz nach Kriegsausbruch beschlagnahmt wurde, war er meiner Meinung nach eine Viertel Million Dollar wert.
Mein Bruder Karl wurde 1903 in Wodislaw geboren. Er war drei Jahre beim polnischen Militär. Gleich nach dem Militär ging er nach Oberschlesien und heiratete in Krakau [Polen] seine Frau Rina.
,
Before WW2
See text in interview
Nach dem Einmarsch der Deutschen bekam mein Bruder Josef einen österreichischen Ariseur. Der beste Fachmann von uns war der Josef, und der Österreicher war kein Fachmann; er brauchte meinen Bruder. Das meldete dieser Österreicher der Gestapo, deshalb durfte Josef dort bleiben. Er bekam ein Zimmer und leitete das Sägewerk. Sein zweites Sägewerk wurde liquidiert, alles verkauft und das Geld an die Deutschen überwiesen. Das Sägewerk war mit einer Mühle zusammen gekoppelt. Der Leiter der Mühle, ein Pole, war der Bezirksleiter der Untergrundbewegung Armia Kraiowa [polnische nationalistische Heimatarmee]. Er riet Josef, sich falsche Papiere zu beschaffen.
Poland
Er wurde nach Treblinka [Polen] deportiert und ermordet.
Nach dem Einmarsch der Deutschen in Paris wurde er in der japanischen Botschaft versteckt. Von der Familie Sternfeld konnten sich alle - außer dem Vater - mit falschen Papieren retten. Den Vater haben die Deutschen verhaftet, als er einmal in der Stadt war, um etwas zu besorgen.
France
Er lebte in Paris, verliebte sich in die Tochter des japanischen Gesandten in Paris und heiratete sie.
Er war Inhaber zweier Sägewerke in Sendzishow und verheiratet mit Helena Sternfeld. Sie hatten eine Tochter Dunja. Helena war blond und ihre Eltern hatten ein großes Gut mit 400 Morgen Land und dreizehn Knechten.
Martin hat nach dem Krieg eine Christin geheiratet und starb 1964 in Polen an einem Herzinfarkt. Dolek heiratete auch eine Christin, hatte zwei Töchter und starb vor fünf Jahren in Kattowitz.
Isidor, Izio haben wir ihn genannt, ist mit seiner Mutter Mala nach Treblinka deportiert und ermordet worden. Er war dreizehn Jahre alt. Martin und sein Sohn Dolek haben das KZ Buchenwald [Deutschland] überlebt.
Die Tochter Ewa wurde 1924 geboren. Sie war neunzehn Jahre alt, als sie erschossen wurde. Als die Deutschen kamen, wurde sie mit vier anderen von einer polnischen Bauersfrau versteckt und 1943 von Polen verraten. Alle vier wurden erschossen, das Haus der Bauersfrau angezündet und zwei ihrer Söhne gehenkt.
Sie haben sich verliebt und geheiratet, das war eine richtige Liebesgeschichte.
Martin wurde 1899 in Wodislaw geboren. 1921 musste er zum polnischen Militär und wurde sofort an die Front gegen die Russen geschickt. Polen führte 1921 Krieg mit den Russen. Ich war damals erst vier Jahre alt. Nachdem mein Bruder gemustert worden war, musste er sich umziehen, ihm wurde ein Karabiner umgehängt, und er wurde nach Warschau geschickt. Der Zug hielt vorher noch einmal an der Bahnstation in Sendzishow. Weil mein Bruder mich so sehr geliebt hat, lief er schnell noch einmal nach Hause. Er hat so geweint, mich an sich gedrückt und geküsst und mich ganz nass gemacht mit seinen Tränen. Dann musste er in den Krieg ziehen.
Meine Mutter war sehr religiös, betete jeden Samstag, zündete am Schabbat [3] Lichter und kochte koscher. Sie war Hausfrau und Mutter und arbeitete in der Landwirtschaft mit.
Sendzishow war ein kleines Städtchen, in dem sich mein Vater nach dem 1.Weltkrieg zwanzig Hektar Land gekauft und eine Landwirtschaft aufgebaut hatte. Wir hatten ein großes Haus mit sechs Zimmern.
Poland
Meine Eltern hatten sich vor dem 1. Weltkrieg durch einen Schadchen, das war ein Heiratsvermittler, kennen gelernt, der die Kinder vom Großvater Neuman und vom Großvater Ptasnik vermittelt hat. Sie sind sich begegnet und haben geheiratet.
Seine Frau und die zwei bildschönen Kinder waren mit mir im Arbeitslager. Die Kinder wurden im Vernichtungslager Treblinka [Polen] ermordet, seine Frau überlebte den Holocaust.
,
During WW2
See text in interview
Jacob Ptasnik ließ seine Frau und zwei Töchter in Polen zurück und floh auf die russische Seite. Dort wurde er bei einer Razzia in einer Stadt mit 9 000 Juden zusammen erschossen.
Poland
Sein Sohn Pinchas Ptasnik überlebte das KZ in Plaszow [Polen] und ein KZ in Deutschland.
Seine gesamte Familie, Kinder und Enkelkinder hatten sich nach dem Überfall der Deutschen bei polnischen Familien versteckt. Sie wurden verraten und alle erschossen.
Poland
sterreich ist eigentlich meine Heimat geworden. Ich habe in Österreich persönlich nie Antisemitismus erlebt. Ich benehme mich gut, und mich hat noch nie jemand angepöbelt, ich bin hier beliebt bei vielen Leuten, auch in dem Haus, in dem ich wohne.
Nach dem Tod meiner Frau war ich in Kattowitz. Ich traf einen Staatsanwalt, mit dem ich befreundet war, der hat mich bei sich aufgenommen und hat mich herumgeführt. Ich habe gesehen, wie verwahrlost es dort ist, und ich weiß, wie es einmal ausgesehen hat.
Einmal in der Woche gehe ich ins jüdische Alters-und Tagesheim, dem Maimonides-Zentrum. Dort sind viele alte Leute. Wir erzählen uns Witze, wir sprechen über Politik, über die Vergangenheit und werden dort gut betreut, haben Unterhaltung, Gesang, Tanz oder Gymnastik.
Zweimal im Jahr gehe ich in den Tempel, zu Rosch Haschana und zu Jom Kippur.
Einmal hat mich ein Bekannter zu ESRA [14] mitgenommen. Sie haben dort ein Interview mit mir gemacht und mich davon überzeugt, dass ich einen Antrag an die Claims Conference [15] stelle, weil ich einen Anspruch auf 250 Euro monatlich als Überlebender des Holocaust habe. Zuerst wollte ich diesen Antrag nicht stellen, ich brauche das Geld nicht unbedingt, und ich will nicht betteln. Im Dezember kam ein Brief aus New York, in dem sie mir mitteilten, dass mein Antrag einer von Tausende Anträgen ist und alle bearbeiten werden, ich muss Geduld haben. Aber eigentlich warte ich nur noch auf den Tod, so ist das, was kann man machen? Der Tod gehört zum Leben, und das Leben gehört zum Tod.
