Tag #115559 - Interview #78273 (Wilhelm Steiner)

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Als ich in der Werkstatt bei meinem Lehrmeister war, ist die Gestapo gekommen. Die haben mich aber nicht gekannt, die wussten nichts von meiner politischen Überzeugung. Sie haben angefangen nach Schmuck zu suchen und haben zu meinem Chef gesagt: 'Kommen Sie, wir fahren zu Ihnen nach Hause.' Und der hat mir zugeflüstert: 'Geh Willy, bitte ruf meine Mutter an, am Kasten oben ist das Gold, sie soll es verstecken.' Die haben das bemerkt und haben zu mir gesagt: 'Du hast ein Rad, fahr hinter unserem Taxi her, wir werden langsam fahren.' So konnte ich die Mutter meines Chefs nicht anrufen. Sie haben meinem Chef alles weggenommen, dann ist er eingesperrt worden. Er hat überlebt, ich habe ihn noch einmal in New York getroffen. Am nächsten Tag ist ein kommissarischer Verwalter für das Geschäft gekommen. Dieser kommissarische Verwalter war ein Wiener und ein Dieb. Überall waren Diebe, offizielle und inoffizielle Diebe. Der hat alles, was er an Geld gefunden hat gestohlen, hat einfach alles eingesteckt. Und da hat sich dann irgendeine Diskussion abgespielt, und ich hab laut protestiert, ich konnte ja nicht abschätzen, was wirklich passiert. Ich habe zu ihm gesagt: 'Sie sind ein Schwein! Sie stehlen hier alles, wieso wissen Sie denn, was in zwei Jahren sein wird? Wieso wissen sie das? Wer weiß, wie sich das verändern wird.' Dieser kommissarische Verwalter, der Dieb, hat daraufhin den Laden von innen zugesperrt und die Polizei geholt. Er hat behauptet, ich hätte den Führer beleidigt.
Location

Wien
Austria

Interview
Wilhelm Steiner