Nach dem Tod meiner Frau war ich in Kattowitz. Ich traf einen Staatsanwalt, mit dem ich befreundet war, der hat mich bei sich aufgenommen und hat mich herumgeführt. Ich habe gesehen, wie verwahrlost es dort ist, und ich weiß, wie es einmal ausgesehen hat.
Einmal in der Woche gehe ich ins jüdische Alters-und Tagesheim, dem Maimonides-Zentrum. Dort sind viele alte Leute. Wir erzählen uns Witze, wir sprechen über Politik, über die Vergangenheit und werden dort gut betreut, haben Unterhaltung, Gesang, Tanz oder Gymnastik.
Zweimal im Jahr gehe ich in den Tempel, zu Rosch Haschana und zu Jom Kippur.
Einmal hat mich ein Bekannter zu ESRA [14] mitgenommen. Sie haben dort ein Interview mit mir gemacht und mich davon überzeugt, dass ich einen Antrag an die Claims Conference [15] stelle, weil ich einen Anspruch auf 250 Euro monatlich als Überlebender des Holocaust habe. Zuerst wollte ich diesen Antrag nicht stellen, ich brauche das Geld nicht unbedingt, und ich will nicht betteln. Im Dezember kam ein Brief aus New York, in dem sie mir mitteilten, dass mein Antrag einer von Tausende Anträgen ist und alle bearbeiten werden, ich muss Geduld haben. Aber eigentlich warte ich nur noch auf den Tod, so ist das, was kann man machen? Der Tod gehört zum Leben, und das Leben gehört zum Tod.
Austria
Im Jahre 1967 war der Sechs-Tage-Krieg [11] in Israel. In Folge dessen hielt der polnische Premierminister Goumulka eine schrecklich antisemitische Rede, in der er sagte, die Juden seien die fünfte Kolonne des Zionismus. Mir war immer bewusst, dass ich Zionist bin, und ich habe einmal einen Bekannten gefragt, ob er wisse, was Zionismus ist. Ich erklärte es ihm: ‚Zionismus ist eine Bewegung der Juden, die sich einen eigenen Staat aufbauen wollen.‘ Er aber antwortete: ‚Zionismus bedeutet, arbeiten für den Kapitalismus.’ Plötzlich bekam ich Angst, meine Freunde kamen nicht mehr, und die Stimmung wurde sehr antisemitisch. Juden wurden aus ihren Stellungen entlassen, viele Juden waren in der Arbeiterpartei und wurden ausgeschlossen. Ich hatte von 1949 bis 1969, also 20 Jahre in dem Pelzgeschäft gearbeitet. Mein Direktor rief mich zu sich und sagte: ‚Neuman, für dich habe ich bei der Partei garantiert, du bleibst so lange bei uns, wie du willst, es wird dir nichts geschehen, du bist einer der besten Geschäftsführer.‘ Es waren 150 Geschäftsführer unter dieser Direktion. Ich hatte sogar ein Silberkreuz für meine Verdienste bekommen.
Ich habe mich versteckt und nach drei Tagen bin ich auf mein Fahrrad gestiegen und aus der Stadt geflohen. Mit einem Polen war ich sehr eng befreundet, Michael hieß er. Auch er war geflohen und hatte sich mit anderen im Wald versteckt. Wie er mich gesehen hat, hat er mich umarmt und geküsst und fast geweint. Ich blieb drei Monate dort in den Wäldern, in den Karpaten. Mein Freund Michael wusste nicht, dass ich Jude bin. Mit ihm hatte ich einmal ein Gespräch und da sagte er zu mir:
‚Weißt du, wenn der Krieg zu Ende ist, möchte ich eine Pistole haben und Deutsche und Juden erschießen.’
‚Deutsche gut, aber warum Juden? Was haben die Juden dir angetan? Die Juden waren keine Mörder, sie waren keine Räuber, sie waren keine Gauner. Vielleicht haben sie deine Mutter beim Einkaufen von Lebensmittel um 10 Groschen betrogen. Warum sagst du nicht die Ukrainer, die deinen Vater und Schwager erschossen haben? Warum nicht Ukrainer und Deutsche, die waren doch unsere Feinde?’
‚Eigentlich hast du Recht. Aber man sagt doch, die Juden haben Christus gekreuzigt.’
‚Das war vor 2000 Jahren, weißt du wie das wirklich war? Kann jemand das bezeugen‘, antwortete ich ihm.
In Sanok wurde ich Anfang 1945, der Krieg war noch nicht ganz zu Ende, als Sekretär der Stadt eingestellt. Die Deutschen waren schon weg, Polen und Russen kämpften zusammen.
Wir fuhren von Ort zu Ort, die Leute mussten ihre Pferde bringen, die wir dann gekauft haben. Ich habe Pferdepässe ausgestellt und alles genau registriert.
‚Weißt du, wenn der Krieg zu Ende ist, möchte ich eine Pistole haben und Deutsche und Juden erschießen.’
‚Deutsche gut, aber warum Juden? Was haben die Juden dir angetan? Die Juden waren keine Mörder, sie waren keine Räuber, sie waren keine Gauner. Vielleicht haben sie deine Mutter beim Einkaufen von Lebensmittel um 10 Groschen betrogen. Warum sagst du nicht die Ukrainer, die deinen Vater und Schwager erschossen haben? Warum nicht Ukrainer und Deutsche, die waren doch unsere Feinde?’
‚Eigentlich hast du Recht. Aber man sagt doch, die Juden haben Christus gekreuzigt.’
‚Das war vor 2000 Jahren, weißt du wie das wirklich war? Kann jemand das bezeugen‘, antwortete ich ihm.
In Sanok wurde ich Anfang 1945, der Krieg war noch nicht ganz zu Ende, als Sekretär der Stadt eingestellt. Die Deutschen waren schon weg, Polen und Russen kämpften zusammen.
Wir fuhren von Ort zu Ort, die Leute mussten ihre Pferde bringen, die wir dann gekauft haben. Ich habe Pferdepässe ausgestellt und alles genau registriert.
Mein Bruder schrieb mir aus Baligrod [Polen], dass ich kommen soll, aber ich hatte kein Geld. Ich brauchte 1 500 Zloty, da habe ich meinen Mantel für 375 Zloty verkauft. Ich hatte großes Glück: Zwei Männer kamen zu mir mit der Bitte, dass ich eine wertvolle Uhr für sie verkaufen soll, sie wollten dafür Fünftausend Zloty. Was ich mehr bekommen würde, könnte ich behalten, bei einer geringeren Summe bekäme ich zehn Prozent. Nach der Arbeit im Lager schlich ich mich hinaus. Ich fand eine Familie, die mir 6250 Zloty für die Uhr gab. Ich bekam sogar noch eine Eierspeise aus sechs Eiern, ein großes Brot und zwei frische Würste. Ich hatte nun die 1 500 Zloty und konnte mir falsche Papiere machen lassen. Eine Woche später bekam ich die gefälschte Kennkarte auf den Namen Adolf Drabinski - das war im November 1942. Mein Bruder hatte eine Kennkarte mit dem polnischen Namen Eduard Socha. Ich habe mich von meinem Bruder Martin und seinem Sohn Dolek und von Shmuel, dem Sohn meiner Schwester Hanna verabschiedet. Vier Leute meiner Familie sind noch dort geblieben. Mein Vater war schon zerbrochen, schon kein Mensch mehr. Wie ich mich vom Vater verabschiedet habe, habe ich ihm noch die Hand gegeben, ihn geküsst und umarmt. Dann gab ich ihm 300 Zloty. Mein Vater sagte: ‚Mein lieber Sohn, meine alten Augen werden dich nie mehr sehen.’ Es war furchtbar!
Die Deutschen stellten später eine Falle auf. Auf Plakaten stand geschrieben, es gäbe vier Ghettos in Polen, wo die Juden Asyl bekämen und dort gut leben könnten. Ein Ghetto lag in der Nähe, einhundert Kilometer entfernt, und viele ältere Juden wollten dahin. 150 Zloty bezahlten sie pro Person für den Transport auf einem Lastwagen. Der Vater nahm dafür die 300 Zloty, die ich ihm gelassen hatte. Nach meiner Flucht war er sehr krank geworden. Er ließ die Mama fragen, ob sie mit ihm in das Ghetto gehen wolle. Sie antwortete: ‚Wo du hingehst, gehe ich auch hin.’ Nach einer Woche oder zehn Tagen wurden sie umzingelt und in Viehwaggons verfrachtet. Ich traf später einen Bekannten, der zur Arbeit aussortiert worden war und überlebt hatte - Lefkovits hieß er. Er sah meine Eltern, wie sie Hände haltend in den Waggon reinmarschiert sind. Das war das Ende, sie wurden in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet.
Zwei Polen, die mich aus dem Lager kannten, haben mich auf meiner Flucht begleitet, um mir im Notfall zu helfen. Wir sind in Przemysl [Polen] angekommen, und am nächsten Morgen bin ich ins Büro auf die Kathedralna 3 gegangen, so wie der Direktor mir das gesagt hatte. Ich werde das nie vergessen. Die Polen haben mich noch immer begleitet und zu mir gesagt: ‚Wenn du hier nicht aufgenommen wirst, nehmen wir dich sofort mit nach Warschau. Wir haben schon einen Platz für dich vorbereitet.’ Sie hatten mich sehr gern. Im Büro saß am ersten Schreibtisch ein Mann, den ich gut kannte; es war mein Vorgesetzter aus dem Zwangsarbeitslager aus Sendzishow. Ich war selbstverständlich ohne Judenstern, ich schaute ihn an und er mich:
‚Sie wünschen?’
‚Mein Herr, mich schickt der Direktor Malinowsky.’
‚Wie heißen Sie?’ Dann zwinkerte er mir zu.
‚Adolf Drabinsky‘, sagte ich.
Ich hatte verstanden, ich brauchte keine Angst haben. Auf einmal war ich frei!
Mein Bruder war schon nicht mehr dort, den hatten sie in ein Sägewerk weiter geschickt.
Mein ehemaliger Vorgesetzter nahm mich mit zum Abendessen. Es gab gutes Essen, wir saßen wie Menschen an einem Tisch. ‚Hören Sie, ich bin religiös und ich glaube an Gott. Ich war eigentlich ein Judenhasser. Ich habe auf der Uni studiert, und auf der Uni war schon der Numerus Clausus für Juden eingeführt. Die Juden mussten links sitzen, manchmal wurden sie auch verprügelt. Ich war der Meinung, sie sollten auswandern - nach Palästina oder Madagaskar - aber sie töten, die von Gott so wie wir erschaffen wurden, dagegen bin ich.‘
Er hat uns später sehr geholfen. Zwei Tage später fuhr ich zu meinem Bruder. Es ging ihm gut. In dieser Zeit kam auch seine Frau Helene mit der Tochter Dunja zu ihm. Nach ein paar Tagen musste ich in ein anderes Sägewerk, ganz in die Nähe von Baligrod. Meinem Bruder wurde die Leitung des gesamten Büros übertragen, und er bekam viele Aufträge.
Ein Dreivierteljahr später schickte uns Malinowsky einen Brief mit einer Lohnerhöhung. Die Preise waren gestiegen, und er hat unsere Gehälter erhöht. Josef, als Leiter des Sägewerkes, bekam statt sechshundert, eintausend Zloty und ich bekam zuerst vierhundert und dann sechshundert Zloty. Das waren sehr gute Gehälter. Er bat uns um Passfotos, die wir ihm schickten, und wir bekamen von ihm ein Empfehlungsschreiben von dem Generalgouverneur Hans Frank [6]. Darin stand, dass wir für die Deutsche Wehrmacht arbeiten würden. Bei Kontrollen gab es dadurch nie Probleme
Einmal kam er uns auch besuchen. Sein Mitarbeiter war ein bulgarischer Ingenieur, der hieß Petrow Krum, der wusste alles über Malinowsky und half ihm sogar einen Juden aus dem Gefängnis in Stanislau [heute Ukraine] zu retten. Zwei Tage waren sie unsere Gäste. Er hat uns nicht vergessen, und als die Russen anrückten, hat er seinen Chauffeur geschickt, damit wir uns vor den Deutschen in Sicherheit bringen können. Leider wurde der Chauffeur von den Deutschen nicht durchgelassen, er musste zurück nach Krakau. Nach dem Krieg hat mir Malinowsky, der dann als Professor an der berühmten Universität in Krakau lehrte, die Geschichte erzählt. Ich möchte veranlassen, dass für ihn ein Baum in der ‚Allee der Gerechten‘ [7] in Jerusalem gepflanzt wird.
In Baligrod lebten ungefähr zwanzig polnische Familien, und zweitausendfünfhundert Ukrainer. Am 6. August 1944 ist eine Bande Ukrainer in dieses Städtchen eingedrungen
Die Deutschen stellten gemeinsam mit den Ukrainern eine SS Division auf, um gegen die Russen zu kämpfen. Aber als sie in die Ukraine kamen, sind viele Ukrainer desertiert und - die Deutschen waren schon fast fort - haben alle Polen umgebracht, die sie erwischt haben, auch meinen Bruder Josef und den Juden, den Malinowsky mit seinem Chauffeur aus dem Gefängnis befreit hatte. Beide wurden auf dem christlichen Friedhof in Baligrod begraben.
Die Deutschen stellten später eine Falle auf. Auf Plakaten stand geschrieben, es gäbe vier Ghettos in Polen, wo die Juden Asyl bekämen und dort gut leben könnten. Ein Ghetto lag in der Nähe, einhundert Kilometer entfernt, und viele ältere Juden wollten dahin. 150 Zloty bezahlten sie pro Person für den Transport auf einem Lastwagen. Der Vater nahm dafür die 300 Zloty, die ich ihm gelassen hatte. Nach meiner Flucht war er sehr krank geworden. Er ließ die Mama fragen, ob sie mit ihm in das Ghetto gehen wolle. Sie antwortete: ‚Wo du hingehst, gehe ich auch hin.’ Nach einer Woche oder zehn Tagen wurden sie umzingelt und in Viehwaggons verfrachtet. Ich traf später einen Bekannten, der zur Arbeit aussortiert worden war und überlebt hatte - Lefkovits hieß er. Er sah meine Eltern, wie sie Hände haltend in den Waggon reinmarschiert sind. Das war das Ende, sie wurden in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet.
Zwei Polen, die mich aus dem Lager kannten, haben mich auf meiner Flucht begleitet, um mir im Notfall zu helfen. Wir sind in Przemysl [Polen] angekommen, und am nächsten Morgen bin ich ins Büro auf die Kathedralna 3 gegangen, so wie der Direktor mir das gesagt hatte. Ich werde das nie vergessen. Die Polen haben mich noch immer begleitet und zu mir gesagt: ‚Wenn du hier nicht aufgenommen wirst, nehmen wir dich sofort mit nach Warschau. Wir haben schon einen Platz für dich vorbereitet.’ Sie hatten mich sehr gern. Im Büro saß am ersten Schreibtisch ein Mann, den ich gut kannte; es war mein Vorgesetzter aus dem Zwangsarbeitslager aus Sendzishow. Ich war selbstverständlich ohne Judenstern, ich schaute ihn an und er mich:
‚Sie wünschen?’
‚Mein Herr, mich schickt der Direktor Malinowsky.’
‚Wie heißen Sie?’ Dann zwinkerte er mir zu.
‚Adolf Drabinsky‘, sagte ich.
Ich hatte verstanden, ich brauchte keine Angst haben. Auf einmal war ich frei!
Mein Bruder war schon nicht mehr dort, den hatten sie in ein Sägewerk weiter geschickt.
Mein ehemaliger Vorgesetzter nahm mich mit zum Abendessen. Es gab gutes Essen, wir saßen wie Menschen an einem Tisch. ‚Hören Sie, ich bin religiös und ich glaube an Gott. Ich war eigentlich ein Judenhasser. Ich habe auf der Uni studiert, und auf der Uni war schon der Numerus Clausus für Juden eingeführt. Die Juden mussten links sitzen, manchmal wurden sie auch verprügelt. Ich war der Meinung, sie sollten auswandern - nach Palästina oder Madagaskar - aber sie töten, die von Gott so wie wir erschaffen wurden, dagegen bin ich.‘
Er hat uns später sehr geholfen. Zwei Tage später fuhr ich zu meinem Bruder. Es ging ihm gut. In dieser Zeit kam auch seine Frau Helene mit der Tochter Dunja zu ihm. Nach ein paar Tagen musste ich in ein anderes Sägewerk, ganz in die Nähe von Baligrod. Meinem Bruder wurde die Leitung des gesamten Büros übertragen, und er bekam viele Aufträge.
Ein Dreivierteljahr später schickte uns Malinowsky einen Brief mit einer Lohnerhöhung. Die Preise waren gestiegen, und er hat unsere Gehälter erhöht. Josef, als Leiter des Sägewerkes, bekam statt sechshundert, eintausend Zloty und ich bekam zuerst vierhundert und dann sechshundert Zloty. Das waren sehr gute Gehälter. Er bat uns um Passfotos, die wir ihm schickten, und wir bekamen von ihm ein Empfehlungsschreiben von dem Generalgouverneur Hans Frank [6]. Darin stand, dass wir für die Deutsche Wehrmacht arbeiten würden. Bei Kontrollen gab es dadurch nie Probleme
Einmal kam er uns auch besuchen. Sein Mitarbeiter war ein bulgarischer Ingenieur, der hieß Petrow Krum, der wusste alles über Malinowsky und half ihm sogar einen Juden aus dem Gefängnis in Stanislau [heute Ukraine] zu retten. Zwei Tage waren sie unsere Gäste. Er hat uns nicht vergessen, und als die Russen anrückten, hat er seinen Chauffeur geschickt, damit wir uns vor den Deutschen in Sicherheit bringen können. Leider wurde der Chauffeur von den Deutschen nicht durchgelassen, er musste zurück nach Krakau. Nach dem Krieg hat mir Malinowsky, der dann als Professor an der berühmten Universität in Krakau lehrte, die Geschichte erzählt. Ich möchte veranlassen, dass für ihn ein Baum in der ‚Allee der Gerechten‘ [7] in Jerusalem gepflanzt wird.
In Baligrod lebten ungefähr zwanzig polnische Familien, und zweitausendfünfhundert Ukrainer. Am 6. August 1944 ist eine Bande Ukrainer in dieses Städtchen eingedrungen
Die Deutschen stellten gemeinsam mit den Ukrainern eine SS Division auf, um gegen die Russen zu kämpfen. Aber als sie in die Ukraine kamen, sind viele Ukrainer desertiert und - die Deutschen waren schon fast fort - haben alle Polen umgebracht, die sie erwischt haben, auch meinen Bruder Josef und den Juden, den Malinowsky mit seinem Chauffeur aus dem Gefängnis befreit hatte. Beide wurden auf dem christlichen Friedhof in Baligrod begraben.
Ich kam eine Woche vor Kriegsausbruch zurück. Die Straßen waren leer, es war schon Kriegsstimmung. Mein Vater hatte gesagt: ‚Komm gesund zurück nach Hause!’ Und ich bin zurückgekommen und habe den ganzen Krieg mitgemacht!
Als die Deutschen einmarschierten, bin ich mit einem Fahrrad aus Kattowitz geflüchtet. Meine zwei Schwestern mit den Schwägerinnen und mit den Kindern waren schon in Sendzishow, nur wir vier Männer blieben noch in Kattowitz und in Königshütte. Ich war der Letzte. Als die Bahnstation bombardiert wurde, war niemand mehr da. Meine Brüder waren auch schon weg. Ich ging zum Onkel Meir und wohnte einige Tage bei ihm. Am Freitag den 1. September 1939 begann der Krieg. Am darauf folgenden Dienstag marschierten die Deutschen in Königshütte ein. Um zu meinen Eltern zu gelangen, musste ich über eine Brücke. Dort standen zwei junge deutsche Wehrmachtssoldaten und aßen Brot. Einer brach ein Stück ab und wollte es mir geben, aber ich nahm es nicht und er sagte:
‚Beim Marktplatz stehen Namen wie Friedberg, Rothmann, Rothstein auf den Schildern der Geschäfte. Was sind das, Deutsche?’
‚Nein, das sind jüdische Geschäfte.’
‚Ach so, jüdische Geschäfte. Sind Sie auch Jude?’
‚Ja, ich bin Jude.’
‚Ihr werdet jetzt was erleben, der Hitler wird es euch zeigen.’
‚Sagen Sie bitte, warum?’
‚Ihr habt den Christus gekreuzigt.’ Das war meine erste Begegnung mit den Nazis.
Meine Eltern lebten in unserem Bauernhaus, hatten fünf oder sechs Kühe, und es gab noch genug zu essen. Meine Mutter und meine Schwägerin Mala haben Brot gebacken, auch den Schabbat haben meine Eltern noch gehalten. Der Vater hat weiter gebetet, aber wir Kinder nicht mehr, keiner von uns! Bis 1942 mussten wir Juden alle möglichen Arbeiten verrichten: im Winter Schnee schaufeln, Straßen reinigen, alles Mögliche. Ich wurde zum Sekretär der jüdischen Gemeinde bestimmt. Als Sekretär musste ich alle Juden registrieren, Listen aufstellen und Lebensmittel verteilen, die die Deutschen den Juden zugeteilt hatten. Selbstverständlich war das sehr wenig, aber wir konnten noch irgendwie leben.
Die Bahnstation wurde ausgebaut. Dafür gaben die Deutschen polnischen Firmen die Aufträge. Jerzy Malinowsky, ein Ingenieur aus Warschau, war Besitzer vieler Firmen. Er rettete vielen Menschen das Leben. Er hatte einen Kompagnon, einen Deutschen, der ihm Aufträge besorgte und bekam den Auftrag, acht große Holzhäuser für die polnischen Bahnangestellten zu bauen. Täglich kamen ein, zwei Waggon Schnittholz an, die er eingekauft hatte. Sie suchten einen Holzfachmann, da habe ich mich dort gemeldet und wurde aufgenommen. Ich musste einen Holzplatz gründen, das hatte ich bei meinem Bruder gelernt.
Ich bekam zwanzig Juden für die Arbeit, dort waren schon siebzig Leute, die das Arbeitsamt vermittelt hatte. Die Waggons mussten ausgeladen, und das Holz ins Lager gebracht und fachmännisch gestapelt werden. Nach drei Wochen kam der Direktor Malinowsky - er war schon über fünfzig Jahre alt und sehr reich - gab mir die Hand und sprach mit mir über die Arbeit. Er hat sofort erkannt, dass ich ein Fachmann war.
Inzwischen waren schon viele Städte ‚judenrein‘, die Gefahr wurde immer größer. Mein Bruder Karl meldete sich bei einer anderen Firma freiwillig zur Arbeit und schickte seine Frau mit den zwei Kindern nach Warschau.
Der Vater sagte zu mir, dass ich meinem Bruder Martin, den Frauen und den Kindern helfen soll. Ich ging zum Leiter des Holzplatzes, aber er wollte keine Juden mehr beschäftigen.
Kurze Zeit später kam der Direktor Malinowsky wieder. Er war sehr zufrieden mit mir und den Arbeitern, und ich nutzte die Gelegenheit und bat ihn, meine Familie im Lager aufnehmen zu dürfen. Ich habe geglaubt, uns dadurch retten zu können. Er hat mir gestattet, 250 bis 300 Juden aufzunehmen, und wenn nötig, noch eine Baracke für die Menschen dazu zu bauen. Daraufhin habe ich meinen Vater, meinen Bruder Martin, die beiden Söhne Dolek und Isidor, meine Schwester Hanna, ihren Sohn Shmuel, die Schwägerin, drei Cousinen und Cousins und einen anderen Neffen zu mir geholt. Alle wollten sich retten. Malinowsky ließ dann eine Baracke für die Frauen bauen.
Meine Mutter wurde von 1942 bis Anfang 1943 von einem Polen versteckt. Es begannen die Deportationen, und wenn sie zu wenige Leute für die Waggons hatten, gingen sie in die Firmen. Die SS, die Litauer und die Ukrainer umstellten unser Lager. Als wir um fünf Uhr die Arbeit beendet hatten, hörten wir: ‚Juden raus!’ Dann führten sie eine Selektion durch. ‚Was macht der alte Jude hier,‘ fragte ein SS Mann den Dolmetscher und deutete auf meinen Vater. Der antwortete: ‚Das ist ein tüchtiger Tischler.’ Mein Vater war Tischler wie ich Priester bin, aber er durfte bleiben. Meinen Neffen, den Izio, nahmen sie mit, zwei Cousins, meine Schwester Hanna, meine Schwägerin und andere Verwandte. Geblieben ist mein Vater, mein Bruder Martin mit dem Sohn Dolek und Shmuel, der Sohn meiner Schwester Hanna. Shmuel war 13 Jahre alt, den hatten sie übersehen. Er blieb am Leben und lebt noch heute in Israel. Wie sie uns einsperrten in die Baracke, als die anderen weggeführt wurden in die Waggons, hat mein Vater bitterlich geweint. Er hat den Izio sehr geliebt, das war sein liebstes Enkelkind. Dann hat er zu uns gesagt: ‚Meine Kinder, ich werde euch was sagen. Ich habe mein ganzes Leben lang gebetet und an Gott geglaubt. Heute sage ich euch, es gibt keinen Gott, der Himmel ist leer. Warum hat der Herrgott Kinder auf die Welt bringen lassen, die man jetzt umbringt? Warum?‘ Und ich sage auch heute, wie mein Vater: Der Himmel ist leer, es gibt keinen Gott!
Danach habe ich mir fürchterliche Vorwürfe gemacht, weil ich sie alle geholt hatte. Ich habe zwei Tage nichts runterschlucken können, nicht einmal Wasser. Ich habe mich nicht rasiert, bin verwahrlost. Am dritten Tag in der Früh, ich war wie betäubt, traf ich den Direktor Malinowsky. Er sagte: ‚Machen Sie sich keine Vorwürfe, Herr Neuman, Sie sind nicht Schuld, Schuld sind die deutschen Barbaren. Sie sind jung, Sie sprechen fabelhaft Polnisch, Sie sehen nicht aus wie ein Jude, Sie müssen jetzt an sich denken. Ich weiß, was hier passieren wird. Hauen Sie schnell von hier ab.’
‚Wohin soll ich abhauen Herr Direktor, in den Wald? Es kommt der Winter, ich werde doch krepieren im Wald, und einen anderen Ausweg habe ich nicht.’
‚Verschaffen Sie sich polnische Papiere. Ich komme in zwei, drei Wochen wieder. Zeigen Sie sich mir am Fenster, wenn Sie weg wollen. Ich verschaffe Ihnen am anderen Ende Polens eine Stelle, aber machen Sie schnell.’
Mein Bruder Josef hatte von dem Österreicher, der als kommissarischer Leiter seines Sägewerkes eingesetzt war, erfahren, dass er sich einen Fachmann suchen und den Juden Neuman bis zum 30. oder 31. Dezember zur Gestapo bringen soll. Seine Frau hatte er schon in Sicherheit gebracht, alle hatten polnische Papiere. Er hatte kein Geld mehr, aber auch er hatte schon polnische Papiere. Er bat mich, den Direktor auch für ihn irgendwo in Polen um Arbeit zu bitten. Er war gefährdet, er musste schnell weg. Ich bat den Direktor, wollte sogar auf meinen Platz verzichten, denn mein Bruder hatte Familie und ich nicht. Aber der Direktor besorgte meinem Bruder sofort eine Arbeit.
Als die Deutschen einmarschierten, bin ich mit einem Fahrrad aus Kattowitz geflüchtet. Meine zwei Schwestern mit den Schwägerinnen und mit den Kindern waren schon in Sendzishow, nur wir vier Männer blieben noch in Kattowitz und in Königshütte. Ich war der Letzte. Als die Bahnstation bombardiert wurde, war niemand mehr da. Meine Brüder waren auch schon weg. Ich ging zum Onkel Meir und wohnte einige Tage bei ihm. Am Freitag den 1. September 1939 begann der Krieg. Am darauf folgenden Dienstag marschierten die Deutschen in Königshütte ein. Um zu meinen Eltern zu gelangen, musste ich über eine Brücke. Dort standen zwei junge deutsche Wehrmachtssoldaten und aßen Brot. Einer brach ein Stück ab und wollte es mir geben, aber ich nahm es nicht und er sagte:
‚Beim Marktplatz stehen Namen wie Friedberg, Rothmann, Rothstein auf den Schildern der Geschäfte. Was sind das, Deutsche?’
‚Nein, das sind jüdische Geschäfte.’
‚Ach so, jüdische Geschäfte. Sind Sie auch Jude?’
‚Ja, ich bin Jude.’
‚Ihr werdet jetzt was erleben, der Hitler wird es euch zeigen.’
‚Sagen Sie bitte, warum?’
‚Ihr habt den Christus gekreuzigt.’ Das war meine erste Begegnung mit den Nazis.
Meine Eltern lebten in unserem Bauernhaus, hatten fünf oder sechs Kühe, und es gab noch genug zu essen. Meine Mutter und meine Schwägerin Mala haben Brot gebacken, auch den Schabbat haben meine Eltern noch gehalten. Der Vater hat weiter gebetet, aber wir Kinder nicht mehr, keiner von uns! Bis 1942 mussten wir Juden alle möglichen Arbeiten verrichten: im Winter Schnee schaufeln, Straßen reinigen, alles Mögliche. Ich wurde zum Sekretär der jüdischen Gemeinde bestimmt. Als Sekretär musste ich alle Juden registrieren, Listen aufstellen und Lebensmittel verteilen, die die Deutschen den Juden zugeteilt hatten. Selbstverständlich war das sehr wenig, aber wir konnten noch irgendwie leben.
Die Bahnstation wurde ausgebaut. Dafür gaben die Deutschen polnischen Firmen die Aufträge. Jerzy Malinowsky, ein Ingenieur aus Warschau, war Besitzer vieler Firmen. Er rettete vielen Menschen das Leben. Er hatte einen Kompagnon, einen Deutschen, der ihm Aufträge besorgte und bekam den Auftrag, acht große Holzhäuser für die polnischen Bahnangestellten zu bauen. Täglich kamen ein, zwei Waggon Schnittholz an, die er eingekauft hatte. Sie suchten einen Holzfachmann, da habe ich mich dort gemeldet und wurde aufgenommen. Ich musste einen Holzplatz gründen, das hatte ich bei meinem Bruder gelernt.
Ich bekam zwanzig Juden für die Arbeit, dort waren schon siebzig Leute, die das Arbeitsamt vermittelt hatte. Die Waggons mussten ausgeladen, und das Holz ins Lager gebracht und fachmännisch gestapelt werden. Nach drei Wochen kam der Direktor Malinowsky - er war schon über fünfzig Jahre alt und sehr reich - gab mir die Hand und sprach mit mir über die Arbeit. Er hat sofort erkannt, dass ich ein Fachmann war.
Inzwischen waren schon viele Städte ‚judenrein‘, die Gefahr wurde immer größer. Mein Bruder Karl meldete sich bei einer anderen Firma freiwillig zur Arbeit und schickte seine Frau mit den zwei Kindern nach Warschau.
Der Vater sagte zu mir, dass ich meinem Bruder Martin, den Frauen und den Kindern helfen soll. Ich ging zum Leiter des Holzplatzes, aber er wollte keine Juden mehr beschäftigen.
Kurze Zeit später kam der Direktor Malinowsky wieder. Er war sehr zufrieden mit mir und den Arbeitern, und ich nutzte die Gelegenheit und bat ihn, meine Familie im Lager aufnehmen zu dürfen. Ich habe geglaubt, uns dadurch retten zu können. Er hat mir gestattet, 250 bis 300 Juden aufzunehmen, und wenn nötig, noch eine Baracke für die Menschen dazu zu bauen. Daraufhin habe ich meinen Vater, meinen Bruder Martin, die beiden Söhne Dolek und Isidor, meine Schwester Hanna, ihren Sohn Shmuel, die Schwägerin, drei Cousinen und Cousins und einen anderen Neffen zu mir geholt. Alle wollten sich retten. Malinowsky ließ dann eine Baracke für die Frauen bauen.
Meine Mutter wurde von 1942 bis Anfang 1943 von einem Polen versteckt. Es begannen die Deportationen, und wenn sie zu wenige Leute für die Waggons hatten, gingen sie in die Firmen. Die SS, die Litauer und die Ukrainer umstellten unser Lager. Als wir um fünf Uhr die Arbeit beendet hatten, hörten wir: ‚Juden raus!’ Dann führten sie eine Selektion durch. ‚Was macht der alte Jude hier,‘ fragte ein SS Mann den Dolmetscher und deutete auf meinen Vater. Der antwortete: ‚Das ist ein tüchtiger Tischler.’ Mein Vater war Tischler wie ich Priester bin, aber er durfte bleiben. Meinen Neffen, den Izio, nahmen sie mit, zwei Cousins, meine Schwester Hanna, meine Schwägerin und andere Verwandte. Geblieben ist mein Vater, mein Bruder Martin mit dem Sohn Dolek und Shmuel, der Sohn meiner Schwester Hanna. Shmuel war 13 Jahre alt, den hatten sie übersehen. Er blieb am Leben und lebt noch heute in Israel. Wie sie uns einsperrten in die Baracke, als die anderen weggeführt wurden in die Waggons, hat mein Vater bitterlich geweint. Er hat den Izio sehr geliebt, das war sein liebstes Enkelkind. Dann hat er zu uns gesagt: ‚Meine Kinder, ich werde euch was sagen. Ich habe mein ganzes Leben lang gebetet und an Gott geglaubt. Heute sage ich euch, es gibt keinen Gott, der Himmel ist leer. Warum hat der Herrgott Kinder auf die Welt bringen lassen, die man jetzt umbringt? Warum?‘ Und ich sage auch heute, wie mein Vater: Der Himmel ist leer, es gibt keinen Gott!
Danach habe ich mir fürchterliche Vorwürfe gemacht, weil ich sie alle geholt hatte. Ich habe zwei Tage nichts runterschlucken können, nicht einmal Wasser. Ich habe mich nicht rasiert, bin verwahrlost. Am dritten Tag in der Früh, ich war wie betäubt, traf ich den Direktor Malinowsky. Er sagte: ‚Machen Sie sich keine Vorwürfe, Herr Neuman, Sie sind nicht Schuld, Schuld sind die deutschen Barbaren. Sie sind jung, Sie sprechen fabelhaft Polnisch, Sie sehen nicht aus wie ein Jude, Sie müssen jetzt an sich denken. Ich weiß, was hier passieren wird. Hauen Sie schnell von hier ab.’
‚Wohin soll ich abhauen Herr Direktor, in den Wald? Es kommt der Winter, ich werde doch krepieren im Wald, und einen anderen Ausweg habe ich nicht.’
‚Verschaffen Sie sich polnische Papiere. Ich komme in zwei, drei Wochen wieder. Zeigen Sie sich mir am Fenster, wenn Sie weg wollen. Ich verschaffe Ihnen am anderen Ende Polens eine Stelle, aber machen Sie schnell.’
Mein Bruder Josef hatte von dem Österreicher, der als kommissarischer Leiter seines Sägewerkes eingesetzt war, erfahren, dass er sich einen Fachmann suchen und den Juden Neuman bis zum 30. oder 31. Dezember zur Gestapo bringen soll. Seine Frau hatte er schon in Sicherheit gebracht, alle hatten polnische Papiere. Er hatte kein Geld mehr, aber auch er hatte schon polnische Papiere. Er bat mich, den Direktor auch für ihn irgendwo in Polen um Arbeit zu bitten. Er war gefährdet, er musste schnell weg. Ich bat den Direktor, wollte sogar auf meinen Platz verzichten, denn mein Bruder hatte Familie und ich nicht. Aber der Direktor besorgte meinem Bruder sofort eine Arbeit.
Ich wollte weg, aber ich war noch nicht 21 Jahre alt und konnte nicht ohne Genehmigung der Eltern fahren. Ich ging zum Vater nach Sendzishow und bat ihn, er soll mir erlauben, nach Palästina zu gehen. Er antwortete: ‚Bist du verrückt geworden, du willst nach Palästina fahren? Dort wirst du Straßenbauarbeiter! Hier hast du eine Zukunft, deine Geschwister haben Holzplätze, zwei haben Sägewerke. Du wirst einen Holzplatz aufmachen, heiraten und wie deine Brüder Geld nach Hause bringen.’ Als ich 21 wurde, bezahlte ich 700 Zloty für die Fahrt nach Palästina. Das Monatsgehalt eines Facharbeiters waren damals 100 Zloty. Legal konnte man nicht nach Palästina fahren, die Engländer ließen nicht so viele Juden hinein.
Menachem Begin war seit 1939 Führer des ‚Betar‘. Ich traf ihn auf einem Vortrag in Königshütte. Er organisierte die illegale Auswanderung von jungen Juden.
Nach dem 1. August 1939 ging ich mit einem Rucksack von zu Hause weg. Auch mein Bruder wollte nicht, dass ich gehe. Aber nachdem ich den Jabotinsky gehört hatte, sagte ich zu meinem Bruder: ‚Karl, verkauf‘ jetzt den Holzplatz, jetzt kannst du eine Menge Geld dafür haben. Und dann musst du weg von hier.’ ‚Was redest Du? So ein Geschäft werde ich aufgeben? Das Geld fließt doch.’ Das sagte mein Bruder. Auch zu meinem Vater sagte ich: ‚Verkauf die Landwirtschaft und geh weg!’ Diejenigen, die Geld hatten, konnten ohne Erlaubnis nach Palästina auswandern. Der Vater antworte: ‚Was soll ich? Auf meine alten Tage werde ich irgendwo gehen?’ Keiner hat auf mich gehört, keiner wollte weggehen. Es ist allen gut gegangen. Ich habe mich von den Eltern verabschiedet. Mein Vater hat geweint und gesagt: ‚Sohn, fahr gesund und komm gesund zurück.’ Es roch schon nach Krieg!
Ungefähr 1 500 Mädels und Buben aus verschiedenen Ländern sind Menachem Begin gefolgt. Wir hatten zwei Personenzüge, in jedem Coupé saßen acht Jugendliche, und wir fuhren zur rumänischen Grenze. Polen und Rumänien hatten damals eine gemeinsame Grenze. Die rumänischen Grenzbeamten sollten bestochen werden, die haben sich bestechen lassen, aber es hat sehr lange gedauert, und es war eine große Ansammlung. Vermutlich hatte die englische Botschaft davon erfahren und interveniert. Als die zwei Züge an der Grenze ankamen, wir hatten keine Visa, blieben wir einen Tag in den Waggons, dann mussten wir raus auf eine Wiese, alle 1500 Leute. Nur Rucksäcke und Decken hatten wir. Zwei Wochen haben wir auf der Wiese auf die Weiterfahrt gewartet. Nach zwei Wochen hat uns Begin versammelt und gesagt: ‚Wir kommen nicht durch, es gibt Hindernisse, ihr müsst zurück nach Hause. Jeder von Euch bekommt 50 Zloty für die Rückfahrt, wir werden später kleine Gruppen bilden und euch wegschaffen.
Menachem Begin war seit 1939 Führer des ‚Betar‘. Ich traf ihn auf einem Vortrag in Königshütte. Er organisierte die illegale Auswanderung von jungen Juden.
Nach dem 1. August 1939 ging ich mit einem Rucksack von zu Hause weg. Auch mein Bruder wollte nicht, dass ich gehe. Aber nachdem ich den Jabotinsky gehört hatte, sagte ich zu meinem Bruder: ‚Karl, verkauf‘ jetzt den Holzplatz, jetzt kannst du eine Menge Geld dafür haben. Und dann musst du weg von hier.’ ‚Was redest Du? So ein Geschäft werde ich aufgeben? Das Geld fließt doch.’ Das sagte mein Bruder. Auch zu meinem Vater sagte ich: ‚Verkauf die Landwirtschaft und geh weg!’ Diejenigen, die Geld hatten, konnten ohne Erlaubnis nach Palästina auswandern. Der Vater antworte: ‚Was soll ich? Auf meine alten Tage werde ich irgendwo gehen?’ Keiner hat auf mich gehört, keiner wollte weggehen. Es ist allen gut gegangen. Ich habe mich von den Eltern verabschiedet. Mein Vater hat geweint und gesagt: ‚Sohn, fahr gesund und komm gesund zurück.’ Es roch schon nach Krieg!
Ungefähr 1 500 Mädels und Buben aus verschiedenen Ländern sind Menachem Begin gefolgt. Wir hatten zwei Personenzüge, in jedem Coupé saßen acht Jugendliche, und wir fuhren zur rumänischen Grenze. Polen und Rumänien hatten damals eine gemeinsame Grenze. Die rumänischen Grenzbeamten sollten bestochen werden, die haben sich bestechen lassen, aber es hat sehr lange gedauert, und es war eine große Ansammlung. Vermutlich hatte die englische Botschaft davon erfahren und interveniert. Als die zwei Züge an der Grenze ankamen, wir hatten keine Visa, blieben wir einen Tag in den Waggons, dann mussten wir raus auf eine Wiese, alle 1500 Leute. Nur Rucksäcke und Decken hatten wir. Zwei Wochen haben wir auf der Wiese auf die Weiterfahrt gewartet. Nach zwei Wochen hat uns Begin versammelt und gesagt: ‚Wir kommen nicht durch, es gibt Hindernisse, ihr müsst zurück nach Hause. Jeder von Euch bekommt 50 Zloty für die Rückfahrt, wir werden später kleine Gruppen bilden und euch wegschaffen.
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Before WW2
See text in interview
In Königshütte lernte ich Jungen von der zionistischen Organisation ‚Betar‘ kennen, die nahmen mich zu ihren Versammlungen mit. Ich war damals 17 Jahre alt und dort waren sehr schöne Mädels - ich bin gleich eingetreten! Der Anführer der Organisation war Jabotinsky, ein strenger Zionist. 1936 hielt er Vorträge in Krakau. Einige von unserer Gruppe, die Geld hatten, fuhren dorthin. Ich kann mich bis heute an seine Worte erinnern, die haben sich in mir tief eingegraben. Er sagte ungefähr so: Wo ich hinkomme, beklatscht man mich und nimmt mich gut auf. Aber keiner hört mir zu und tut, was ich euch rate. Ich sage euch, es haben sich in Europa zwei Walzen gebildet. Die braune hitlersche und die rote kommunistische, und es kommt zu einem Zusammenstoß zwischen diesen zwei Walzen und das Judentum wird dazwischen zerquetscht. Rettet euch, die Richtung soll Palästina sein. Nehmt, was euch sage ernst! Diese Sätze werde ich bis zu meinem letzten Atemzug nicht vergessen.
Meine Schwester Hanna wurde 1906 geboren. Sie war mit unserem Cousin Nathan Neuman verheiratet. Sie hatten einen Sohn, Shmuel. Hanna wurde nach Treblinka [Polen] deportiert und ermordet und Nathan wurde von den Polen erschlagen. Shmuel war mit mir im Zwangsarbeitslager, er war dreizehn Jahre alt. Als das Lager aufgelöst wurde, musste er in Polen in einer Rüstungsfabrik arbeiten, überlebte drei KZs, bis er im Mai 1945 im Alter von sechzehn Jahren im KZ Mauthausen von den Amerikanern befreit wurde. Er ging nach Palästina und lebt in Israel.
Zwölf meiner Familienmitglieder wurden durch die Hilfe von Polen gerettet, aber es gab auch Polen, die uns hassten. Der Mann von Esther, Raphael Mandelmann, und der Mann meiner Schwester Hanna, Nathan Neuman, wurden von Polen mit Knüppeln erschlagen. Die Schlimmsten waren die Arbeiter und die Bauern auf dem Lande. Der Pole, der das Gut meines Vaters von den Deutschen übernommen hatte, hat uns heraus geschmissen. Er hatte Angst, dass einer von uns überleben und er nach dem Krieg wieder alles verlieren würde. Die Polen waren überzeugt, dass die Deutschen den Krieg nicht gewinnen konnten. Da hat er mit seinen Söhnen meine zwei Schwager, die versteckt waren, ausspioniert und im Wald erschlagen.
Meine Schwester Esther wurde 1914 geboren. Sie und Raphael Mandelmann lernten sich kennen, verliebten sich und heirateten. Sie hatten ein Söhnchen, Mietek. Das Kind wurde 1939 geboren, und meine Schwester flüchtete mit Mietek nach Warschau. Sie hatte eine Adresse bekommen und war bei einer Witwe versteckt. Solange sie Geld hatten, konnten sie bei der Witwe bleiben. Als sie kein Geld mehr hatten, die Witwe war auch sehr arm, versuchte sie, meine Schwester mit Tabletten umzubringen. Um Mietek hat sie sich gekümmert, den liebte sie. Eines Tages hatte mein Bruder Karl in seinem Versteck einen Traum: Der Großvater Alter Ptasnik, der die Schwester Esther getraut hatte, kam zu ihm und wollte ihn mit einer Krücke schlagen. Du hast deine Schwester vergessen, du kümmerst dich nicht darum, was mit deiner Schwester passiert! Am nächsten Abend nahm Karl sich eine Droschke, fuhr zu dem Versteck unserer Schwester Esther und fand sie bewusstlos auf einem Strohsack. Er brachte Esther und Mietek zur Droschke, fuhr zu den Leuten, die ihn und seine Familie versteckten, und sie nahmen auch Esther und Mietek auf. Nachdem es Esther wieder gut ging, bekam sie ein anderes Versteck. 1946 ging Esther nach Deutschland und arbeitete in einem DP Lager [4] in Wasseralfingen, weil sie in die USA emigrieren wollte. Dort lernte sie einen Juden, einen Überlebenden des Ghettos in Lodz kennen, der Koslowski hieß. Esther ging mit Mietek in die USA und wurde dort sehr gut aufgenommen. Eine jüdische Organisation schickte sie in ein kleines Städtchen. Dort bekam sie eine herrlich eingerichtete Dreizimmerwohnung mit allem drum und dran, voller Kühlschrank, alles war da, und überall standen Geschenke. Wie sie reingekommen ist in die Wohnung, hat sie angefangen zu weinen. Da haben die Leute vom Komitee sie gefragt, ob die Wohnung ihr nicht gefällt: ‚Doch’ hat sie gesagt, ‚aber zum ersten Mal nach dem Krieg habe ich eine Wohnung, ein Dach über dem Kopf.’ Sie war die erste Holocaust-Überlebende, die in dieses Städtchen kam. Sie lernte Englisch und Mietek ging in die Schule. Alle paar Tage fand sie Pakete neben der Tür von jüdischen Mitbewohnern. Nach einigen Monaten kam Herr Koslowski, er hatte sich in sie verliebt. Sie heirateten und gingen zusammen nach San Francisco, weil er dort einen Bruder hatte. Das war der größte Fehler, den sie gemacht hat. Sie hätte mit ihrem Sohn in dem Städtchen bleiben sollen. In San Francisco eröffneten sie ein koscheres Delikatessengeschäft. Sie musste schwer arbeiten, es war eine schlechte Ehe, und Esthers Sohn, den Mietek, hat er gehasst. 1970 traf ich meine Schwester mit ihrem Mann in Israel. Wir hatten uns viele Jahre nicht gesehen. Herr Koslowski starb 1972 oder 1973 an Krebs.